Steuerfalle Schuldenschnitt

Wieso eine Unternehmenssanierung steuerlich gut geplant sein muss

Von Dipl.-Kfm. Jens von Mach, Braunschweig und Magdeburg

Gründe dafür können erfolglose wirtschaftliche Wagnisse sein, aber vor allem auch äußere Umstände, die der Unternehmer nicht beeinflussen kann. So ist etwa mit der Covid-19-Pandemie die Zahl der Unternehmen im Dauerkrisenmodus stark angestiegen. Die Unternehmen behelfen sich in solchen Notlagen oft mit Bankdarlehen. In den meisten Fällen gelingt es, diese rasch zurückzuzahlen und das Unternehmen in sicheres Fahrwasser zurückzuführen. Manchmal reicht die wirtschaftliche Kraft des Unternehmens aber kaum für die Zinszahlungen. In diesen Fällen gelingt es vielen Unternehmen gemeinsam mit ihren Beratern einen Schuldenschnitt mit den Gläubigern auszuhandeln, insbesondere, wenn die beteiligten Kreditinstitute überzeugt werden können, dass sie so zumindest ein Teil ihres ansonsten ausfallenden Darlehens retten können. Auf steuerlicher Ebene können solche Schuldenschnitte aber auf Seiten des Unternehmens zu einem Bilanzgewinn respektive einer Betriebseinnahme und damit zu höheren Steuern führen. Das kann zur Folge haben, dass das Finanzamt einen erheblichen Teil der erlassenen Verbindlichkeiten als Steuer fordert.

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Eine solche Steuerfalle lässt sich nur mit sorgfältiger Planung der Unternehmenssanierung vermeiden. Das Gesetz regelt in § 3a EstG das sogenannte Sanierungserträge – also Schuldenerlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung – steuerfrei bleiben müssen. Das gilt aber nur dann, wenn das Unternehmen nachweisen kann, dass eine unternehmensbezogene Sanierung stattgefunden hat. In der Praxis zeigt sich, dass sich die Finanzämter mit der Anerkennung einer unternehmensbezogenen Sanierung ausgesprochen schwertun. Dies liegt auch daran, dass in der Tat viele Fragen zu den Sanierungserträgen noch durch die Finanzgerichte geklärt werden müssen.

Voraussetzungen der Steuerfreiheit

Dreh- und Angelpunkt der Auseinandersetzung mit dem Finanzamt ist oft die Frage, ob das Unternehmen überhaupt sanierungsbedürftig im Sinne des Gesetzes gewesen ist. Sanierungsbedürftigkeit liegt nur dann vor, wenn das Unternehmen ohne den Schuldenerlass nicht wirtschaftlich fortgeführt werden kann. Hier helfen zum Nachweis die harten Zahlen: Der Steuerpflichtige muss gegenüber dem Finanzamt und gegebenenfalls vor dem Finanzgericht anhand eines geeigneten Zahlenwerkes zeigen können, dass sich das Unternehmen ohne den Schuldenschnitt nicht hätte weiterführen lassen. Es muss also nicht weniger als eine umfassende betriebswirtschaftliche Prognose anstellen. Eng mit der Sanierungsbedürftigkeit sind zwei weitere Voraussetzungen verbunden, namentlich die Sanierungsfähigkeit und die Sanierungseignung. Hier obliegt es dem Unternehmen nachzuweisen, dass es mit dem Schuldenschnitt wieder wirtschaftlich geführt werden kann. Anders ausgedrückt muss der Unternehmer also zeigen, dass die erlassenen Verbindlichkeiten ursächlich für die wirtschaftliche Schieflage gewesen sind und erst ihr Wegfall dazu geführt hat, dass das ehemals kranke Unternehmen nun wieder gesundet ist. Nicht zuletzt muss der Unternehmer nachweisen, dass die an der Sanierung beteiligten Gläubiger dem Schuldenerlass deswegen zustimmen, weil sie die Absicht verfolgen, das Unternehmen zu sanieren. Das wird wohl zumindest indiziert, wenn sich alle Gläubiger an der Sanierung beteiligen. Aber auch die Beteiligung eines einzigen Gläubigers kann für die Einordnung als steuerfreien Sanierungsgewinn ausreichen. Hier sollte dann aber dokumentiert werden, warum der Gläubiger der Sanierung und dem Schuldenschnitt zugestimmt hat. Dieser muss nicht notwendig selbstlos handeln. Auch egoistische Motive – wie etwa der Erhalt einer Teilbefriedigung – stehen der Steuerfreiheit nicht entgegen.

