Artikel erschienen am 22.06.2023
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Update und steuerliche Neuerungen rund um die Immobilie

Von Kirstin Rusner, Braunschweig | Dipl.-Kfm. Jörg Bode, Braunschweig

Grundsteuer

Niedersachsen hat sich, abweichend zum Bundesmodell, für das sogenannte „Äquivalenzmodell“ entschieden, dessen typisierende Berechnung auf der Größe der Fläche, der Einordnung bebaut/unbebaut und auf einen Lagefaktor fußt. In letzter Zeit wird in den Medien wieder vermehrt und eindringlich zu Einsprüchen hinsichtlich der Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit auch dieser Grundsteuerreform aufgerufen. Ein Einspruch hat jedoch wenig Aussicht auf Erfolg, wenn man sich ausschließlich auf die Verfassungswidrigkeit bezieht. Eine pauschale Begründung ist hier nicht ausreichend und da, trotz Ankündigung der großen Verbände, bisher keine Musterklage eingereicht wurde, bliebe nur der Weg im Einzelklageverfahren, da die Finanzämter die Einsprüche nicht als „ruhend“ einstufen und entsprechende Einspruchsbescheide erlassen werden.

Photovoltaikanlagen

Angesichts der weiterhin omnipräsenten Debatte über die Energiewende und den hierfür erforderlichen Ausbau der erneuerbaren Energien ist die Photovoltaikanlage weiterhin ein Dauerbrenner, wie auf immer mehr Dächern der Republik zu sehen ist.

Ertragsteuerlich wurde mit Einführung des § 3 Nr. 72 EStG bei Anlagen bis 30 kWp auf Einfamilienhäusern und nicht Wohnzwecken dienenden Gebäuden bzw. 15 kWp auf sonstigen Gebäuden ab 01.01.2022 mit einer Höchstbegünstigung von 100 kWp je steuerpflichtiger Person eine vieles vereinfachende Regelung geschaffen. Denn die Rechtsfolge ist, dass Einnahmen und Entnahmen steuerfrei sind und kein Gewinn mehr zu ermitteln ist. Dieses gilt auch für Kapitalgesellschaftern und Mitunternehmerschaften. Dies bedeutet allerdings auch, dass die mit der Photovoltaikanlage in Zusammenhang stehenden Kosten gem. § 3c EStG nicht abzugsfähig sind. Interessant wird es, wenn die Photovoltaikanlage auch zur Stromnutzung im eigenen Betrieb verwendet wird. Hier dürfte der § 3 Nr. 72 EStG nicht gelten, da es sich bei der Eigennutzung weder um Einnahme noch Entnahme handelt und in dessen Folge der Kostenabzug anteilig möglich wäre.

Ein Damoklesschwert mit weitreichenden Konsequenzen in Bezug auf den Betrieb einer Photovoltaikanlage war auch die gewerbliche Infizierung einer ansonsten vermögensverwaltenden Personengesellschaft gem.
§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG. Auch hier ist nun eine längst fällig gewesene Rechtssicherheit geschaffen worden. Der § 3 Nr. 72 EStG führt zu keiner Abfärbung und gewerblichen Infizierung mehr. Das gilt auch für Beteiligungseinkünfte aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage für die § 3 Nr. 72 EStG anzuwenden ist.

Auch im Rahmen der Umsatzsteuer ist einiges in Bewegung geraten. Ab 2023 ermäßigt sich die Umsatzsteuer für die Lieferungen von Solarmodulen inkl. der wesentlichen Komponenten und Speicher auf 0 %. Voraussetzung ist in dem Fall, dass die Bruttoleistung nicht mehr als 30 kWp beträgt. Die Finanzverwaltung hat sich nunmehr mit einem BMF-Schreiben zu Zweifelsfragen geäußert. Bemerkenswert ist die vertretene Auffassung, dass die Entnahme einer Photovoltaikanlage, die vor dem 01.01.2023 erworben wurde und zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzsteuer unterliegt. Soweit erstmal nicht neu, aber wenn der erzeugte Strom zukünftig zu mehr als 90% für nichtunternehmerische Zwecke verwendet wird – davon ist aus Vereinfachungsgründen auszugehen – und wenn ein Teil des erzeugten Stroms in einer Batterie gespeichert wird, dann unterliegt auch diese Entnahme dem Steuersatz von 0 %. Das bedeutet, dass der Einfamilienhausbesitzer seine Anlage ins nichtunternehmerische Vermögen entnehmen kann. Eine Korrektur der in Abzug gebrachten Vorsteuer gem. § 15a UStG ist nicht vorzunehmen. Der privat verbrauchte Strom unterliegt dann nicht mehr der Umsatzbesteuerung. Lediglich der ins öffentliche Netz eingespeiste Strom wäre mit dem Regelsteuersatz von 19 % weiterhin der Umsatzbesteuerung zu unterwerfen.

