Artikel erschienen am 06.07.2017
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Unternehmensnachfolge in der Form eines Management Buy-Outs (MBO)

Von Dr. iur. Raoul Dittmar, LL.B. (London), Hannover

In dem Zeitraum von 2014 bis 2018 stehen nach Schätzungen des Instituts für Mittelstandsforschung 135 000 Familienunternehmen zur Übergabe an. Nicht immer ist eine Unternehmensnachfolge an Familienmitglieder gesichert (und langfristig vorbereitet). In Betracht kommt in diesen Fällen ein Verkauf an einen externen (Finanz-)Investor oder Strategen. Eine weitere Möglichkeit stellt die Übernahme des Unternehmens durch das bestehende Management gemeinsam mit einem externen Investor im Rahmen eines sog. Management Buy-Outs (MBO) dar.

Was ist ein MBO?

Bei einem MBO erwerben ein oder mehrere Mitglieder der (erweiterten) Geschäftsführung das Unternehmen von dem (Alt-)Eigentümer. Der Erwerb erfolgt häufig gemeinsam mit einem Finanzinvestor, da das Management zunächst nicht die erforderlichen finanziellen Mittel hat, um den Kauf selbstständig zu finanzieren. Erwirbt ein externes Management die Beteiligung, spricht man von einem Management Buy-In (MBI).

Vorteile bei einem MBO

Für den Eigentümer ist der Verkauf seines Unternehmens an das Management eine Möglichkeit, das Unternehmen in die Hände eines Nachfolgers zu legen, den er kennt und der im besten Fall seine Unternehmensstrategie fortsetzt. Dem Management bietet sich die Chance, selbst unternehmerische Verantwortung zu tragen. Da es das Unternehmen aus eigener Anschauung kennt, verringern sich die Risiken, die der Erwerb eines Unternehmens üblicherweise mit sich bringt. Letzteres gilt auch für den Investor, der an der Seite des Managements in das Unternehmen investiert: Er weiß einen motivierten Mitgesellschafter an seiner Seite, der das Unternehmen kennt und nun eigene Ideen verwirklichen kann.

Einschaltung eines Akquisitionsvehikels

Das Management und der Investor erwerben die Anteile an dem Zielunternehmen häufig nicht direkt, sondern mittelbar durch ein zwischengeschaltetes Akquisitions­vehikel („NewCo“). Vorteile dieser Akquisitionsstruktur sind u. a. die (zusätzliche) Haftungsbeschränkung sowie die Möglichkeit, die wechselseitigen Interessen von Investor auf der einen und Management auf der anderen Seite nicht auf Ebene des (operativen) Unternehmens regeln zu müssen. Bei dem Vehikel handelt es sich regelmäßig um eine GmbH, die vor dem Kauf mit den notwendigen Finanzmitteln ausgestattet wird, um den Kaufpreis zu zahlen.

Finanzierung des MBO

Zur Finanzierung eines MBO stellen Investor und Management Eigenmittel zur Verfügung, ein Teil des Kaufpreises wird fremdfinanziert. In manchen Fällen beteiligt sich auch der Verkäufer an der Finanzierung.

Der verhältnismäßig geringste Teil der Eigenmittel entfällt auf das Stammkapital der NewCo. Die Höhe der Beteiligung am Stammkapital bestimmt zugleich die Beteiligungsverhältnisse an der NewCo und damit die Anzahl der Stimmrechte. Da der Investor den größeren Kapitaleinsatz erbringt, sichert er sich regelmäßig auch die Mehrheit an dem Vehikel. Das Management ist zumeist mit etwa 5 bis 15 % an der NewCo beteiligt (im Einzelfall kann die Beteiligung natürlich auch höher oder geringer sein). Zusätzlich verpflichten sich Investor und Management meist zu Einzahlungen in die freie Kapitalrücklage. Daneben stellen Investor und Management (teilweise auch Dritte) häufig sog. Mezzaninekapital zur Verfügung. Hierzu zählen Gesellschafterdarlehen, stille Beteiligungen, partiarische Darlehen oder auch Genussrechte. Wie das Eigenkapital auch ist Mezzaninekapital gegenüber Fremdmitteln nachrangig und nicht besichert (und deshalb eigenkapitalähnlich), beinhaltet aber eine Verzinsung.

Die von dem Management auf der einen Seite und dem Investor auf der anderen Seite aufgebrachten Mittel sind regelmäßig disproportional: Da das Management nicht über Eigenmittel wie der Investor verfügt, bringt der Investor im Verhältnis zu dem Management höhere Mittel je Anteil auf (sog. Sweet Equity). Das Management wird hierdurch zusätzlich incentiviert, da es durch geringeren Kapitaleinsatz eine höhere Rendite erzielen kann.

