Artikel erschienen am 11.11.2011
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Unternehmensnachfolge

Neues Erbschaftsteuerrecht erfordert rechtzeitige Planung und steueroptimierte Gestaltung der Unternehmensnachfolge

Von Ludwig Schlereth, Halle (Saale

Jeder Unternehmer ist immer wieder damit konfrontiert, für alle möglichen Krisenfälle in seinem Unternehmen Vorsorge zu treffen. Die Praxis zeigt jedoch, dass einer der wichtigsten Krisenfälle, nämlich das Ableben des Unternehmers selbst, häufig nicht bedacht bzw. zu lange verdrängt wird. Erst zum Ende der eigenen beruflichen Tätigkeit wächst die Bereitschaft, sich mit dieser Thematik auseinanderzusetzen. Ein verant­wortungsvoller Unternehmer sollte jedoch schon viele Jahre vor seinem geplanten Ausscheiden mit der Planung der Unternehmens­nachfolge beginnen.

Gerade mit der zum 01.01.2009 in Kraft getretenen Erbschaftsteuerreform ist eine langfristige Planung wichtiger denn je. Bereits die erforderliche Abgrenzung des steuerlich privilegierten Betriebs- vom nicht begünstigten Verwaltungsvermögen macht es erforderlich, die Unternehmensnachfolge langfristig zu planen und etwaige Umstruktu­rierungs­maßnahmen im Unter­nehmen sowie bei Beteiligungen am Unter­nehmen rechtzeitig einzuleiten. Nur so kann die künftige steuerliche Belastung auf ein erträgliches Maß reduziert werden.

Vor jeder Überlegung von erb- und steuerrechtlichen Optimierungsmöglichkeiten ist jedoch grundsätzlich zu klären, ob eine Fortführung des Unternehmens durch Familienangehörige gesichert ist oder ob eine Übertragung auf geeignete Mitarbeiter in Aussicht steht. Scheiden diese Alternativen aus, bleibt neben der Liquidation nur noch die Möglichkeit des Verkaufs an einen fremden Dritten. Soweit der Unternehmer hier frühzeitig die richtigen Weichen stellt, kann auch bei Fehlen eines geeigneten Nachfolgers das erforderliche Vertrauen für ein erfolgreiches Fortbestehen des Unternehmens geschaffen werden.

Ist der Unternehmer in der glücklichen Situation, sein Unternehmen auf Familien­angehörige oder eine sonst geeignete Person übertragen zu können, bietet sich neben einer testamentarischen Regelung eine Übertragung durch Vertrag zu Lebzeiten an. Hierbei kann als Grundsatz gelten, dass eine Regelung durch Vertrag des Unternehmers mit dem Nachfolger unter Zustimmung aller pflichtteilsberechtigten Familienangehörigen grundsätzlich vorzugswürdig und am besten und sichersten für alle Beteiligten ist. Nur in Ausnahmefällen sollte von dieser Lösung abgewichen werden, wobei dann eine (zumindest vorläufige) Regelung durch Testament oder Erbvertrag getroffen werden sollte. Als Gründe, zunächst eine Regelung durch Verfügung von Todes wegen vorzusehen, kommen im Wesentlichen in Betracht:

  • Dem in Aussicht genommenen Nachfolger fehlt noch die berufliche Qualifikation zur selbstständigen Fortführung des Unternehmens (z. B. Meisterprüfung).
  • Die Schaffung von Vermögen oder hohem Einkommen soll aus familienrechtlichen Gründen so lange wie möglich hinausgeschoben werden (z. B. Scheidung der Ehe des Unternehmensnachfolgers).

