Die Stiftungsgründung aus praktischer Sicht
Von Dipl.-Kfm. Jörg Bode, BraunschweigVon der Idee, eine Stiftung zu gründen, bis zu ihrer Anerkennung durch die Stiftungsbehörde vergeht ein Menge Zeit. Der Stifter – soweit er „seine“ Stiftung zu Lebzeiten gründet – wird sich mit zahlreichen Themen auseinandersetzen, die für ihn i. d. R. neu sind.
Zunächst muss sich der Stifter darüber im Klaren sein, aus welchen Motiven er eine Stiftung gründen möchte, und die Stiftungsform wählen. Die Motive eines Stifters, Vermögen, ein Unternehmen oder eine Unternehmensbeteiligung aus seiner Verantwortung und somit letztlich erhebliche Vermögenswerte aus der Hand zu geben, sind vielseitig. Oftmals steht neben den steuerlichen Aspekten auch der Gedanke dahinter, dass sein Lebenswerk erhalten bleibt oder dass sein Unternehmen durch Erbauseinandersetzungen nicht zerschlagen wird.
Ein wesentlicher Punkt, den ein Stifter zu berücksichtigen hat, ist, dass die Stiftung keine Eigentümer, Gesellschafter oder Mitglieder kennt. Sie ist eine von dem Stifter getrennte Rechtsperson, die durch die Organe (Vorstand) geführt wird. Insbesondere Unternehmer sollten sich im Vorfeld mit diesem Gedanken auseinandersetzen.
Grundsätzlich ist zwischen gemeinnützigen Stiftungen und nicht gemeinnützigen Stiftungen sowie zwischen selbständigen und unselbständigen Stiftungen zu unterscheiden. Die unselbständige Stiftung ist keine juristische Person und kann daher nicht selbst Träger von Rechten und Pflichten sein. Sie kann aber, wie auch die selbständige Stiftung (rechtsfähige Stiftung) gemeinnützig sein. Auf weitere Unterscheidungen wird an dieser Stelle nicht eingegangen.
Die Entstehung einer rechtsfähigen Stiftung bedingt zwei Voraussetzungen. Zum einen ist dies das Stiftungsgeschäft (Stiftungssatzung) und das Anerkennungsverfahren. Grundlage dafür ist das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) mit den §§ 80 ff. Weiteres regeln die von den Bundesländern erlassenen Stiftungsgesetze. Jedes Bundesland hat dafür eigene Stiftungsgesetze. In Niedersachsen gilt das Niedersächsische Stiftungsgesetz, welches sich auf die Vorschriften der §§ 80 ff. BGB bezieht.
Das Stiftungsgeschäft ist die Erklärung des Stifters, dass sein Vermögen für den von ihm bestimmten Zweck verwendet wird. Er legt den Namen und den Zweck der Stiftung fest. Ferner benennt er das Vermögen, welches er für die Erfüllung des Stiftungszweckes stiftet. Weiterhin regelt das Stiftungsgeschäft den Mindestinhalt der Stiftungssatzung und bestimmt den Gründungsvorstand. Stiftungserrichtungen unter Lebenden bedürfen der Schriftform und das Stiftungsgeschäft ist eigenhändig zu unterschreiben. Soweit Grundstücke oder GmbH-Anteile Gegenstand der Vermögenszuwendung sind, besteht eine Rechtsunsicherheit, ob für das Stiftungsgeschäft generell die notarielle Beurkundung notwendig ist. Dieser Punkt ist im Vorfeld mit den zuständigen Behörden zu klären, um unnötige Diskussionen im Nachgang darüber zu vermeiden.
Zum anderen bedarf es zur Entstehung einer rechtsfähigen Stiftung des Privatrechts neben dem Stiftungsgeschäft der Anerkennung der Stiftungserrichtung durch die zuständige Behörde in dem jeweiligen Bundesland, in dessen Gebiet die Stiftung ihren Sitz haben soll. In Niedersachsen ist das Ministerium für Inneres und Sport dafür zuständig, dass diese Aufgabe z. B. durch das Amt für regionale Landesentwicklung in Braunschweig wahrnimmt. Weitere zuständige Behörden sind auf der Website des Ministeriums für Inneres und Sport zu finden. Die Anerkennung setzt eine Antragstellung bei der zuständigen Behörde voraus. Auch hier empfiehlt es sich, die Schriftform einzuhalten und das Stiftungsgeschäft einschließlich der Stiftungssatzung im Original beizufügen. In der Praxis steht die Stiftungsbehörde bereits vor dem eigentlichen Antrag auf Anerkennung zur Durchsicht des Stiftungsgeschäfts und der Stiftungssatzung zur Verfügung, um Fragen rund um die Gründung einer Stiftung zu klären.
Zu unterscheiden von der eigentlichen Anerkennung der Stiftung durch die Stiftungsbehörde ist die steuerliche Einstufung der Stiftung als gemeinnützige Einrichtung, sofern der Stifter dieses in Betracht zieht. Der Antrag auf Anerkennung der Gemeinnützigkeit beim Finanzamt ist ein von dem Anerkennungsverfahren der Stiftungsbehörde losgelöstes Verfahren. Insbesondere die Tatsache, dass beide Antragsverfahren verschiedene Schwerpunkte haben, führt zu einem erhöhten Aufwand des Stifters.
