Artikel erschienen am 21.12.2015
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Erbbaurecht als Teil des Immobilienportfolios von Stiftungen

Von Dr. iur. Matthias Nagel, Berlin

I. Grundsätze des Erbbaurechts

Sofern man über die Zurverfügungstellung von Land im Wege des Erbbaurechts als Alternative zum Verkauf nachdenkt, sollte man sich der eigenen Intentionen und Erwartungen bewusst werden. Das Erbbaurecht lohnt sich in Lagen mit niedrigen Bodenwerten i. d. R. nicht, da es nicht am Markt zu platzieren ist. Spielt beim Erwerb eines Hauses der Bodenwert keine Rolle, ist das Erbbaurecht wirtschaftlich nur sehr bedingt interessant und zwar sowohl für den Erbbaurechtsgeber als auch für den Erbbaurechtsnehmer. Insofern ist es kein Instrument, das für jede Institution gleich geeignet ist. Neben der regelmäßigen relativ sicheren Einnahme des Erbbauzinses behält man als Institution eine spätere Einflussmöglichkeit auf die zu Erbbaurecht vergebene Fläche und verhindert im Weiteren Bodenspekulationen mit einer weiteren Erhöhung der Bodenpreise und kann somit auch beruhigend auf den Bodenmarkt wirken.

Dabei ist das Grundprinzip des Erbbaurechts ganz einfach: Auf einem Grundstück gibt man einem anderen das Recht, ein Haus in seinem Eigentum zu bauen. Daher belastet man sein Eigentum mit einem Erbbaurecht, für das ein Erbbaugrundbuch angelegt wird. Diese grundbuchliche Trennung ist insbesondere wichtig, damit Belastungen auf dem Erbbaurecht, das Grundstückseigentum nicht belasten. Für die Belastung des Eigentums mit einem Erbbaurecht bekommt man einen Erbbauzins und generiert somit eine regelmäßige Einnahme. Dabei finden sich alle wesentlichen Regelungen im Erbbaurechtsgesetz (ErbbauRG).

II. Das Erbbaurecht als vermögenswirtschaftliches Instrument

Bevor man darüber nachdenkt, ob man seine Flächen im Wege des Erbbaurechts anbietet, sollte man sich über die Vor- und Nachteile im Klaren sein.

1. Vorteile des Erbbaurechts für den Erbbaurechtsausgeber/Grundstückseigentümer

1.1 Institution bleibt Grundstückseigentümer

Die Institution, die sich für diesen Weg entscheidet, bleibt Eigentümer des Grundstückes und erhält somit ihr Vermögen auch für spätere Zeiten in sehr sicherer Art und Weise. Zudem vermehrt sich ggf. dieses Grundvermögen, da die Grundstücke i. d. R. im Wert steigen.

1.2 Regelmäßige Einnahme über Erbbauzinsen

Gleichzeitig erzielt man einen regelmäßigen Erbbauzins als Einnahme. Dies bedeutet, dass man als Grundstückseigentümer neben der positiven Vermögensentwicklung noch weiterhin regelmäßige Einnahmen zusätzlich generiert.

1.3 Einnahmesteigerungen über Wertsicherungsklauseln

Diese Einnahmen sind i. d. R. bzw. sollten über eine Wertsicherungsklausel aufgrund der langen Laufzeit der Verträge inflationsbedingt wertgesichert sein, in dem man z. B. den Erbbauzins alle 3 oder 5 Jahre an die Entwicklung des Verbraucherpreiskostenindex anpasst. Dies bedeutet, dass sich während der Laufzeit des Vertrages die absolute Einnahme an Erbbauzinsen auch noch regelmäßig steigert und man darüber inflationsbedingte Mehrkosten auffangen kann. Der kürzeste zu vereinbarende Anpassungszeitraum beträgt bei privat genutzten Erbbaurechten 3 Jahre (§ 9a Abs. 1 S. 5 ErbbauRG), gewerbliche Erbbaurechte könnten sogar jährlich angepasst werden.