Zur Finanzierung eines Teils des Kaufpreises nimmt die NewCo ein Bankdarlehen auf (zu unterscheiden von der Fremdfinanzierung bspw. der Eigenmittel des Managements) mit einer Laufzeit von in der Regel fünf bis sieben Jahren. Insbesondere Finanzinvestoren streben eine Fremdfinanzierung an, um den sog. Leverage-Effekt zu erzielen: Ist die Rendite auf das eingesetzte Kapital höher als die Kosten der Fremdfinanzierung, erhöht sich dadurch auch die Rendite des Investors. Ziel ist es, die Fremdfinanzierung durch den Cashflow des Unternehmens zu bedienen. Das Akquisitionsvehikel und das Unternehmen schließen zu diesem Zweck häufig einen Gewinnabführungsvertrag.

Zum Teil wird der Kaufpreis auch durch den Verkäufer mittels eines Verkäuferdarlehens oder über einen Earn-Out finanziert. Beide Finanzierungsmittel sind gegenüber der Fremdfinanzierung nachrangig und dienen zusätzlich dazu, mögliche Garantieansprüche des Käufers abzusichern. Das Verkäuferdarlehen hat eine ähnliche Laufzeit wie die Fremdfinanzierung und unterscheidet sich von der (eher selten anzutreffenden) Kaufpreisstundung durch die vereinbarte Verzinsung. Der Earn-Out ist eine erfolgsabhängige Zahlung: Wenn die weitere Entwicklung des Unternehmens (und damit die Kaufpreisbestimmung) aus Sicht des Käufers unsicher ist, sind Teile des Kaufpreises nur bei Erreichen bestimmter Ziele fällig. Schließlich ist auch denkbar, dass sich der Verkäufer an der NewCo rückbeteiligt und dadurch einen Teil des Kaufpreises mitfinanziert. Ein solches Modell bietet sich an, wenn der Erwerber daran interessiert ist, den Verkäufer weiterhin an Bord zu halten, etwa um weiter von seinen besonderen Kenntnissen zu profitieren.

Rechtliche Gestaltung

Das zukünftige Miteinander des Managements und des Investors wird auf der Ebene des Akquisitionsvehikels geregelt. Neben dem Gesellschaftsvertrag wird üblicherweise eine Gesellschaftervereinbarung geschlossen. Die Gesellschaftervereinbarung ist im Gegensatz zum Gesell­schaftsvertrag nicht zum Handelsregister einzureichen, sodass die Gesellschafter Regelungen, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt und nicht zwingend in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen sind, in die Gesellschaftervereinbarung auslagern können.

Interessenlage

Bei der Ausgestaltung von Gesellschaftsvertrag und Gesellschaftervereinbarung sind die unterschiedlichen Interessen des Managements und des Investors zu berücksichtigen: Während das Management als Geschäftsführer des Unternehmens (und häufig zugleich der NewCo) das operative Geschäft leitet und kennt, ist der Investor auf seine Rolle als Gesellschafter beschränkt. Der Investor verlangt daher einerseits Kontrollrechte und ist andererseits daran interessiert, das Management für die Zukunft zu binden. Daneben ist der (Finanz-)Investor häufig Exit-getrieben und will sicherstellen, dass das Management einen möglichen Exit-Prozess positiv begleitet und nicht blockieren kann. Die wichtigsten Regelungen sind die folgenden:

Informations- und Kontrollrechte

Um das operative Geschäft überwachen zu können, lässt sich der Investor Informations- und Kontrollrechte einräumen. Das Management wird beispielsweise verpflichtet, regelmäßig bestimmte Kennziffern des Unternehmens zu berichten. Daneben wird – im Rahmen einer formlosen Geschäftsordnung für die Geschäftsführung – ein Katalog von Geschäften vereinbart, die die Geschäftsführung nur nach vorheriger Zustimmung durch die Gesellschafterversammlung vornehmen darf (die der Investor regelmäßig kontrolliert oder zumindest mit Vetorechten blockieren kann). Durch die Zustimmungspflicht stellt der Investor im Innenverhältnis sicher, dass sich die Geschäftsführung an die vereinbarten Schranken hält. Ein Verstoß hiergegen hat zwar keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Maßnahme im Verhältnis zu dem Dritten, die Geschäftsführung macht sich aber gegenüber dem Unternehmen schadensersatzpflichtig. Bei der Bestimmung des Katalogs ist zwischen dem Interesse an einer freien Hand des Managements und dem Interesse an einer angemessenen Überwachung durch den Investor abzuwägen und auf die Bedürfnisse im Unternehmen Rücksicht zu nehmen (z. B. durch die Festlegung von Schwellenwerten).

Bindung des Managements an das Unternehmen

Das Management wird zum einen durch ein (in der Gesellschaftervereinbarung und dem Geschäftsführeranstellungsvertrag enthaltenes) Wettbewerbsverbot an das Unternehmen gebunden, das regelmäßig auch nachvertragliche Geltung hat. Zum anderen vereinbaren die Parteien häufig ein sog. Vesting: Danach verliert der betroffene Manager einen Teil der von ihm an der NewCo gehaltenen Anteile an das Unternehmen und/oder den Investor, wenn er das Unternehmen innerhalb eines bestimmten Zeitraums verlässt. Üblicherweise wird einerseits zwischen sog. Good-Leaver- bzw. Bad-Leaver-Klauseln und andererseits dem Zeitpunkt, zu dem der Manager das Unternehmen verlässt, unterschieden. Abhängig von dem Grund und Zeitpunkt seines Ausscheidens muss er danach mehr (frühes Ausscheiden) oder weniger (spätes Ausscheiden) Anteile zu einer niedrigen (Bad Leaver) oder höheren (Good Leaver) Bewertung abgeben. Ein „Good Leaver“ ist beispielsweise ein Geschäftsführer, dessen Geschäftsführeranstellungsvertrag ordentlich gekündigt oder nicht verlängert wird, dem „Bad Leaver“ wird beispielsweise aus wichtigem Grund gekündigt.

