Artikel erschienen am 05.06.2015
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Schutz und Vorsorge

Wie sorgsam gehen Sie mit sich und Ihren Kindern um? Sorgen Sie vor?

Von Dr. med. dent. Angela Fischer, Braunschweig

Selbstverständlich sind: die dicke Jacke, der Schal bei Kälte, die Kopfbedeckung, der Hautschutz bei Sonne. Auch auf gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung achten Sie – na klar! Ebenso denken Sie an Impfschutz und -auffrischung sowie an Ihre regelmäßige Krebsvorsorge, Sportschutz, wie Fahrrad-/Motorrad-/Skihelm, Mundschutz … um nur einige zu nennen, sind, wie das tägliche Anschnallen im Auto zur Selbstverständlichkeit geworden. Aber, der eine braucht mehr als der andere! Welche individualen Risiken liegen bei Ihnen heute, morgen, in 10 Jahren vor? Welche Rolle spielen eventuelle Allgemein­erkrankungen, Medikamente, Ihr Alter, Ihre Immunabwehr?

Ihre und die Ziele Ihres Zahnarztes sind:

1. Zähne erhalten.
2. Karies und Parodontoseerkrankungen vermeiden.
3. Zahnsubstanzverlust durch Abrieb und/oder Säureangriff vermeiden.
4. Erhalt von Knochen nach Zahnverlust.
5. Zahn- und Kieferfehlstellungen frühzeitig erkennen/therapieren.
6. Wiederherstellung einer durch Zahnverlust eingeschränkten Kauleistung.
7. Früherkennung von malignen oder benignen Schleimhautveränderungen.
8. Last not least: Ästhetik, Sicherheit, Kaukomfort.

Gemeinsame Strategien und Aktionen

Na klar, Bürste (besser elektrische), Zahnseide (richtige Technik!), evtl. Interdentalbürsten, Zwischenmalzeiten reduzieren, auf versteckte Zucker achten, Zungenreinigung – das alles sollte Ihnen vertraut sein, da zahnärztliche Praxen zunehmend Mundhygieneaufklärungen und Prophylaxemaßnahmen durchführen.

Ebenso wissen Sie (außer bei Kiefergelenkserkrankungen) um den Nutzen des Kaugummikauens zur mechanischen Selbstreinigung und Speichelförderung. Auch den Nutzen einer regelmäßigen professionellen Zahnreinigung im Sinne von Nischenmanagement- und Glanzflächenpolitur sollten Sie kennen.

Die weitreichende PZR, die auch in die Zahnfleischtasche geht (UPT = unterstützende Parodontaltherapie oder -nachsorge) ist kein Geheimnis mehr. Weiß jeder?! „Parodontitispatienten“, die keine UPT in Anspruch nehmen, haben ein 14 mal höheres Risiko für Zahn- oder Implantatverlust, verglichen mit Gesunden.

Bakterienreduzierende, plaqueauflösende Spüllösungen, Lacke und reparative Emulsionen kennen Sie auch. In der Praxis runden diverse Plaque- und Blutungsindices, Kariestests, Speichel- und Gentests, PSI und CMD-Screenings das Vorsorgeprogramm ab.

Schutz-Vorsorge-Therapie-Hilfsmittel Schiene

1. Therapeutische Schienen verschiedener Bauweise helfen zum Beispiel bei Muskelverspannungen, korrigieren eine gestörte Bisslage, verteilen Kräfte gleichmäßig (Pressen), verhindern den Abrieb (Abrasion) beim Knirschen, sie helfen, bei Vertikalverlust zwischen Ober- und Unterkiefer den richtigen Abstand wiederzufinden. Sie finden ihren Einsatz bei der Behandlung von Myoarthropathien (craniomandibuläre Dysfunktion) und unterstützen den Osteopathen, Physiotherapeuten bei ihrer Therapie.

2. Stabilisierungsschienen helfen bei der temporären Schienung gelockerter Zähne nach parodontalchirurgischen Maßnahmen, während der Regenerationsphase und präprothetischen Ausheilungsphase (Potenzermittlung der Restzähne). Sie testen und stabilisieren eine neu gefundene Bisslage bis zur endgültigen prothetischen Therapieentscheidung.

3. Medikamententrägerschienen, unterschiedlich befüllt, unterstützen die Schmelzhärtung, Fluoridierung, die Remineralisierung. Sie können als Träger für Bleichmittel und zur postoperativen Keimreduktion eingesetzt werden.

4. Kieferorthopädisch wirkende Schienen können Zähne, die aus der Reihe tanzen, wieder in Form bringen – fast unsichtbar.

5. Sportschutzschienen z. B. für Hockey, Boxen etc. schützen vor Schlagtraumata.

Jeder Muskel atrophiert, wenn er nicht benutzt wird, so auch der Kieferknochen nach Zahnverlust. An der Stelle, wo der Zahn mal war, bildet sich eine ästhetisch unschöne Delle (Front). Unter einer Prothese – besonders bei schaukelndem Sitz – flacht der Kiefer ab, sodass der Prothesenhalt immer schlechter wird. Weichgewebeaufbau zur Verbesserung der Ästhetik (Bindegewebstransplantate) und Knochenaufbau als vorbereitende Maßnahme bei geplanter Implantatversorgung sind heute verbreitete Möglichkeiten, verloren gegangene Strukturen zumindest teilweise wieder aufzubauen.

Bei erschwerter Hygienefähigkeit wegen Schief-, Eng- und Schachtelstellung der Zähne, kann eine KFO-Behandlung im Erwachsenenalter nicht nur die Ästhetik verbessern, sondern auch die Prognose des Zahnerhalts verbessern.

Was auch immer Sie benötigen – Aufwand – Nutzen individuell Machbares – müssen im Gleichgewicht stehen. Individuelle Schwächen, Rauchen, Stress, individuelle Immunabwehr, Allgemeinerkrankungen, Alter, Belastbarkeit bestimmen die Therapiegrenzen. Innerhalb dieser Grenzen sollte Ihre persönliche Wunschvorstellung erarbeitet werden.

Schöne Zähne, gutes Kauvermögen ist nicht alles im Leben, aber… sorgen Sie für sich.

 

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