Probleme im Zusammenhang mit Sanierungserträgen

Hier verbergen sich allerdings zahlreiche Schwierigkeiten. Die Sanierung eines Unternehmens geht oft auch mit anderen Methoden einher als einem Schuldenschnitt. Hierzu gehören etwa Preisanpassungen, Personalveränderungen oder Standortzusammenlegungen. Fallen diese unternehmerischen Veränderungen mit einem Schuldenschnitt zusammen, muss der Unternehmer dokumentieren, dass nicht allein die betriebswirtschaftlichen Veränderungen ursächlich für die Verbesserung der Leistungsfähigkeit sind, sondern der Schuldenerlass zusätzlich benötigt wird. Der Unternehmer muss also den Beitrag jeder betriebswirtschaftlichen Maßnahme beziffern und ins Verhältnis zur Leistungsfähigkeit des Unternehmens setzen. Ein anderes Problem verbirgt sich bei der Ermittlung der Leistungsfähigkeit des Unternehmens selbst. Während auf der Hand liegt, dass die Gehaltszahlungen für den Fremdgeschäftsführer einer GmbH bei der Ermittlung der Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen sind, ist derzeit noch unklar, wie die Leistungsfähigkeit eines Einzelunternehmens zu ermitteln ist. Ob hier – wie wir meinen – ein fiktiver marktüblicher Unternehmerlohn einzustellen ist oder – wie die Finanzämter zum Teil meinen – der Unternehmer stattdessen nur den ALG-2-Satz in die Leistungsberechnung einstellen darf, ist jedenfalls noch nicht abschließend geklärt.

Erstellung eines Sanierungsplans

Im Besteuerungsverfahren obliegt es grundsätzlich immer dem Finanzamt, alle für die Besteuerung notwendigen Tatsachen zu ermitteln. Der Unternehmer muss hieran nur mitwirken, etwa indem er dem Finanzamt die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung stellt, seine Steuererklärungen einreicht und Rückfragen beantwortet. Ausgerechnet bei den Sanierungserträgen ist der Gesetzgeber von diesem Prinzip abgewichen, indem er allein dem Steuerpflichtigen in § 3a Abs. 2 EStG aufgebürdet hat, den Nachweis selbständig und aus eigener Kraft zu führen. Zwar betonen die Finanzgerichte und die steuerrechtliche Literatur immer wieder, dass die Anforderungen an den Nachweis nicht überspannt werden dürfen. In der Praxis führt diese für das Steuerrecht ungewöhnliche Verteilung der subjektiven Beweislast dazu, dass die Finanzämter sich darauf beschränken, den Nachweis des Steuerpflichtigen anzugreifen, selbst aber keine Ermittlungen anstellen. Bewährt hat sich an dieser Stelle die Erstellung eines Sanierungsplans, mit welchem nach unserer Erfahrung die besten Chancen bestehen, dass die Finanzämter die unternehmensbezogene Sanierung ohne großen Widerstand anerkennen. Damit kann oft nicht nur die von den Unternehmen begehrte Steuerbefreiung erreicht, sondern auch die Beratungs- und Abwehrkosten möglichst geringgehalten werden. Das setzt aber voraus, dass frühzeitig entsprechende spezialisierte Berater in die Sanierungsbemühungen eingebunden werden und durch die begleitende Erstellung eines vom Finanzamt anzuerkennenden geeigneten Sanierungsplans die Bemühungen des Unternehmers begleiten. Wird der steuerliche Berater erst zu einem späteren Zeitpunkt hinzugezogenen kann es sein, dass die für das Finanzamt erforderliche Dokumentation der Sanierung nicht mehr gelingt und stattdessen über viele Einzelfragen mitunter vor Gericht gestritten werden muss.

Fazit

Zur Sanierung eines Unternehmens gehören nicht nur erfolgreiche Verhandlungen mit den Gläubigern, sondern auch eine sorgfältige steuerliche Beratung und idealerweise die Erstellung eines geeigneten Sanierungsplans. Je früher die steuerlichen Berater hinzugezogenen werden, desto höher ist die Chance, dass der vom Unternehmen geschuldete Nachweis der unternehmensbezogenen Sanierung gelingt und die steuerlichen Unsicherheiten umschifft werden können. Unternehmer sollten deswegen eine anstehende Sanierung gut planen und sich frühzeitig Gedanken über die Auswirkungen der Sanierung auf steuerlicher Ebene machen. In vielen Fällen kann so ein optimales Ergebnis erreicht werden.

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