Sonderabschreibung für den Mietwohnungs-neubau

Angesichts der weiterhin sehr angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt versucht der Staat, neue Anreize für den Mietwohnungsneubau durch die Anpassung der Voraussetzungen für Sonderabschreibungen gem. § 7b Abs. 1 EStG zu setzen. Die Höhe der Sonderabschreibung beträgt im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den folgenden 3 Jahren 5 %. Die originäre Gebäudeabschreibung gem. § 7 Abs. 4 EStG ist daneben ansetzbar. Die Förderung erfolgt unter folgenden Bedingungen:

1. Bauantrag nach dem 31.12.2022 und vor dem 01.01.2027
2. Effizienzhaus 40 mit Nachhaltigkeits-Klasse und Bestätigungssiegel
3. Das Gebäude dient im Jahr der Anschaffung/Herstellung und in den folgenden neun Jahren der entgeltlichen Überlassung zu Wohnzwecken.
4. Die maximale Höhe der Anschaffungskosten darf hierbei 4.800 Euro je Quadratmeter nicht überschreiten.
5. Die maximale Begünstigung beträgt dann 2.500 Euro je Quadratmeter.

Für Bauanträge nach dem 31.08.2018 und vor dem 01.01.2022 wird die Förderung bei einer Anschaffung bis 3.000 Euro je Quadratmeter mit maximal 2.000 Euro bzw. 2.500 Euro je Quadratmeter für Effizienzhäuser gewährt.

Anpassung der Grundbesitzbewertung zum 01.01.2023

Ab dem 01.01.2023 soll die Bewertung von Immobilien an den realistischen Verkehrswert angepasst werden. So steht es im Jahressteuergesetz (JStG) 2022. Dadurch könnte die Erbschaft- und Schenkungsteuer für Immobilien steigen. Bisher hat der Staat nicht an den enorm gestiegenen Immobilienpreisen im Rahmen der Erbschaft- oder Schenkungssteuer partizipiert. Populär sind Steuererhöhungen in Zeiten der Inflation nicht und so kommt die Steuererhöhung jetzt quasi durch die Hintertür. Denn die auf den ersten Blick eher unscheinbaren Änderungen im Bewertungsgesetz (BewG) können in einzelnen Fällen zu erheblichen Erhöhungen bei der Erbschaftsteuer führen. Betroffen sind durch die Änderungen der §§ 177-198 BewG sowohl die erbschaft- als auch schenkungsteuerliche Bewertungen von Immobilien im Sachwert- beziehungsweise Ertragswertverfahren. Betroffen sind somit Mietwohngrundstücke, Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke. In vielen Fällen wird daher ein Gutachten über den Grundstückwert notwendig sein, da nur so ein niedriger Wert nachgewiesen werden kann.

Bei der Ermittlung nach dem Ertragswertverfahren kommt es zur Änderung bei der Ermittlung der Bewirtschaftungskosten. Statt der bisherigen pauschalen Ermittlung auf Basis eines Prozentsatzes der Jahresmiete werden die Bewirtschaftungskosten nun auf Basis der Quadratmeteranzahl, des Rohertrags und unter Aufschlüsselung auf Verwaltungskosten, Instandhaltungskosten und Mietausfallwagnis ermittelt. Außerdem werden die pauschalen Liegenschaftszinssätze herabgesetzt. Im Rahmen des Sachwertverfahrens wird die bisherige Ermittlung des Gebäudesachwerts angepasst. Neben dem zu berücksichtigenden Baupreisindex kommen nun ein Regionalfaktor sowie ein Alterswertminderungsfaktor hinzu. Außerdem ist eine Erhöhung der bisher angesetzten gesetzlichen Sachwertfaktoren vorgesehen. Ebenfalls geändert wird die Gesamtnutzungsdauer insbesondere für Ein- und Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke und Wohnungseigentum. Hier wird die Gesamtnutzungsdauer von 70 auf 80 Jahre erhöht.

Bei Eigentumswohnungen, Teileigentum oder Ein- und Zweifamilienhäusern kommt vorrangig das Vergleichswertverfahren zur Anwendung, wenn entsprechende Vergleichswerte vorliegen. Der Wert wird dabei aus zeitnahen Verkaufspreisen für Immobilien mit ähnlicher Lage, ähnlichem Baujahr, ähnlicher Wohnfläche usw. abgeleitet. Daher ergeben sich hier keine Änderungen.

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