Finanzierungsoptionen junger innovativer Technologieunternehmen
Von Dr. Ulf-Marten Schmieder, Halle (Saale | Anne Baschus, Halle (SaaleEigene Darstellung in Anlehnung an BVK (Hrsg.), Öffentliche Förderangebote für Beteiligungskapital in Deutschland
Finanzierungsoption Fremdkapital
Aus dem KfW-Mittelstandspanel 2013 geht hervor, dass Investitionen des Mittelstands zu nahezu einem Drittel (28 %) durch Fremdkapital finanziert waren.1 Der klassische Bankkredit ist demnach wesentlicher Bestandteil einer soliden Finanzierung, dessen Anteil ist aber in den vergangenen Jahren sukzessive parallel zu steigenden Eigenkapitalquoten der mittelständischen Unternehmen zurückgegangen. Begünstigt durch ein anhaltend niedriges Zinsniveau sind Kredite momentan zu günstigen Konditionen erhältlich, allerdings nicht für jedes Unternehmen und nicht uneingeschränkt.
Die Schuldenkrise und die damit im Zusammenhang stehenden verschärften Eigenkapitalvorschriften für Banken, Basel III, welche ab 2013 sukzessive in Kraft getreten sind, reduzieren den bisherigen Umfang für die zukünftige Kreditverfügbarkeit.2 Die Auswirkungen von Basel III sind für die Unternehmen spürbar: In einer Studie von Creditreform geben die Unternehmen an, dass sich die Kreditkonditionen in den vergangenen Monaten verändert haben. Bei 86,6 % der Befragten verlangten die Banken mehr Sicherheiten und bei 16,2 % der Befragten konnte der Kreditbetrag nicht in vollem Umfang ausgereicht werden (Mehrfachnennungen möglich).3 Eine hohe Eigenkapitalausstattung von Unternehmen erhöht deren Chance auf eine Bankenfinanzierung. Doch diese ist für Gründer und junge Wachstumsunternehmen schier unmöglich. Zu Beginn einer Unternehmerkarriere mangelt es in der Regel an verwertbaren Sicherheiten oder Garantien, die den möglichen Kreditausfall von Banken zu minimieren helfen. Junge Unternehmen verfügen zudem oft weder über eine langjährige Kredithistorie noch über ausreichend Eigenkapital. Diese fehlende Anfangsausstattung führt beim Start-up zu einem Dilemma: Die Bank lässt sich das Kreditausfallrisiko bei fehlenden verwertbaren Sicherheiten durch hohe Zinssätze vergüten. Diese hohen Zinssätze führen beim zumeist wenig liquiden Start-up-Unternehmen zu hohen zukünftigen Zahlungsabflüssen, die wegen einer fehlenden Marktbasis (noch) nicht erwirtschaftet werden können. Die klassische Kreditfinanzierung ist für risikoreiche Technologieprojekte im Gründungsumfeld daher kaum darstellbar.
Finanzierungsoption Eigenkapital
Unsere Erfahrung aus nunmehr 10 Jahren Gründungs- und Finanzierungsberatung bei über 150 Projekten und Unternehmen hat eines klar gezeigt: Insbesondere Ausgründungen aus Hochschulen und Forschungseinrichtungen basieren auf innovativen Technologien sowie neuen Geschäftskonzepten – jedoch stellt das fehlende Eigenkapital eine oft kaum überwindbare Hürde bei der Umsetzung der Geschäftsideen bis zum Markteintritt dar.
