Artikel erschienen am 11.04.2018
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Wie Finanzmittel die Unternehmensnachfolge behindern können

Auch nicht mehr vorhandene Finanzmittel können Erbschaftsteuer auslösen

Von Frank Pankoke, LL.M., Bielefeld

Seit dem 01.07.2016 ist das neue Erbschaftsteuergesetz in Kraft, welches das bisherige Begünstigungskonzept für Unternehmensvermögen im Grundsatz fortführt. Besteht danach betriebliches Vermögen in zu großem Umfang aus Finanzmitteln oder hat der Gesellschafter erst kurz vor der Übertragung Einlagen zur Finanzierung der Geschäftstätigkeit geleistet, könnte darin Verwaltungsvermögen zu sehen sein, welches im Grundsatz einer erbschaftsteuerlichen Begünstigung nicht zugänglich ist. Die Interpretation dieser Regelungen durch die Finanzverwaltung verstärkt den negativen Effekt.

Auch das bisherige Erbschaftsteuergesetz sah in Zahlungsmitteln, Bankguthaben, Forderungen aus Lieferungen und Leistungen und anderen Forderungen Finanzmittel, die nach Abzug von Schulden und einem Sockelbetrag von seinerzeit noch 20 % des Unternehmenswerts als nicht begünstigtes, sog. Verwaltungsvermögen galten. Im Zuge der Reform wurde der Sockelbetrag auf 15 % reduziert. Damit wird jedem Unternehmen in pauschaler Weise ein geringerer Betrag an unschädlichen Finanzmitteln zugebilligt. Dieser Effekt verstärkt sich durch tendenziell geringere Unternehmenswerte, die sich aufgrund des ebenfalls herabgesetzten Kapitalisierungsfaktors bei Anwendung des vereinfachten Ertragswertverfahrens zur Unternehmensbewertung ergeben.

Geringere Begrenzung junger Finanzmittel

Zusätzlich müssen nunmehr in jedem Fall junge Finanzmittel identifiziert werden, die bereits im Vorfeld auszunehmen und erbschaftsteuerpflichtig sind. Maßgeblich ist insoweit der positive Saldo der eingelegten und der entnommenen Finanzmittel, welche dem betrieblichen Vermögen im Zeitpunkt des Todes des Erblassers oder im Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung weniger als zwei Jahre zuzurechnen waren. Lag in der Vergangenheit kein Verwaltungsvermögen vor, konnte denklogisch auch kein junges Verwaltungsvermögen gegeben sein. Insoweit wirkten sich Schuldenabzug und Sockelbetrag aus, weshalb in vielen Fällen auf eine Ermittlung von Einlagen und Entnahmen verzichtet werden konnte. Aktuell sind junge Finanzmittel auf die zuvor berechneten Finanzmittel beschränkt und damit auf den höheren Wert vor Abzug von Schulden und des Sockelbetrags. Da jedes Unternehmen über Finanzmittel verfügen dürfte, ist das Risiko junger Finanzmittel deutlich gestiegen.

Tatsächlicher Bestand junger Finanzmittel irrelevant

Nach der Interpretation der Vorschrift durch die Finanzverwaltung soll die Ermittlung junger Finanzmittel unabhängig davon erfolgen, ob diese Mittel im Besteuerungszeitpunkt tatsächlich noch vorhanden sind. Das widerspricht zumindest der eigentlichen Absicht des Gesetzgebers, die Zuführung liquider Mittel aus dem Privatvermögen in betriebliches Vermögen vor einer begünstigten Übertragung zu erschweren.

Vervielfachung junger Finanzmittel

Selbst wenn solche Mittel nicht von außen dem Unternehmensbereich zugeführt, sondern lediglich innerhalb einer Unternehmensgruppe weitergegeben werden, können dadurch junge Finanzmittel auf jeder Gesellschaftsebene entstehen. Nach diesem Verständnis kann eine einmalige Einlage der Obergesellschaft innerhalb des maßgeblichen Zeitraums über die Tochter- in die Enkelgesellschaft bereits zu einer Verdoppelung der erbschaftsteuerpflichtigen jungen Finanzmittel führen. Da junge Finanzmittel auch Verwaltungsvermögen sind, kann dadurch sogar die Verschonungsmöglichkeit des an sich begünstigen Vermögens verloren gehen.

Analyse und Fortschreibung notwendig

Die zuvor geltenden Regelungen zur Begünstigung von Unternehmensvermögen und Ermittlung von Verwaltungsvermögen haben im Zuge der Erbschaftsteuerreform noch einmal an Komplexität gewonnen. Während übrige Verwaltungsvermögenskategorien noch vergleichsweise leicht bestimmbar sind, birgt der Bereich der Finanzmittel ein latentes Erbschaftsteuerrisiko. Neben der Bestandsaufnahme, einer Prognose über Veränderungen des Finanzmittelbestands sind auch Finanzierungsentscheidungen frühzeitig in die Nachfolgeplanung einzubeziehen.

Bild: Fotolia/Khaneeros

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