Artikel erschienen am 24.06.2021
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Die Zukunft in der Gegenwart planen

Warum die Beantwortung wichtiger Fragen von morgen für Unternehmen und Unternehmer heute so entscheidend ist

Von Dorit Niemeyer, Hannover | Volker Wagschal, Hannover

Welche Rolle spielt die Standortbestimmung?

Niemeyer: Es ist schwierig, wenn man nicht weiß, wohin man will. Egal, ob man in einer Krise ist oder nicht, es ist immer von Bedeutung, sich die Frage zu stellen: Wo stehen wir eigentlich, und zahlt das, was ich gerade tue, überhaupt noch auf meine Ziele ein? Wir haben festgestellt, dass es sowohl im privaten als auch im beruflichen Bereich wichtig ist, dies immer wieder infrage zu stellen – und zu reflektieren.

Wagschal: Viele sind privat und beruflich sehr aktiv, nehmen sich dabei aber nur selten zurück und bedenken ihre eigentlichen Ziele. Wo steht man mit dem aktuellen Weg in fünf Jahren; und was passiert, wenn ich strategisch nichts verändere? Nur weil ich heute erfolgreich bin, heißt das lange nicht, dass ich das auch in fünf Jahren noch bin. Die Standortbestimmung ist also der Ausgangspunkt.

Um welche Arten von Zielen geht es dabei?

Niemeyer: Das ist ganz individuell. Was möchte man vom Leben tatsächlich? Oft geht es vor allem erst einmal um persönliche Ziele – natürlich spielen ebenfalls strategische Ziele im Unternehmen eine große Rolle. Entscheidend ist: Wie erreiche ich meine Ziele eigentlich?

Wagschal: Erst einmal muss man sich ein Bild davon machen, was überhaupt das Ziel ist. Manche sagen etwa: Sie wollen erfolgreich sein. Aber, wann ist man denn erfolgreich? Woran macht man das fest? In der Folge werden schließlich Unternehmensziele formuliert: Wohin will das Unternehmen wachsen? Wie will ich das Unternehmen führen? Habe ich eine Nachfolgeplanung? Um jene Fragen sollte man sich frühzeitig Gedanken machen.

Was bringe ich als Unternehmen oder Unternehmer in eine Beratung mit? Wie bereite ich mich vor?

Wagschal: Die Ziele, Werte & Co. werden im Gespräch klarer, insofern kann man erst einmal völlig unvorbereitet in eine Beratungssituation gehen. Was natürlich nicht heißen soll, dass man sich nicht auch vorher schon Gedanken über Themen macht, die einem persönlich wichtig sind. Letztendlich schaut man gemeinsam: Wo steht man eigentlich gerade. Was belastet mich? Was bewegt mich?

Haben die mit der Corona-Pandemie verbundenen Umstände Einfluss auf die Themen, die Unternehmen und Unternehmer beschäftigen?

Wagschal: Viele sind in den vergangenen Monaten sensibler geworden – haben festgestellt, dass sich von jetzt auf gleich alles verändern kann. Gleichwohl führt dies einerseits zu mehr Fokussierung auf das Wesentliche und andererseits zu mehr Offenheit für Neues. Nicht nur „Höher, schneller, weiter!“, sondern: Wie geht es einem auf diesem Weg? Entschleunigung ist hier ebenfalls ein Stichwort.

Niemeyer: Manche Unternehmen merken jetzt in der Corona-Pandemie, dass sie ihr Geschäftsmodell verändern müssen, etwa, weil es nicht mehr richtig funktioniert. Zeitgleich tun sich neue Chancen auf den Märkten auf, die ergriffen werden sollten.

Wagschal: Im vergangenen Jahr ist noch deutlicher geworden, wie wertvoll Zeit eigentlich ist. Daher suchen viele nicht nur punktuell nach einer Beratung für ein bestimmtes Projekt oder eine einzelne Lösung, vielmehr wünschen sie sich stattdessen eine permanente Begleitung, um Ressourcen richtig einzusetzen. Und dabei eben auch ihre Zeit.

Was kann und sollte alles geplant werden?

Wagschal: Eigentlich sollte man sich alle wichtigen Fragen einmal gestellt haben. Neben der persönlichen Lebensplanung ist da die private Finanz- und Vermögensplanung essenziell. Wie viel Vermögen muss ich aufbauen oder wie viel Einkommen muss ich haben, damit ich im fortgeschrittenen Alter meine Vorsorge gesichert habe? Dabei zählt neben wirtschaftlichen Gedanken auch schlichtweg das gute Gefühl, dass man vorbereitet ist.

Niemeyer: Sofern man ein Unternehmen hat oder Unternehmer ist, gilt der Fokus auch der Unternehmensplanung: Vision, Mission, strategische Ziele, Liquiditäts- und Rentabilitätsplanung. Sowie: Wie regele ich die Unternehmensnachfolge? Manch einer fängt erst mit 60 oder 80 an sich darüber Gedanken zu machen – viele Dinge sind dann noch überhaupt nicht vorbereitet. Dabei gibt es viele Fragen, die man sich schon zehn Jahre früher stellen sollte: Zu welchem Preis möchten Sie später Ihr Unternehmen verkaufen? Gibt es geeignete Nachfolger-Kandidaten? So können rechtzeitig Strukturen geschaffen werden, damit ein späterer Exit gut realisierbar ist.

Warum ist die übergeordnete Strategie so wichtig?

Wagschal: Ich vergleiche das gerne mit einer Reise, die man unternimmt. Man möchte gerne in den Süden – in die Sonne. Jetzt kann ich mich ins Auto setzen und einfach mal losfahren. Ich weiß nicht was kommt, was ich eingepackt habe und auf welchem Wege ich am besten ankomme. Dabei gibt es ja eigentlich unterschiedliche Optionen: Nehme ich das Auto, den Zug, ein Flugzeug? Was nehme ich mit? Gibt es Zwischenstopps? Wege gibt es einige – und mit einer bedachten Strategie entscheidet sich, welcher am sinnvollsten ist. So muss nicht jeden Tag alles über den Haufen geworfen werden, denn es gibt einen übergeordneten Plan. Stärken und Schwächen werden reflektiert, Geschwindigkeiten angepasst.

Was ist auf diesem Weg zu beachten?

Wagschal: Es geht um den besten Verlauf vom Ist-Zustand bis hin zur Verwirklichung der Ziele. Unter dem Gesichtspunkt „smart“ wissen wir ja auch, dass die Ziele so formuliert sein sollten, dass sie bewertbar, erreichbar sowie nachvollziehbar sind. Auch sollten die Mitmenschen, Familie, Mitarbeitende, Gesellschafter, Geschäftsführer und weitere abgeholt sein. Eine damit verbundene Kommunikation sollte so gestaltet sein, dass alle das Gleiche verstehen. Nicht zu komplex, sondern transparent und auf den Punkt gebracht. Was auch zählt, ist es, die Beteiligten, die Mitspieler, die Kollegen für diesen Weg zu begeistern.

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