Artikel erschienen am 07.06.2015
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Zahntechnische Materialien im Wandel der Zeit

Neue Materialien im Mund des Patienten

Von Thomas Ney, Braunschweig | Alexander Uter, Braunschweig

Metalle haben sich in der Zahntechnik über Jahrzehnte bewährt und waren lange unverzichtbar, um einer prothetischen Arbeit die nötige Stabilität zu geben. Nur so konnte der Zahnersatz den enormen Kaukräften im Mund des Patienten langfristig standhalten.

Biologisch sind Metalle allerdings nicht ganz unbedenklich, wenn sie in den Körper bzw. im sauren Milieu des Mundes eingesetzt werden. Es gibt ausreichend Studien, welche unterschiedliche Metalle im Mund des Patienten als problematisch ansehen. Beispielsweise könnten mit Amalgam, Gold und Nichtedelmetalllegierungen gleich mehrere Materialien miteinander reagieren. Aus diesen Metallen können im Mund, begünstigt durch den Speichel, Stoffe in Lösung gehen. Das bedeutet, es findet ein Ionenaustausch zwischen den unterschiedlichen Materialien statt, welcher sich negativ auf den gesamten Organismus auswirken kann. Um dies vermeiden zu können, muss der Behandler ein umfangreiches Wissen über Materialeigenschaften und Zusammensetzungen der jeweils eingesetzten Werkstoffe besitzen.

Allergikern oder materialempfindlichen Menschen ist anzuraten, vor der Anfertigung einer zahnprothetischen Arbeit einen Allergietest mit den entsprechenden Materialien durchführen zu lassen.Bei herausnehmbarem Zahnersatz ist es schwierig, den Einsatz verschiedener Metalle so gering wie möglich zu halten. Durch besondere Herstellungsverfahren kann jedoch der Metallanteil der prothetischen Arbeit aus einer Legierung, z. B. Chrom-Kobalt-Molybdän, gefertigt werden. Diese wurde im Laufe der Zeit so weiterentwickelt, dass sie von ihrer Löslichkeit im Mund keinen nennenswerten Nachteil gegenüber Goldlegierungen mehr aufweist. Gleiches gilt auch für festsitzenden Zahnersatz (Kronen und Brücken). Dieser wird heute von modernen Dentallaboren im CAD/CAM-Verfahren hergestellt und ist somit im Endprodukt unbedenklicher geworden.

Seit Kurzem ist es durch das CAD/CAM-Verfahren sogar möglich, ganz auf den Einsatz von Metallen zu verzichten. Durch 3-D-Scanner werden die Abdrücke bzw. die Patientenmodelle digitalisiert. Die zahntechnischen Arbeiten werden mithilfe einer Spezialsoftware am Computer konstruiert. Die daraus resultierenden Daten können gefräst oder auch im 3-D-Druckverfahren hergestellt werden. Diese modernen Vorgänge bieten den Behandlern und Zahntechnikern vielfältige Möglichkeiten in der Materialwahl. Neue oder auch klassische metallfreie Materialien, wie spezielle Keramiken (Zirkonoxid) oder Hochleistungskunststoffe (Composite), haben sich in der Praxis und in klinischen Studien dem Metall als ebenbürtig oder teilweise auch als überlegen erwiesen.

Diese metallfreien Werkstoffe haben ein sehr geringes oder gar kein allergisches Potenzial. Darüber hinaus haben sie im ästhetischen Bereich, gegenüber Metall, durch ihr zahnähnliches Erscheinungs-bild große Vorteile.

Das Zirkonoxid hat sich in den letzten Jahren bereits stark etabliert und gilt mittlerweile u. a. als übliche Versorgungsform für Kronen und Brücken. Die Festigkeit und Ästhetik sind unbestritten, bedürfen aber einer genauen Prüfung, wann diese eingesetzt werden können. Bei großen Restaurationen sollte aus Stabilitätsgründen besser die Verwendung einer Metalllegierung in Betracht gezogen werden.

Auch andere keramische Werkstoffe, wie Lithiumdisilikat (e.max), haben ihre Berechtigung. Gerade bei hochästhetischen Frontzahnrestaurationen oder metallfreien Inlays kommen sie oft zum Einsatz. Wann und in welchen Fällen diese Materialien letzten Endes eingesetzt werden können, entscheidet der jeweilige Behandler nach Patientensituation.

Neu sind auch diverse Hochleistungskunststoffe (Hybride, PEEK) oder Composite (Mischung aus Keramik und Kunststoff). Das Composite hat sich in der Praxis als Füllungsmaterial anstelle des Amalgams bewährt. Aus diesem Material ist es nun auch möglich, Kronen zu fertigen, die dauerhaft im Mund verbleiben können. Da dieses Material eine geringere Härte aufweist, ist der Aufbiss dieser Kronen nicht so hart wie bei Metallkonstruktionen. Diese Eigenschaft ist bei Implantatversorgungen von Vorteil, da der Druck auf das starr mit dem Knochen verbundene Implantat durch das weniger harte Material abgefedert wird. Bei implantatgetragenen Brücken aus Composite wäre jedoch eine Verstärkung durch PEEK (Polyetheretherketon) als Unterbau der Arbeit empfehlenswert. Dieser, in der Zahntechnik relativ neue Werkstoff, hat seinen Ursprung im humanmedizinischen Bereich (z. B. Hüftgelenke) und ist so über Jahrzehnte bez. Stabilität und Bioverträglichkeit erprobt.

Je nach zahnärztlicher Indikation sind so sehr stabile, metallfreie Konstruktionen im festsitzenden und herausnehmbaren Bereich realisierbar. Von großem Vorteil ist auch die Kombinierbarkeit der genannten Materialien. Die unangenehmen Nebeneffekte von kombinierten Metallkonstruktionen wie z. B. metallischer Geschmack oder Kalt-/Heißempfindlichkeit können so minimiert werden.

Die Materialauswahl für den Zahnersatz ist als sehr komplexes Thema zu betrachten. Metall ist immer noch „in aller Munde“ und wird auch zukünftig, aufgrund der neuen Verarbeitungstechniken, eine gewisse Rolle im zahnprothetischen Bereich einnehmen. Unter Berücksichtigung der individuellen Patientensituation wird es jedoch immer mehr Möglichkeiten geben, metallfrei arbeiten zu können.

Foto: DT Antonio Lazetera

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