Artikel erschienen am 07.06.2015
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Als Zahnärztin in den Anden

Von Dr. med. dent. Kathrin Berrisch, München

In den Anden locken spektakuläre Aussichten und wunderschöne Hochtäler immer mehr Touristen nach Peru. Dass die Realität auch andere Seiten hat, kann Dr. Kathrin Berrisch berichten. Nur wer Geld hat, wird medizinisch gut versorgt, und 48 % der Bevölkerung lebt unter dem Existenzminimum. Die niedergelassene Zahnärztin reiste 2014 nach Peru, um Menschen zu behandeln, die sich eine zahnmedizinische Versorgung nicht leisten können.

Dr. Kathrin Berrisch beim Hilfseinsatz in Peru

Für Kathrin Berrisch ist die Unterstützung von Hilfsprojekten schon immer selbstverständlich. Irgendwann wächst der Wunsch, nicht nur Geld, sondern auch Arbeitskraft zu spenden. Als Berrischs Kinder aus dem Gröbsten herausgewachsen sind, kann das Projekt Gestalt annehmen. Im Oktober 2013 reist die Münchnerin zu einem ersten Einsatz nach Kenia. Bereits im Flugzeug lernt sie das aus ganz Deutschland zusammengewürfelte Team kennen – bald wird aus Kollegialität echte Freundschaft.

Der Einsatz steht unter keinem guten Stern, die Organisation ist schlecht: „Wir haben in einem Umfeld mit hoher AIDS-Prävalenz gearbeitet. Ohne Wasser, Strom und Desinfektionsmittel konnten wir allenfalls Zähne extrahieren.“ Zurück in Deutschland beschließt das Team, es künftig in Eigenregie besser zu organisieren – die Geburtsstunde des Medihelp-International e. V. Das Konzept legt Wert auf die Vereinbarkeit von Engagement und Beruf. Es sollen Projekte mit einer Laufzeit von zwei bis vier Wochen organisiert werden – auch in Abgrenzung zu Institutionen wie „Ärzte ohne Grenzen“ mit deutlich längeren Einsätzen.

Neuer Anlauf – neuer Kontinent

Der Verein plant einen Einsatz in Burkina Faso. Alle Unterlagen sind da, doch dann wird die Lage durch Ebola prekär. Nun entstehen Kontakte nach Peru, und die Vorsitzende des Vereins schafft das Wunder, innerhalb von zweieinhalb Monaten alles umzuorganisieren – Arbeitserlaubnis, Genehmigungen vom Gesundheitsamt und vom Zoll, Flüge, Materialien.

Im November 2014 geht es los nach Cusco, rund 1 000 Kilometer von Lima entfernt und auf 3 416 Metern hoch gelegen. „Wir hatten fast alles dabei, darunter eine mobile Einheit, Zangen, Wurzelkanalinstrumente, sogar einen kleinen Kugelsterilisator. Und natürlich Zahnbürsten und Zahnpasta“, erzählt Berrisch. Viele Patienten und Patientinnen kommen aus einem Waisenhaus und einem Altenheim. Die Arbeit ist nicht immer einfach: „In dem Waisenhaus leben viele junge Mädchen, die haben z. T. noch nie Zahnbürsten gesehen und haben komplett kariöse Zähne. Als Mutter von Töchtern ist es nicht leicht, Mädchen mit zerstörten Frontzähnen zu behandeln.“ Der Erhalt der Zähne hat Priorität, daneben werden Füllungen gemacht oder Zähne extrahiert. Viel Zeit wird in die Prophylaxe investiert: „Wir hatten eine Zahnarzthelferin dabei, die den Kindern gezeigt hat, wie sie sich die Zähne putzen müssen. Natürlich hat jedes Kind eine Zahnbürste und Zahnpasta bekommen.“

Mit von der Partie sind die Tochter, die Spanisch spricht und übersetzt, sowie der Mann, der die allgemeinmedizinische Betreuung übernimmt. Ein zwölftägiger Einsatz in der dünnen Hochgebirgsluft ist ein harter Job, dennoch: „Die Menschen haben unsere Arbeit als ein Geschenk empfunden“, freut sich Berrisch. In Deutschland reifen nun Pläne für künftige Einsätze. Medihelp-International sammelt Spenden, aber auch medizinische Unterstützung wird gebraucht. Übrigens: Flüge und Unterbringung werden von den Mitreisenden selbst bezahlt, sodass jeder Cent bei den Hilfsprojekten ankommt. Vielleicht geht es das nächste Mal nach Indien – ein Kontakt ist bereits hergestellt. Eines ist für Kathrin Berrisch sicher: „Wir wollen auf jeden Fall weitermachen und es gibt genügend Länder, die Hilfe brauchen.“

Viele Menschen können sich eine zahnmedizinische Versorgung nicht leisten.

Spendenkonto

Medihelp-International e. V.
IBAN DE15701500001003127048

Fotos: Medihelp-International e.V., Panthermedia/Michal Knitl

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