Zur Vorbereitung der Unternehmensnachfolge durch Vertrag im Wege vorweggenommener Erbfolge bedarf es im Hinblick auf den von der Einhaltung einer Mindestlohnsumme abhängigen Verschonungsabschlag in Höhe von 85 % bzw. 100 % des begünstigten Vermögens (§ 13a Abs. 1 S. 1 ErbStG) bei der Erbschaftsteuer noch entsprechender Umstrukturierungsmaßnahmen im Unternehmen. Solche Maßnahmen können im Hinblick auf die vom Unternehmensnachfolger auf die Dauer von fünf bzw. sieben Jahren einzuhaltende Mindestlohnsumme geboten sein. Da nach der gesetzlichen Regelung diese Mindestlohnsumme von einer Ausgangslohnsumme abhängt, die wiederum auf die letzten fünf Jahre vor dem Unternehmensübergang abstellt, sollte rechtzeitig vor dem Beginn der 5-Jahresfrist die Ausgangslohnsumme möglichst niedrig gehalten werden. Daneben sollte rechtzeitig bedacht werden, dass das steuerlich privilegierte Betriebsvermögen vom nicht steuerbefreiten Verwaltungsvermögen deutlich abgegrenzt und möglichst gering gehalten wird.

I. Unternehmensnachfolge durch letztwillige Verfügung (Testament, Erbvertrag)

Für jede Verfügung von Todes wegen gilt: Der Unternehmer kann durch Testament die Nachfolge für sein Unternehmen nach seinen eigenen Vorstellungen und auch abweichend von der gesetzlichen Erbfolge regeln. Hinsichtlich der nicht als Erben vorgesehenen Abkömmlinge und ggf. des überlebenden Ehepartners ist allerdings das Pflichtteilsrecht, das wertmäßig der Hälfte des gesetzlichen Erbanteils entspricht, zu berücksichtigen, um spätere Erbstreitigkeiten möglichst zu vermeiden.

Bei der Gestaltung von letztwilligen Verfügungen sollten einige wesentliche Gesichtspunkte beachtet werden:

  • Handelt es sich um ein Unternehmen in der Rechtsform einer Gesellschaft, ist zunächst zu prüfen, ob im Gesellschaftsvertrag bereits spezielle Regelungen zum Tod eines Gesellschafters enthalten sind, da diese Bestimmungen grundsätzlich dem Erbrecht vorgehen. Soweit Regelungen enthalten sind, die der beabsichtigten Erbfolgeregelung entgegenstehen, sollte zunächst der Gesellschaftsvertrag entsprechend angepasst werden. Erst dann ist der Weg für eine erbrechtliche Regelung frei.
  • Bei mehreren Kindern sollte der Unternehmer das Unternehmen einem einzigen Kind anvertrauen, da sich die Weiterführung eines Unternehmens durch Geschwister – von seltenen Ausnahmen abgesehen – als äußerst streitträchtig erweist. Die weichenden Erben sollten mit sonstigem Vermögen abgefunden werden. Bereits aus diesen Gründen kann die von Unternehmern gelegentlich gewünschte Einsetzung von mehreren Familienangehörigen als Erben – sog. Miterbenmodell – nicht empfohlen werden.

Für eine geordnete Unternehmensnachfolge durch Verfügung von Todes wegen stehen daher im Wesentlichen zwei Modelle zur Verfügung:

  • Unternehmertestament mit Vorsorge durch Vermächtnis und Testa­ments­voll­strecker­anordnung (Vermächtnismodell)
  • Unternehmensnachfolge durch Testament / Erbvertrag mit Pflicht­teils­verzichts­verträgen (Alleinerbenmodell).

Vermächtnismodell

Bei dem sog. Vermächtnismodell bestimmt der Unternehmer durch Testament zunächst nach Belieben seine Erben, z. B. seine Kinder und / oder seine Ehefrau. Die eigentliche Unternehmensnachfolge wird durch ergänzende Anordnung eines Vermächtnisses zugunsten der Person gesichert, die nach Auffassung des Unternehmers als künftiger Unternehmensnachfolger in Betracht kommt. Falls eine Entscheidung unter mehreren möglichen Nachfolgern noch nicht getroffen werden kann, sollte das Vermächtnis mit der Anordnung ergänzt werden, dass eine dritte Person (z. B. Ehepartner, Bruder, Steuerberater etc.) ermächtigt wird, die am besten geeignete Person als Nachfolger zu bestimmen, wobei die Auswahlkriterien möglichst vom Erblasser selbst vorgegeben werden sollten.

