Artikel erschienen am 30.05.2018
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M&A-Beratung im Mittelstand

Brauchen mittelständische Unternehmen M&A-Berater – und warum?

Von Dr. rer. pol. Dirk Jungen, Hannover

Linde und Praxair wollen fusionieren, Fresenius Medical Care kauft seinen US-­Konkurrenten NxStage Medical, die Beteiligungsgesellschaft EQT steigt minderheitlich bei Otto Bock ein, Finanzinvestoren Cinven und Bain Capital übernehmen im Rahmen eines öffentlichen Übernahmeangebots in mehreren Anläufen die Stada Arzneimittel AG. Bei Milliardentransaktionen ist es normal, diese von M&A- Beratern begleiten zu lassen. Stets sowohl auf Käufer- als auch Verkäuferseite, manchmal auch mehrere M&A-Berater auf einer Seite. Brauchen auch mittelständische Unternehmen M&A-Berater?

M&A-Berater auf dem Vormarsch

Die Zahl mittelständischer Unternehmen, die zur Umsetzung eines Unternehmensverkaufs, eines Zukaufs oder einer Fusion (M&A-Transaktion) einen M&A-Berater beauftragt, nimmt seit Jahren kontinuierlich zu. Der Anteil der durch M&A-Berater begleiteten, größeren mittelständischen M&A-Transak­tionen übersteigt mittlerweile deutlich die unbegleiteten M&A-Transaktionen. Lediglich bei Transaktionsvolumina unter 10 Mio. Euro werden Unternehmensverkäufe selten durch M&A-Berater begleitet. Welche Gründe sprechen für die Einschaltung eines M&A-Beraters?

Weltweites Käuferuniversum

Während vor 20 Jahren mittelständische Unternehmen häufig an ihre nationalen Wettbewerber verkauft wurden, finden sich inte­ressierte Käufer heute – auch für kleinere mittelständische Unternehmen – auf der ganzen Welt. Diese ausfindig zu machen sowie vertraulich und kompetent anzusprechen, ist eine wesentliche Aufgabe des M&A-Beraters. So gelingt es häufig, das Kaufinteresse auszuloten, ohne sofort Ross und Reiter namentlich nennen zu müssen und seine Verkaufsabsicht öffentlich kund zu tun. Nicht immer liegt das Heil jedoch in den vielzitierten Käuferländern China und Indien und nicht jede Transaktion mit einem bayerischen Wettbewerber muss schlecht sein. Hier gilt es, mit Augenmaß und einer realistischen Einschätzung abzuwägen.

Neue Käufergruppen

Nicht jedes Unternehmen wird an einen aus strategischen Gründen handelnden Wettbewerber veräußert, der klassische Ziele wie Konsolidierung, geografische Expansion und die Erweiterung von Produktkategorien verfolgt. Sehr aktiv sind auch mehr als 200 Finanzinvestoren und zunehmend auch vermögende Familien, die direkt oder über Family Offices Unternehmensbeteiligungen eingehen. In der Regel gibt es für eine attraktive Gesellschaft mehr Finanzinvestoren als strategische Investoren. Hier gilt es, den insb. hinsichtlich Beteiligungsansatz und handelnden Personen für das Unternehmen am besten passenden Käufer zu finden.

Nutzung der Vorteile eines strukturierten Verkaufsprozesses

Wettbewerb belebt das Geschäft. Dies gilt auch bei Unternehmensverkäufen. Nicht immer jedoch ist eine breite Auktion die beste Transaktionsform. Auch gezielte strukturierte Veräußerungsprozesse mit handverlesenen Teilnehmern können das Mittel der Wahl sein. Wesentliche Aufgabe des M&A-Beraters ist die Strukturierung und fachkundige Begleitung des gesamten Veräußerungsprozesses.

Kenntnis der „Spielregeln“

Bei professionellen Käufern, seien es Strategen oder Finanzinvestoren, haben sich Verfahrensweisen etabliert, deren Kenntnis wichtig ist. Dies beginnt bei der Zusammenstellung der Zahlen und endet nicht bei virtuellen Datenräumen. Diese „Spielregeln“ zu kennen, ist professionell und stellt sicher, dass man auf Augenhöhe wahrgenommen wird und eigene Verhandlungsspielräume besser nutzen kann.

Das richtige Timing

Das Zinsniveau ist aktuell niedrig, der Kredit­appetit von Banken hoch, Finanzinvestoren stehen unter Anlagedruck, börsennotierte Unternehmen werden von aktivistischen Investoren unter Druck gesetzt und auch Markttrends wie Digitalisierung und Internatio­nalisierung lassen das Umfeld für M&A-Transaktionen derzeit sehr attraktiv erscheinen. Aktuell kann man annähernd jedes Unternehmen gut verkaufen. Es gibt aber auch Zeiten, in denen eine Kenntnis des M&A-Marktes sehr wichtig sein kann.

Insgesamt sprechen also auch im Mittelstand gute Gründe für die Einschaltung eines M&A-Beraters, der sich täglich mit Unternehmenskäufen und -verkäufen beschäftigt.

Bild: Fotolia/AnasteZia

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