Artikel erschienen am 18.05.2015
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Funktionell-plastische Chirurgie der Nase und des Nasennebenhöhlensystems

Von Dr. med. Hans-Joachim Graf, Hannover

Zur Behandlung chronischer Nasenatmungsbehinderungen und deren Folgen für die Gesundheitssituation und die Lebensqualität stehen dem Rhinochirurgen heute sehr sichere mikroendoskopische Verfahren zur Verfügung, die im Hinblick auf ein langfristig zufriedenstellendes Ergebnis in allen mit diesem Problem befassten HNO-Abteilungen Standard sein sollten. Gleichwohl gehören diese minimalinvasiven Verfahren stets in die Hände sehr erfahrener Operateure, da wichtige Strukturen innerhalb des anatomisch definierten Operationsbereiches liegen und keinesfalls durch den Eingriff in Mitleidenschaft gezogen werden dürfen.

Diagnostik und Behandlung

Nach sorgfältiger Untersuchung und vollständiger Abklärung des Problems unterstützt durch endoskopische und mikroskopische Verfahren, ergänzt durch Ultraschall- und sonstige bildgebende Diagnostik, z. B. Computertomografie, kann ein präzises Behandlungskonzept entwickelt und vorgeschlagen werden.

Optional besteht in einigen Fällen auch die Möglichkeit einer erfolgreichen konservativen Therapie, deren langfristige Wirksamkeit aber nur selten genau eingeschätzt werden kann. Insbesondere sollten Verdachtsmomente für allergische Ursachen berücksichtigt und ggf. genau abgeklärt werden.

Da Atmungsstörungen mitunter auch für Störungen der Schlafarchitektur bis hin zu obstruktivem Schnarchen und nächtlicher Apnoe verantwortlich sein können, ist auch dieser Aspekt der Gesundheitsvorsorge bedeutsam.

Nasenmuschelvergrößerung

Die Nase ist als wichtiges „Klimatisierungs- und Filterorgan“ durch unsere zivilisierte Lebenssituation enormen Anforderungen ausgesetzt. Der permanente Aufenthalt in aufgeheizter und oftmals viel zu trockener Luft, wie wir sie in unseren Arbeits- und Wohnräumen regelmäßig antreffen, Infektionsperioden und externe Noxen führen regelmäßig zu einer dauerhaften Irrita­tion der Nasenschleimhäute und in der Konsequenz schließlich zu einer ständigen Verengung des Nasendurchganges, hervorgerufen durch eine „Dauerschwellung“ der Nasenmuscheln. Der häufige Gebrauch abschwellender Nasensprays verstärkt und manifestiert das Problem und ist somit keine Lösung.

Moderne Diodenlasersysteme lösen oftmals ohne größeren Aufwand und ohne Risiko das Problem, wenn nicht weitere Schwierigkeiten hinzutreten. Ein Nasenmuscheleingriff mittels Laser ist ambulant und schmerzfrei innerhalb von 30 Min. durchführbar. Nach dem Eingriff sind keinerlei Einschränkungen zu erwarten. Es besteht sofortige Arbeitsfähigkeit. Auch Sport ist sofort möglich.

Nasenscheidewandverbiegung

Die knorpelig-knöcherne Nasenscheidewand (Septum) trennt idealerweise beide Nasenseiten in gleich große Durchflussstrecken für die Atemluft. Besteht eine funktionell wirksame Verbiegung (Deviation), so ist an die Durchführung einer plastischen Korrektur zu denken. Der Eingriff kann rein mikrochirurgisch durchgeführt werden, wobei eine Allgemeinnarkose zum Einsatz kommt. Etwa ein bis zwei Tage Klinikaufenthalt sind die Regel. Schmerzen sind nicht zu erwarten, zumal im Rahmen der modernen Mikrochirurgie auf Tamponaden grundsätzlich verzichtet werden kann.

