Artikel erschienen am 29.02.2024
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Immer Ärger mit der Miete

Grenzen und Schranken der Mieterhöhung im Gewerberaummietverhältnis

Von Dennis Lang, Stuttgart | Julian N. Schidelko, Stuttgart

Der Beitrag soll die Möglichkeiten und Grenzen von Mieterhöhungen im Gewerberaummietverhältnis aufzeigen.

Foto: Adobe Stock / 1st footage

1. Index- und Wertsicherungsklauseln

Die im Gewerberaummietrecht gängigste Variante für Mieterhöhungen im laufenden Mietverhältnis sind Indexklauseln. Dabei wird angelehnt an den vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Verbraucherpreisindex für Deutschland (VPI) die Miete an die Inflationsentwicklung gekoppelt. Bei Erreichen eines bestimmten Schwellenwerts (meist 5 % oder 10 %) im Verhältnis zum Indexstand bei Beginn des Mietverhältnisses oder der letzten Änderung steigt die Miete dann im gleichen prozentualen Verhältnis der Indexsteigerung. Meist wird die Indexklausel so formuliert, dass sich die Miete bei Erreichung des Schwellenwerts automatisch ändert, ohne dass es eines separaten Aufforderungs- oder Informationsschreibens seitens des Vermieters bedarf. Vermieter sollten daher immer bei Indexänderungen das Erreichen möglicher vertraglicher Schwellenwerte im Blick haben, um ggf. auch rückwirkend eingetretene Mieterhöhungen geltend zu machen. Für Mieter besteht dadurch die unschöne Situation, dass bei einer automatischen Mietanpassungsklausel der Vermieter rückwirkend bis zu drei Jahren eingetretene Mietsteigerungen verlangen kann, ohne dass diesbezüglich zuvor eine Mitteilung über die eingetretene Mietsteigerung durch den Vermieter erfolgen muss. Wenn im Mietvertrag keine Begrenzung (z. B. 50% oder 75%) vereinbart ist, bildet die Indexklausel ungeschützt die komplette inflationsbedingte Steigerung des VPI ab, was bei einem Betrachtungszeitraum der letzten sechs Jahre schnell zu einer Mieterhöhung von über 20% führen kann.

Die formularvertragliche Vereinbarung von Wertsicherungsklauseln ist allerdings ausschließlich bei Gewerberaummietverhältnissen mit einer Laufzeit (einschließlich vereinbarter Optionen) von mehr als zehn Jahren zulässig. Hat der Mietvertrag einschließlich Optionen eine kürzere Laufzeit ist die Vereinbarung einer Wertsicherungsklausel unzulässig, wobei die Unwirksamkeit entsprechend § 8 des Preisklauselgesetzes (PrKG) erst nach gerichtlicher Feststellung der Unwirksamkeit eintritt und eine Rückforderung des Mieters aufgrund einer zeitlich unzulässigen Wertsicherungsklausel nur sehr begrenzt möglich ist. Dennoch empfiehlt es sich, die Unwirksamkeit aufgrund der Nichteinhaltung der Mindestlaufzeit von zehn Jahren zu prüfen und ggf. geltend zu machen, da der Vermieter im Verhandlungswege bestrebt sein wird, eine einvernehmliche Ersatzlösung zu finden, die dem Mieter einen gewissen Verhandlungsspielraum eröffnen wird. Aus der zeitlichen Mindestbindungsfrist folgt, dass eine Unwirksamkeit der Wertsicherungsklausel auch dann besteht, wenn der Mietvertrag nicht die gesetzliche Schriftform entsprechend § 550 BGB einhält. Es lohnt sich deshalb auch bei langlaufenden Verträgen immer, hier die Vertragsdokumentation eingehend genau auf Schriftformmängel zu prüfen, um eine Verhandlungslösung mit dem Vermieter zu erreichen. Enthält die Indexklausel lediglich einen Anpassungsvorbehalt oder keine sonstige automatische Erhöhung, dann kann der Vermieter die Indexänderung erst ab Zugang eines Anpassungsverlangens gegenüber dem Mieter geltend machen – eine rückwirkende Geltendmachung von Indexsteigerungen ist in diesem Fall ausgeschlossen. Auch ist ein einseitiger Anpassungsvorbehalt, der nur eine Steigerung bei steigendem Index und keine Weitergabe von Reduzierungen bei sin-kendem Index vorsieht, ist unwirksam. Weiter macht es sich oft bezahlt, formularvertraglich vereinbarte Wertsicherungsklauseln auf ihre Bestimmtheit zu überprüfen – hier gibt es viele Fallstricke, die zu einer Unwirksamkeit einer Indexklausel führen können. Immer ergeben sich aus derartigen Zweifeln bezüglich der Wirksamkeit einer Wertsicherungsklausel für den Mieter Verhandlungsperspektiven.

2. Staffelmieten

Eine von der Inflationsentwicklung abgekoppelte und einfach zu handhabende Lösung ist die Vereinbarung von Staffelmieten mit einer von vornherein festgelegten prozentualen Steigerungsrate. Im Unterschied zum Wohnraummietrecht braucht dabei die konkrete Höhe des Zahlungsbetrags der Staffel nicht angegeben werden, sondern es genügt die Angabe einer prozentualen jährlichen Steigerung. Damit können beide Parteien Planungssicherheit erreichen, indem z.B. eine jährliche Mietsteigerung von 2% oder 3% vereinbart wird. Gerade der Mieter kann sich dadurch auf fixe Mietzinssteigerungen einstellen und ist unabhängig von etwaigen inflationsbedingten Sondersituationen. Für den Vermieter ist die Vereinbarung ein zweischneidiges Schwert, da er gerade in starken Inflationsphasen wie jetzt reale Kaufkraftverluste durch eine zu niedrig angesetzte Staffelmietvereinbarung erleidet.

3. Modernisierungsmiethöhung

Die aus dem Wohnraummietrecht oftmals bekannten Modernisierungsmieterhöhungen sind im Gewerberaummietverhältnis untypisch. Diese werden durch die Vereinbarung einer Index- oder Staffelmiete weitgehend ausgeschlossen. Es finden sich allerdings vermehrt vertragliche Vereinbarungen, die bei einer grundlegenden energetischen Modernisierung des Mietobjekts zusätzlich zu einer ohnehin bereits vereinbarten Wertsicherungsklausel eine Umlagemöglichkeit in Höhe von bis zu 15% der Jahresmiete vorsehen. Derartige Klauseln sollten vom Mieter in der Regel nicht akzeptiert werden, da die Belastung dadurch auf die Gesamtdauer des Mietverhältnisses nahezu unkalkulierbar wird.

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