Gläubigerausschuss: Chance oder Bürde?
Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten außerhalb der Gläubigerversammlung
Von Leif Engelbrecht, HannoverBereits vor Inkrafttreten des ESUG waren Gläubigerausschüsse das gesetzlich vorgesehene Institut, um Gläubiger schnell und effektiv im Insolvenzverfahren einzubinden bzw. den (vorläufigen) Insolvenzverwalter zu unterstützen und zu überwachen. Nur so konnte die in der Praxis häufig erforderliche zeitnahe Beteiligung der Gläubiger (§ 160 InsO) an kurzfristig zu treffenden Entscheidungen gewährleistet werden. Bereits die formellen Erfordernisse bei der Einberufung einer Gläubigerversammlung verursachen nicht selten unvertretbare Verzögerungen. So wird ein Kaufvertrag zur Übertragung des Geschäftsbetriebs eines insolventen Unternehmens regelmäßig innerhalb weniger Tage endverhandelt, nicht zuletzt um Beeinträchtigungen der Geschäftsbeziehungen durch das laufende Insolvenzverfahren zu minimieren. Die erforderliche Einbindung der Gläubiger erfolgt sinnvollerweise auf Grundlage einer unterschriftsreifen bzw. der bereits unterschriebenen (indes durch die Zustimmung der Gläubiger aufschiebend bedingten) Fassung des Unternehmenskaufvertrags. Der – nicht selten wirtschaftlich rückwirkend – in die unternehmerische Verantwortung drängende Käufer ist ebenso an einer schnellen Wirksamkeit und Umsetzung der Übertragungen interessiert wie der Verkäufer, der vor allem nach Übergabe des Umlaufvermögens ein erhebliches Interesse an Rechtssicherheit hat. Die erforderliche Geschwindigkeit und Qualität der Mitwirkung kann ein informierter Gläubigerausschuss gewährleisten. Der Gläubigerausschuss ist bei sorgfältiger Auswahl der Mitglieder und deren verantwortungsbewusster Tätigkeit regelmäßig ein hilfreicher Partner bei den häufig ebenso schwierigen wie bedeutsamen Entscheidungen im Laufe eines Insolvenzverfahrens. Diese Erfahrung hat der Gesetzgeber genutzt und mit den jeweils neu eingefügten §§ 21 Abs. 2 S. 1 Ziff. 1a, 22a InsO die frühzeitige Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses ermöglicht, vorausgesetzt, dass die daraus zu erwartenden Kosten für die jeweilige Insolvenzmasse nicht unverhältnismäßig hoch sind. Die Mitgliedschaft im vorläufigen Gläubigerausschuss steht ausschließlich (künftigen) Gläubigern offen (vgl. § 21 Abs. 2 S. 1 Ziff. 1a InsO, der eine Verweisung auf § 67 Abs. 3 InsO – noch – nicht vorsieht). Der vorläufige Gläubigerausschuss hat maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen über die gerichtliche Anordnung der Eigenverwaltung (§ 270 Abs. 3 InsO) und auf die Auswahl des (vorläufigen) Insolvenzverwalters (§ 56a InsO). Das Insolvenzgericht darf hierbei von einer einstimmigen Entscheidung des vorläufigen Gläubigerausschusses nicht (§ 270 Abs. 3 S. 2 InsO) bzw. nur abweichen, wenn „die vorgeschlagene Person für die Übernahme des Amtes nicht geeignet ist“ (§ 56a Abs. 2 InsO). Darüber hinaus obliegen dem vorläufigen Gläubigerausschuss auch die bisherigen Kernaufgaben, die Unterstützung und Überwachung des Insolvenzverwalters (§ 69 InsO). Aufgrund der mit der Tätigkeit im Gläubigerausschuss insgesamt verbundenen Verantwortung ist dringend auf eine sorgfältige Ausübung (teilweise erfolgt eine hilfreiche Unterrichtung bereits durch die Insolvenzgerichte) und nicht zuletzt auf die frühzeitige Deckungszusage einer Vermögenshaftpflichtversicherung in angemessener Höhe zu achten. Die reformierten insolvenzrechtlichen Regelungen eröffnen zwar hinsichtlich einer Reihe von Einzelfragen einen weiten Raum für Diskussionen in Literatur und Rechtsprechung. Jedoch ist der Wille des Gesetzgebers nicht zu verkennen, den Gläubigern einen größeren und früher einsetzenden Einfluss auf Insolvenzverfahren zu sichern. Es liegt nun an den Gläubigern, diese Rolle auszufüllen.
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