Nasennebenhöhlenentzündungen

Kieferhöhle, Stirnhöhle, Siebbeinzellen und Keilbeinhöhle bilden das Nasennebenhöhlensystem. Wenn auch die genaue Bedeutung des funktionell-anatomischen Konzeptes noch nicht vollständig erschlossen ist, so wissen wir doch um die Wechselwirkungen der Nasennebenhöhlen mit dem Nasenraum, der Umwelt, dem Immunsystem, der Stimmbildung (Resonanzeinheiten), der Belüftungs- und der Sekretdrainage. Wichtige Nerven und Blutleiter liegen in unmittelbarer Nähe. Das Riechvermögen und der Feingeschmack hängen von einem funktionsfähigen Gesamtsystem ab, dessen einzelne Komponenten nicht isoliert betrachtet werden sollten. Haben sich „Nasenpolypen“ gebildet, so ist von einer chronischen Entzündung der Nasennebenhöhlen, zumindest partiell, auszugehen. Versagen konservative Behandlungsoptionen, ist ein operativer Eingriff zu diskutieren. Dabei werden sog. Engstellen eröffnet und beseitigt und die Polypen – als krankhafte und zumeist gutartige „Wucherung“ – gleichzeitig mit Mikroinstrumentarium entfernt. Ziel ist die Wiederherstellung einer dauerhaft zuverlässigen Belüftung und Drainage zur Wiedergewinnung einer guten Lebensqualität. Das chirurgische Vorgehen erfolgt dabei unter Anwendung von Mikroskopen und bildvergrößernden Endoskopen, die auch einen sicheren Blick „um die Ecke“ erlauben.

Plastisch-ästhetische Nasenchirurgie

Neben funktionellen Aspekten, die auch in der Formgebung der äußeren Nase ihren Ausdruck finden, spielen persönliche Ansprüche an die Nasenform eine nicht zu unterschätzende Rolle. So führt eine „hängende Nasenspitze“ oftmals zu einer erheblichen Atmungsstörung. Verformungen der Nasenspitze und stattgehabte auch frühkindliche Traumata des Nasengerüstes können die Funktion erheblich beeinträchtigen. Eine permanente Unzufriedenheit mit dem äußeren Erscheinungsbild beeinträchtigt die Selbst- und evtl. auch die Außenwahrnehmung und belastet die Lebensqualität.

Beispiel einer typverändernden Gesamtwirkung

Der erfahrene und plastisch ausgebildete Rhinochirurg wird durch intensive Gespräche mit der Patientin/dem Patienten zu klären haben, ob ein funktionell-plastisch-ästhetischer Eingriff das Problem lösen kann. Nach genauer Analyse und unter Berücksichtigung aller Risikofaktoren ist dann eine Entscheidung herbeizu­- führen. Auch hierbei gilt: Form follows function! Das postoperative Ergebnis sollte nicht typverändernd sein, einen operierten Eindruck vermeiden und alle Komponenten des persönlichen und individuellen Gesichtes ausbalancieren. Nur wenn sich Patient und Operateur wirklich verstehen, kann das Wunschergebnis mit hoher Sicherheit erreicht werden.

Beispiel einer funktionellen Spannungsnase/Höcker-Langnase

Die operative Vorgehensweise hat die Eigenheiten und das komplexe Zusammenspiel aller Gewebekomponenten zu berücksichtigen. Kleinere Korrekturen lassen sich oftmals in „geschlossener Technik“ durchführen, wobei der Zugang keine äußeren Narben induziert. Sind größere Veränderungen an der Nasenspitze und am Nasengerüst erforderlich, so erfolgt der Zugang oft über einen externen Zugangsschnitt am Nasensteg, der i. d. R. aber nahezu unsichtbar verheilt.

Höckerabtragung

Die Komplexität der Verbindung zwischen ästhetischen und funktionellen Aspekten erfordert eine zunehmende Spezialisierung der Fachdisziplinen, insb. in der Rhinochirugie. Ein ständiger Austausch über nationale und internationale Foren sowie die kontinuierliche Teilnahme an Operationskursen und Fachkongressen gehört zur Pflicht eines jeden Rhinochirurgen, der die Anliegen seiner Patientinnen und Patienten wertschätzt. Die Medizin ist von stetiger Fort- und Weiterentwicklung geprägt. Spezialisierungen innerhalb der Fachrichtungen sind und bleiben notwendig, um einen hohen Standard der Behandlungen und der Behandlungsergebnisse auch in Zukunft für unsere Patientinnen und Patienten zu sichern.

Foto: Panthermedia/decade3d, Dr. med. Hans-Joachim Graf

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