1.4 Zustimmungsvorbehalte bei Weiterverkauf des Erbbaurechts

Ein nicht zu unterschätzendes Argument ist zudem, dass man als Grundstückseigentümer Entwicklungen auf seinen Grundstücken weiter beobachten und im schlimmsten Fall sogar verhindern kann. In den §§ 5 bis 7 ErbbauRG sind Zustimmungsvorbehalte beispielsweise beim beabsichtigten Verkauf des Erbbaurechts für den Grundstückseigentümer normiert. Gegebenenfalls sollte man dabei bestimmte Anforderungen, die man bei einem Erbbauberechtigten erfüllt sehen möchte, im Erbbaurechtsvertrag normieren, da ansonsten die Gründe für eine Nichtzustimmung auf rein wirtschaftliche Faktoren beschränkt sind.

2. Nachteile des Erbbaurechts für den Grundstückseigentümer

2.1 Schlechte Verzinsung von Erbbaurechten

Vor allem historische Erbbaurechte leiden oft an einer schlechten Verzinsung. Der Erbbauzins hat mit der Entwicklung der Bodenpreise nicht mehr Schritt gehalten. Dies bedeutet, dass man in solchen Fällen darüber nachdenken muss, ob man sich aus wirtschaftlichen Gründen nicht doch vom Grund und Boden trennt. Dabei kann es durchaus richtig sein, sich dann auch von vorhandenen Erbbaurechten zu trennen. Allerdings sollte über ein Reinvest in neue und dann vernünftig verzinste Erbbaurechte aus den o. g. Gründen nachgedacht werden. Zudem sollte auch bei einer aktuellen schlechten Verzinsung die strategische Bedeutung des Grund und Bodens im Auge behalten werden.

2.2 Kappungsgrenze des § 9a ErbbauRG

Im Weiteren ist aus wirtschaftlicher Sicht auch die gesetzliche Kappungsgrenze nach § 9a ErbbauRG zu nennen. Diese beinhaltet – vereinfacht dargestellt – dass ein Erhöhungsverlangen nicht über die gleiche Entwicklung der Bruttolöhne im gleichen Zeitraum hinausgehen darf. Besteht also z. B. eine Inflationsklausel und die Inflation betrüge
7 %, im gleichen Zeitraum sind aber die Bruttolöhne nur um 5 % gestiegen, darf man trotz der anderen, eigentlich besseren Regelung im Vertrag den Erbbauzins nur um 5 % anpassen. Dies ist insbesondere in Zeiten höherer Inflation und niedriger Lohnabschlüsse von Bedeutung. Dies belastet natürlich ggf. die Rentabilität des eigenen Erbbaurechts.

2.3 Risiko von hohen Entschädigungs­leistungen am Ende des Vertrages

Bei privaten Erbbaurechten sind i. d. R. zum Vertragsende Regelungen vereinbart, dass bei einer Nichterneuerung des Erbbaurechts der Grundstückseigentümer dem Erbbauberechtigten eine Entschädigung für sein Haus zu zahlen hat. Dabei wird meistens eine Entschädigungshöhe von 2/3 des Verkehrswertes des Hauses vereinbart. Hier können im Einzelfall erhebliche Entschädigungsleistungen zu leisten sein. Im Notfall kann man eine mögliche Entschädigung verhindern, indem der Erbbaurechtsvertrag gem. § 27 Abs. 3 ErbbauRG auf die Standdauer des Gebäudes verlängert wird. Allerdings kann man in diesen Fällen den Erbbauzins nicht an die neue wirtschaftliche Lage anpassen. Zudem muss man sich vor Verhandlungen über eine Erneuerung des Erbbaurechts für diesen Weg bereits entschieden haben. In der Regel wird jedoch bei ablaufenden Verträgen der Abschluss eines neuen Erbbaurechtsvertrags von beiden Seiten angestrebt.