Zur weiteren Absicherung des künftigen Nachfolgers (z. B. bei noch minderjährigen Kindern) sowie zum Schutz der weichenden Erben sollte ergänzend eine Testa­ments­voll­streckung vorgesehen werden, die erst mit der Übergabe des Unternehmens an den Unternehmensnachfolger endet.

Bei Beachtung dieser Kriterien kann sichergestellt werden, dass nach dem Ableben des Unternehmers

  • das Unternehmen (zunächst) weiter geführt und
  • ggf. der am besten geeignete Unternehmensnachfolger bestimmt werden kann.

Auch wenn eine solche Vermächtnislösung nur als Übergangsregelung bis zum Abschluss eines Vertrages zur Unternehmensfortführung in Betracht kommen dürfte, sollte – wie bei jeder anderen Unternehmensnachfolge – ein ausgewogener Ausgleich zwischen den Interessen an der Unternehmensfortführung und denen der weichenden Erben an einer angemessenen Beteiligung am elterlichen Vermögen gefunden werden. Bei einer Unternehmensnachfolge im Wege der Erbfolge bildet damit der gesetzliche Pflichtteil der weichenden Erben die äußerste Grenze für eine rechtssichere Gestaltung. Hiervon kann nur bei einem entsprechenden Pflichtteilsverzichtsvertrag mit den betroffenen künftigen Erben abgewichen werden. Ohne Absicherung durch Pflichtteilsverzichte bedarf es zur Abwägung der Interessen der weichenden Erben einer internen Wertermittlung der im Wege des Vermächtnisses übertragenen Vermögensgegenstände. Zu beachten ist, dass bei Wertveränderungen des Unternehmens das Testament einer regelmäßigen Kontrolle bedarf und ggf. angepasst werden muss.

Unternehmensnachfolge durch testamentarische Erbeinsetzung / Erbvertrag mit Pflichtteilsverzichtsverträgen (Alleinerbenmodell)

In der Regel dürfte jedoch die Einsetzung des Unternehmensnachfolgers als Alleinerbe vorzugswürdig sein. Im Interesse der Versorgung des überlebenden Ehepartners des Erblassers und zur Gleichstellung der Geschwister ist der Nachfolger / Erbe zugleich mit entsprechenden Vermächtnissen zu beschweren.

Diese Variante bietet den Vorteil, dass nach dem Erbfall keine gesonderten Übertragungen von Vermögensgegenständen erforderlich werden und gleichzeitig die Übernahme von Verbindlichkeiten des Unternehmens im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Nachfolger erfolgt.

Soweit die beabsichtigte Unternehmensnachfolge darüber hinaus für den Nachfolger stärker abgesichert werden soll, bietet sich anstelle einer lediglich testamentarischen Regelung die Gestaltung eines Erbvertrages mit dem Unternehmensnachfolger an, wobei möglichst alle pflichtteilsberechtigten Personen zustimmen bzw. auf ihre Pflichtteilsrechte verzichten sollten.

Im Übrigen sind auch bei dem Modell der Alleinerbeneinsetzung dieselben erbschaftsteuerlichen Gesichtspunkte zu beachten, insbesondere hinsichtlich der Steuerbegünstigung des Betriebsvermögens.

II. Übertragung zu Lebzeiten

Soweit der Unternehmer in der glücklichen Lage ist, einen Nachfolger in der eigenen Familie bzw. unter den Mitarbeitern bestimmen zu können, ist die Übertragung des Unternehmens bereits zu Lebzeiten meist vorzugswürdig. Im Rahmen einer solchen Übertragung kann der Unternehmer den Zeitpunkt festlegen, wann er sich „zur Ruhe setzen“ will, wie der Interessenausgleich mit ggf. vorhandenen Geschwistern des Nachfolgers vorgenommen werden und welche Sicherungsmaßnahmen bei unerwarteten Entwicklungen (z. B. Insolvenz, Ableben, Scheidung des Übernehmers etc.) gelten sollen. Am sichersten ist es auch hierbei, die Unternehmensnachfolge durch Vertrag mit allen pflichtteilsberechtigten Familienangehörigen zu regeln.