Die Bindung des Managements an das Unternehmen wird auch durch sog. Vinkulierungsklauseln sichergestellt. Danach ist kein Gesellschafter berechtigt, seine Anteile ohne Zustimmung der übrigen Gesellschafter an einen Dritten zu veräußern. Gerade bei personalistisch geprägten Unternehmen mit wenigen Gesellschaftern ist es im Interesse der Gesellschafter, die Kontrolle über den Kreis der Mitgesellschafter zu wahren. Dem dient auch ein Vorerwerbsrecht, wonach die Mitgesellschafter berechtigt sind, die Anteile eines verkaufswilligen Gesellschafters zu erwerben, bevor er sie Dritten zum Kauf anbieten darf.

Exit-Klauseln

Insbesondere Finanzinvestoren halten Beteiligungen an einem Unternehmen mit dem Ziel, diese nach Ablauf einiger Jahre wieder zu veräußern. Es ist daher aus ihrer Sicht wichtig, dass das an dem Unternehmen beteiligte Management einen Verkauf nicht blockieren kann. Die Gesellschaftervereinbarung enthält daher regelmäßig eine Mitverkaufsverpflichtung, wonach der Investor das Management zwingen kann, seine Anteile zu denselben Konditionen mitzuveräußern. Hierdurch stellt der Mehrheitsgesellschafter einen 100 %-­
Verkauf des Unternehmens sicher, der i. d. R. einen höheren Kaufpreis garantiert als die Veräußerung eines bloßen Mehrheitsanteils. Als Gegenstück enthält die Gesellschaftervereinbarung häufig ein Mitverkaufsrecht: Danach kann das Management bei einem Verkauf der Mehrheit verlangen, dass der Investor dafür sorgt, dass sein Minderheitsanteil zu denselben Konditionen mitveräußert wird.

Aufgrund der disproportionalen Finanzierungsbeiträge ist der Investor daran interessiert, dass er bei einem Verkauf des Unternehmens wenigstens sein eingesetztes Kapital zuzüglich einer Verzinsung zurückerhält. Dies wird häufig durch eine sog. Liquidationspräferenz sichergestellt. Danach einigen sich Investor und Management, den Veräußerungserlös nicht strikt nach den Beteiligungsverhältnissen, sondern abweichend zu regeln. Der Investor erhält demnach vorab seine Einlage nebst sämtlichen Zuzahlungen. Der übrige Erlös wird zwischen den Gesellschaftern (also einschließlich des Investors) im Verhältnis ihrer Beteiligung verteilt. Ob das Vorab auf den Anteil des Investors angerechnet wird oder nicht, ist Verhandlungssache.

Besonderheiten des Kaufvertrags

Der Eigentümer wird bei dem Verkauf seiner Anteile versuchen zu argumentieren, dass sich die im Rahmen des Kaufvertrags abzugebenden Garantien auf ein Minimum beschränken: Da der Käufer das Unternehmen kenne, seien lediglich Garantien für den Bestand der verkauften Anteile erforderlich. Garantien, die sich auf das operative Geschäft beziehen (z. B. Jahresabschluss, Mitarbeiter, wesentliche Verträge), seien demgegenüber nicht notwendig. Erwirbt ein Investor an der Seite des Managements, wird sich der Investor auf solche Argumente jedoch nicht einlassen. Zwar kann sich der Investor gegenüber dem Management absichern, indem er vergleichbare Garantien von dem Management fordert. Bei einem Verstoß muss sich der Investor dann aber an das Management wenden. Garantien des Eigentümers erhöhen demgegenüber die Absicherung des Investors. Er hat einen solventen Schuldner und kann versuchen, einen Teil des Kaufpreises zur Absicherung möglicher Garantieansprüche zurückzuhalten (z.B. indem dieser auf ein Treuhandkonto eingezahlt wird). Als Absicherung können auch das Verkäuferdarlehen oder der Earn-Out dienen.

Fazit

In Nachfolgesituationen bietet ein Management Buy-Out im Vergleich zu einem Verkauf an einen externen Dritten eine Reihe von Vorteilen. In der Regel übernimmt das Management das Unternehmen gemeinsam mit einem Investor. Auch wenn die Interessen des Managements und des Investors in vielen Fällen gleichgerichtet sind, gibt es Unterschiede. Um in der Zukunft eine reibungslose Zusammenarbeit zu ermöglichen, empfiehlt es sich, die unterschiedlichen Interessen im Rahmen des Erwerbs gegeneinander abzuwägen und angemessene Regelungen zu vereinbaren.

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