2.4 Imageproblem in der Öffentlichkeit im Falle von regelmäßigen Erhöhungen

Im Weiteren nicht zu unterschätzen ist der Fakt, dass Erhöhungsverlangen, insbesondere wenn der Erhöhungssatz z. B. nach einem Zeitraum von 10 Jahren besonders hoch ist, oder bei der Erneuerung von Erbbaurechten, in der Öffentlichkeit die Meinungen gegen den Erbbaurechtsausgeber gerichtet werden können. Hier wird viel mit der sozialen Komponente des Erbbaurechts argumentiert. Solange dabei das Erbbaurecht nicht von Anfang an einen sozialen Zweck erfüllen sollte, ist diese Argumentation zwar rechtlich und inhaltlich fehl am Platze, aber hier kann man als Institution unter öffentlichen Druck geraten.

III. Praktische Besonderheiten bei der Verwaltung von Erbbaurechten

Es soll noch kurz auf ein paar Besonderheiten bei der Verwaltung von Erbbaurechten eingegangen werden. Erbbaurechtsverwaltung ist keine Mietverwaltung und Fehler bei der Verwaltung können aufgrund der dinglichen Sicherung vieler Rechte weitreichende Folgen haben.

1. Wahrung der dinglichen Rechtsposition

Als Grundstückseigentümer muss man darauf achten, seine dinglichen Rechtspositionen zu wahren. Der Erbbauzins, aber auch die Erhöhungsbeträge, sind an erster Rangstelle zu sichern. Bei Belastungen des Erbbaugrundbuches ist zu prüfen, ob die geplanten Belastungen sich auch wirklich nur auf das Bauwerk beziehen. Abzuwägen ist dabei aber auch, dass das Eigentum unbelastet bleibt.Des Weiteren muss man bei Verkäufen des Erbbaurechtes darauf achten, dass der Erwerber in alle Rechte und Pflichten des Erbbaurechtsvertrages und insbesondere möglicher Nachtragsverträge, z. B. wegen einer Wertsicherung, eingetreten ist.

2. Eigentümerverantwortung wahrnehmen

Bei einer Erbbaurechtsbestellung muss man zudem seine Eigentümerverantwortung wahrnehmen. Alle für den Grundstückseigentümer relevanten Belange, insbesondere die Nutzungsart, sollte man bereits im Erbbaurechtsvertrag normieren. Dies ist insbesondere wichtig für die Zustimmungsvorbehalte nach den §§ 5 bis 7 ErbbauRG im Falle der Weiterveräußerung.

Im Weiteren muss man regelmäßig im Blick haben, wann und in welcher Höhe Wertanpassungen durchzuführen sind. Dabei sind insbesondere die Regelungen des § 9a ErbbauRG zu beachten (s. o.). Ebenso muss ggf. geprüft werden, ob auch ohne Anpassungsklausel eine Wertanpassung nach der Rechtsprechung zulässig wäre.

Schließlich sollte man sich im Falle nicht gezahlter Erbbauzinsen gut überlegen, welches Rechtsinstrument man anwenden will: den im Erbbaurechtsgesetz normierten Heimfall oder den Weg der Zwangsversteigerung. Letzterer ist dabei primär ins Auge zu fassen.

3. Sonderfall: ablaufende Erbbaurechte

Nicht zu unterschätzen ist letztlich auch der Aufwand der Verhandlung ablaufender Erbbaurechte. Zunächst einmal sind grundsätzliche Entscheidungen zu treffen, mit welcher Zielrichtung man in solche Verhandlungen geht. Dabei sind insbesondere der demografische Faktor, die Lage des Grundstücks und mithin das Entschädigungsrisiko zu bewerten und eine Ver­längerung des Erbbaurechts auf die Standdauer des Bauwerks gem. § 27 Abs. 3 ErbbauRG in Betracht zu ziehen. Primär sollte jedoch der Abschluss eines neuen Vertrages mit verbesserten Konditionen im Fokus stehen. Dafür sind jedoch ausreichend Verhandlungszeit und eine Vorbereitung auf eine eventuelle mediale Aufmerksamkeit einzuplanen.

IV. Fazit

Das Erbbaurecht ist ein solides und gutes Instrument zur Verwaltung eines Immobilienportfolios. Es kann zudem Lösungsansätze bieten, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen oder Bodenspekulationen entgegenzuwirken, es stärkt insbesondere dauerhaft die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Erbbaurechtsausgebers.

Foto: Panthermedia/Olena Ovcharenko

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