Die Mustersatzung für Stiftungen der Stiftungsbehörde genügt nicht den Anforderungen der Finanzverwaltung zur Anerkennung der Gemeinnützigkeit. Diese ist um die notwendigen Angaben der gültigen Mustersatzung für gemeinnützige Vereine zu ergänzen. Die Formulierungen sollten, soweit man keine Diskussionen mit dem zuständigen Finanzamt führen möchte, wörtlich übernommen werden und nicht sinngemäß.
Das für die Stiftung zuständige Finanzamt ist das Finanzamt, das für den Bereich des Sitzes der Stiftung zuständig ist.
Da, wie bereits erwähnt, von der Idee bis zur Verwirklichung der Stiftungsgründung eine Menge Zeit verstreicht, ist der Stifter gut beraten, wenn er frühzeitig zu Beginn des Jahres die Gründung voranbringt. Das ermöglicht ihm insbesondere in dem Jahr, in dem er z. B. sein Unternehmen verkauft oder einen größeren Abfindungsbetrag erhält, diesen auch in voller Höhe (bis zur Höhe von 1 Mio. Euro, bei Ehegatten bis zu 2 Mio. Euro) steuermindernd zu leisten.
Obwohl die Beantragung der Gemeinnützigkeit beim Finanzamt zeitlich gesehen nach der Anerkennung durch die Stiftungsbehörde erfolgt, ist es ratsam, das Finanzamt bereits früh miteinzubeziehen. Sollte z. B. die Satzung nicht den steuerlichen Anforderungen genügen, so wären Änderungen vorzunehmen und der Stiftungsbehörde erneut zur Vorlage einzureichen. Das Finanzamt ist wie die Stiftungsbehörde in der Gründungsphase sehr kooperativ und klärt i. d. R. Problemfelder im Vorfeld des eigentlichen Anerkennungsverfahrens. Beide Behörden prüfen die eingereichten Unterlagen nach ihren eigenen Vorschriften und das kann zu unterschiedlichen Auffassungen in manchen Punkten führen, sodass es sich für das Antragsverfahren lohnt, beide Institutionen von der Verschwiegenheitspflicht zu entbinden. Damit ist eine zügigere Bearbeitung des Vorgangs sichergestellt.
In der Gründungsphase als auch in der Korrespondenz mit den beiden Behörden sind vor allem der Stiftungszweck, die Stiftungsverwirklichung und die Kapitalausstattung, aus der die Stiftung ihre Mittel generiert, zentrale Punkte.
Im Stiftungszweck legt der Stifter seinen verbindlichen Willen nieder, für welche Zwecke sein zugewendetes Vermögen verwendet werden soll.
Der Stiftungszweck bezeichnet die der Stiftung vom Stifter zugedachten Aufgaben und kann nach dessen Tod nur schwerlich geändert werden und sollte daher gut überlegt sein.
Die Satzung regelt u. a. die Verwirklichung des Stiftungszweckes. Dabei stellt sich die Frage, mit welchen Projekten, Maßnahmen und Veranstaltungen der bezeichnete Zweck verfolgt werden soll. In der Abgrenzung ist vor allem wichtig, dass der Zweck dem Allgemeinwohl dienlich ist und nicht in Konkurrenz zu anderen wirtschaftlich Agierenden am Markt steht. Dieser Punkt führt in manchen Bereichen zu Diskussionen, da zwar der Wille des Stifters gut gemeint ist, er aber in der Gründungsphase oftmals die Vermischung von wirtschaftlichen Aktivitäten und Aufgaben, die dem Allgemeinwohl dienlich sind, vornimmt. Dieses ist aufgrund der Abgrenzungsschwierigkeiten und den damit verbundenen Problemen der richtigen Formulierung verständlich.
Der Kapitalstock einer Stiftung wird durch die Zuwendung des Stifters gefüllt. Er dient der Erfüllung des Stiftungszwecks. Der Erhalt des Stiftungsvermögens ist, soweit es sich nicht um eine Verbrauchsstiftung handelt, zwingende Vorrausetzung. Bereits bei der Gründung sind die Überlegungen auch dahingehend vorzunehmen, ob die aus dem Kapitalstock zu erwirtschaftenden Mittel für die Erfüllung des Stiftungszweckes ausreichend sind. Zuwendungen in Form von Spenden sind grundsätzlich zulässig. Ebenso sind spätere Zustiftungen in den Kapitalstock zulässig, soweit diese in der Satzung vorgesehen sind.
Der Stifter muss sich im Vorfeld seiner Gründungsaktivitäten genauestens mit den Abläufen der Gründung und den weiteren o. a. Punkten auseinandersetzen, damit sein individueller Gedanke/Wille unter den Aspekten des Stiftungszwecks, der Verwirklichung des Stiftungszweckes und der Kapitalausstattung in die Stiftung Eingang findet.
Quellenangaben
1 Stiftungen in Deutschland: Stiftungen in Zahlen 2014: Bestand und Errichtungen
Foto: Panthermedia/Aboikis