Artikel erschienen am 15.12.2016
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Kapitalanlagen und ihre steuerlichen Folgen

Von Michael Bökamp, LL.M., Herford

Aufgrund der aktuell andauernden Niedrigzinsphase und stetig steigenden Immobilienpreisen steigt das Interesse von Kapitalanlegern nach neuen und nach Möglichkeit auch noch renditestarken Kapitalanlagen. Im Idealfall sollen diese Kapitalanlagen noch diverse – möglichst ausschöpfende – Steuervorteile mit sich bringen. Allerdings liegt in beiden Punkten ein häufig nicht wahrgenommener Gegenspruch.

Sog. Steuervorteile erzielen ihre größtmögliche Wirkung, sobald die Steuerpflichtigen im Spitzensteuersegment besteuert werden. In diesem Bereich der Besteuerung wirken sich Verluste aus Beteiligungen an Personengesellschaften als „Steuervorteil“ aufgrund des Transparenzprinzips unmittelbar auf die jährliche Einkommensteuer aus, da Verluste grundsätzlich mit weiteren positiven Einkünften verrechnet werden können. Dies setzt allerdings – wie beschrieben – einen Verlust voraus. Das primäre wirtschaftliche Ziel der Kapitalanlage sollte hingegen das Erwirtschaften von Gewinnen sein. Sobald diese Gewinne – ebenfalls im Rahmen der Einkommensteuer – der Besteuerung unterliegen, wirken sie sich beim vorgenannten Beispiel auch steuererhöhend aus. Der Kapitalanleger befindet sich im geschilderten Fall nicht nur bei Verlusten, sondern auch bei Gewinnen im Spitzensteuersegment.

Ein in der Praxis für solche Beteiligungen häufig auftretendes Phänomen sind Auszahlungen an die Mitunternehmer (Kapitalanleger) bei gleichzeitiger Verlusterzielung der Gesellschaft. Hierbei handelt es sich im Ergebnis um die faktische Rückzahlung der Kapitaleinlage, da die Auszahlungen typische Entnahmen darstellen. Im Verlustfall stehen den Mitunternehmern mangels Gewinnen grundsätzlich keine Entnahmen zu, wodurch sog. „Überentnahmen“ getätigt werden. Der Verweis der Kapitalanlagegesellschaften, dass es sich bei diesen Auszahlungen um eine steuerfreie Auszahlung an die Mitunternehmer handelt, ist über die gesamte Laufzeit der Kapitalanlage gesehen falsch.

Das steuerliche Problem liegt nur bedingt in der laufenden Besteuerung, sondern vielmehr in der finalen Besteuerung bei Beendigung der Gesellschaft bzw. bei Austritt eines Mitunternehmers. Im Rahmen der jährlichen Verlustverrechnung können gem. § 15a EStG nur Verluste bis zur Höhe der Kapitaleinlage der Mitunternehmer berücksichtigt werden. Die im Verlustfall unterjährigen Auszahlungen an die Mitunternehmer führen zu einer Reduzierung der Kapitaleinlage und somit faktisch auch zu einer Reduzierung von möglichen verrechenbaren Verlusten aus dieser Kapitalanlage mit weiteren positiven Einkünften. Da bei erstmaliger Rückzahlung von anteiligen Kapitaleinlagen meist kein negatives Kapitalkonto entsteht, fällt die faktische Beschränkung von verrechenbaren Verlusten anfangs nicht auf – im Gegenteil, die Freude über eine „steuerfreie“ Auszahlung überwiegt.

Des Weiteren erhält jeder Mitunternehmer im Rahmen der Beteiligung ein sog. Kapitalkonto. Durch Auszahlungen an Gesellschafter kann dieses Kapitalkonto negativ werden, da dem Kapitalkonto im Verlustfall keine Gewinnanteile gutgeschrieben werden. Im Falle des Ausscheidens von Mitunternehmern schlägt das aufgrund von Entnahmen negativ gewordene Kapitalkonto um und ist im Rahmen der Einkommensteuer als sog. Veräußerungsgewinn neben einem möglichen Veräußerungserlös zu versteuern. Etwaige Verschonungsvorschriften werden bei Vorhandensein von mehreren Beteiligungen verschenkt.

Es ist festzuhalten, dass sich steuerliche Verluste aus Kapitalanlagen im Rahmen der Einkommensteuer grundsätzlich positiv auswirken können. Da meist aber die Erwartungshaltung von Anlegern mit einer dauerhaften Verlustzuweisung nicht zu vereinbaren ist und es aufgrund dessen zu Rückzahlungen der Kapitaleinlage kommt, schlägt der steuerliche Vorteil fast in Gänze um. Bei schwankenden persönlichen Steuersätzen kann es sogar, auf die gesamte Anlagezeit gesehen, insgesamt zu einem steuerlichen Nachteil kommen.

Bild: Fotolia/Jakub Jirsák

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