Eigenkapital in Form von Beteiligungskapital kann für technologieorientierte Gründer und junge Wachstumsunternehmen eine Erfolg versprechende Alternative bei der Kapitalbeschaffung darstellen. Business Angels, Venture-Capital-Gesellschaften (kurz: VC-Gesellschaften) oder strategische Investoren offerieren Kapital gegen den Erwerb von Unternehmensanteilen und werden somit Anteilseigner am jungen Unternehmen. Business Angels engagieren sich typischerweise in einer sehr frühen (Seed-)Phase und stellen neben finanzieller Unterstützung vor allem Know-how, Erfahrung und Kontakte bereit. VC-Gesellschaften und strategische Investoren treten regelmäßig erst in der späteren, sogenannten Start-up-Phase in Erscheinung. VC-Gesellschaften fokussieren auf zeitlich befristete Anlagehorizonte (die Zeitspanne liegt hier etwa zwischen fünf bis sieben Jahren), sind also darauf angewiesen, nach einer vereinbarten Frist die Beteiligung (weiter) zu verkaufen. Neben der monetären Unterstützung verfügen VC-Gesellschaften über ein exzellentes Netzwerk an Geschäftskontakten, auf welches die jungen Unternehmer zurückgreifen können.4
Je nach Branche und Technologiefokus ist der Kapital-bedarf bei Gründern und Wachstumsunternehmen unterschiedlich. Ein Konsortium verschiedener VC-Gesellschaften und Business Angels ist nicht unüblich und verteilt das immanente Entwicklungs- und Marktrisiko. Der Zeitumfang des Beteiligungsprozesses beträgt von der ersten Kontaktaufnahme bis zum finalen Ver-tragsabschluss in der Regel zwischen zwei und sechs Monaten. Die Due-Diligence-Prüfung bezeichnet den umfangreichsten Bestandteil im gesamten Beteiligungs-prozess. Demgegenüber liegt das Augenmerk strategi-scher Investoren auf dem Zukauf von innovativen Ideen, Produkten oder Dienstleistungen innerhalb einer bestehenden Wertschöpfungskette. Beim strategischen Investor handelt es sich zumeist um ein Industrieunternehmen oder eine Unternehmensgruppe. Ziel ist es, ein bestehendes Produktportfolio durch den Zukauf zu erweitern und Marktanteile zu sichern bzw. zu ver-größern (strategisches Wachstum). Damit geht die Eingliederung des Jungunternehmens in eine bestehende Konzernstruktur einher. Der Zeithorizont ist in diesem Fall auf Langfristigkeit ausgelegt und übersteigt den Anlagehorizont einer klassischen VC-Finanzierung.
Sonstige Finanzierungsoptionen
Neben den klassischen Instrumenten Fremd- und Eigen-kapital existieren sog. Mischformen: Mezzanine-Kapital. Als Mezzanine-Kapital gelten u. a. stille Beteiligungen, Nachrangdarlehen oder Genussrechte. Eine weitere wichtige Kapital- und Finanzierungsquelle stellen öffentliche Fördermittel dar. Die EU stellt für Projekte in Deutschland bis zum Jahr 2020 insgesamt Mittel in Höhe von etwa 19,3 Mrd. Euro zur Verfügung, davon allein 9,8 Mrd. Euro in den neuen Bundesländern. Deutschland kofinanziert dies mit Geldern des eigenen Haushalts (Bundes- und Länderhaushalte). Eindeutige Kriterien bestimmen, unter welchen Bedingungen ein Projekt förderfähig ist. Die Förderhöhe hängt von projektspezifischen Faktoren wie Firmengröße, geplantem Investitionsstandort oder Investitionssumme ab.
Zusammenfassung
Technologieorientierte Gründungsprojekte und junge innovative Wachstumsunternehmen konfrontieren Kapitalgeber oft mit hohen Entwicklungs- und Marktrisiken bei gleichzeitig nahezu fehlender Eigenkapitalbasis. Die Umsetzung einer Innovation muss demzufolge unter Unsicherheit als Rahmenbedingung mitfinanziert werden. Dieses Risiko sind Fremdkapitalgeber überwiegend nicht bereit, allein zu tragen. Es bedarf vielmehr zunächst des meist konsortialen Einwerbens von Eigenkapital bei Business Angels, VC-Gesellschaften oder strategischen Investoren gegen Abgabe von Unternehmensanteilen. Zusätzlich sind Know-how, Erfahrungswerte und ein breites Netzwerk für Gründer bzw. Wachstumsunternehmen nutzbar. Als weitere Finanzierungsquelle eignen sich öffentliche Fördermittel. Die Kombination verschiedener Finanzierungsinstrumente reduziert das ursprüngliche Gesamtrisiko. Die Abbildung „Finanzierungsinstrumente im Lebenszyklus eines Unternehmens“ veranschaulicht das Zusammenspiel der unterschiedlichen Finanzierungsmöglichkeiten in den verschiedenen Unternehmensphasen im Zeitablauf. Die ideale Innovationsfinanzierung bei technologieorientierten Gründern und jungen Wachstumsunternehmen liegt also immer in einem Mix verschiedener Instrumente. Dieser Mix ändert sich im Zeitablauf und ist fortlaufend auf die jeweiligen Bedürfnisse hin zu überprüfen und anzupassen.
Fußnoten
1 Vgl. KfW (Hrsg.), KfW-Mittelstandspanel 2013, S. 5.
2 Vgl. Commerzbank AG, Kapitalmarktorientierung und Finanzierung mittelständischer Unternehmen, 2011, S. 11.
3 Vgl. hierzu Verband der Vereine Creditreform e. V., Wirtschaftslage und Finanzierung im Mittelstand, Frühjahr 2012, S. 30.
4 Vgl. Grummer/Brorhilker, Phasengerechte Finanzierung: Teil drei, Die Start-up-Phase – Das Unternehmen auf Erfolgskurs bringen!, erhältlich unter: www.gruenderszene.de.
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