Freilich bedarf jede lebzeitige Übertragung vorab der Feststellung, welche Vermögens­werte tatsächlich zum Betriebsvermögen gehören. In diesem Rahmen ist zugleich zu klären, welche Verbindlichkeiten bestehen und inwieweit der Unternehmer (ggf. zusätzlich seine Ehefrau) hierfür persönlich haftet. Soweit Grundbesitz zum Betriebsvermögen gehört, ist zu entscheiden, ob das Betriebsgrundstück (ggf. unter Nießbrauchsvorbehalt) an den Übernehmer mit übergeben oder nur verpachtet wird. Soweit sich die vom bisherigen Firmeninhaber genutzte Wohnung ebenfalls auf dem Betriebsgrundstück befindet, bedarf auch dies einer entsprechenden Regelung.

Daneben kann auch die Übertragung nur einzelner Vermögenswerte angezeigt sein. Bei einer solchen Fallgestaltung ist jedoch die Problematik der Aufdeckung stiller Reserven zu beachten. Wegen der damit verbundenen steuerlichen Folgen ist hier dringend die Hinzuziehung eines Steuerberaters zu empfehlen.

Hat der Firmeninhaber allerdings das Interesse, den Betrieb – zumindest übergangsweise – gemeinsam mit dem Übernehmer/Erwerber zu führen, kommt die Gründung einer Gesellschaft (z. B. GmbH, KG oder OHG) in Betracht, mit der das bisherige Unternehmen fortgeführt werden kann. Neben den häufig gewünschten Mitspracherechten können dem bisherigen Firmeninhaber damit zugleich – ggf. anteilig – die Einnahmen aus dem Betrieb gesichert werden.

Als „Zwischenlösung“ ist auch an eine Verpachtung des Betriebs an den künftigen Übernehmer zu denken; die Übergabe könnte dann nach einer gewissen „Bewährungszeit“ nachgeholt werden.

Grundsätzlich steht es den Beteiligten frei, wie die „Gegenleistung“ des Übernehmers bestimmt wird. Durch Vereinbarung von Rentenzahlungen an den Unternehmer (ggf. auch an Ehegatten) und / oder eines (Teil-)Kaufpreise können für den Unternehmer und den Unternehmensnachfolger gleichermaßen steuerlich interessante Lösungen gefunden werden. Gerade die Problematik der Gegenleistung (echtes Entgelt bzw. – zumindest teilweise – Schenkung) kann aus steuerlichen Erwägungen zudem die Gründung einer Familiengesellschaft (GmbH oder GmbH & Co. KG) nahe legen, um so die Möglichkeit der mehrfachen Inanspruchnahme des steuerlichen Freibetrages zu schaffen.

Bei Unternehmen, die in der Rechtsform einer Gesellschaft (z. B. GmbH, KG oder OHG) geführt werden, sind in der Regel nicht einzelne Vermögenswerte bzw. das das Unternehmen als solches, sondern die entsprechenden Anteile des „Firmeninhabers“ zu übertragen. Von besonderem Interesse ist in diesen Fällen, dass die Geschäftsführung auch weiterhin beim bisherigen Inhaber des Unternehmens (der Geschäftsanteile) verbleiben kann.

Die Übertragung jedes Unternehmens bedarf somit stets der Vorklärung vielfältiger steuerlicher Gesichtspunkte. Soweit Grundbesitz betroffen ist, bedarf jede Übertragung zwingend der notariellen Beurkundung. Gleiches gilt bei der Übertragung von GmbH-Anteilen. Zur gegenseitigen Absicherung sollten sämtliche gegenseitigen Rechte und Pflichten auch in dem Übertragungsvertrag vereinbart werden. Die Ausgestaltung des Vertrages erfolgt durch den Notar, der auch den gesamten Vollzug (Grundbuchamt, Handelsregister) vornimmt.

Foto: Bundesnotarkammer

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