Artikel erschienen am 01.06.2011
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Die Geschäftsführung einer gemeinnützigen Stiftung

Immer an das Finanzamt denken!

Von Jan Hahlweg, Braunschweig

Für die Geschäftsführung einer gemeinnützigen Stiftung sind viele Besonderheiten zu beachten. Hiervon hängt nicht zuletzt die Gemeinnützigkeit ab. Auch eine persönliche Haftung kann drohen.

I. Einleitung

Oftmals verspüren die Stifter einer gemeinnützigen Stiftung den Wunsch, über die bloße Vermögenshingabe hinaus den guten Zweck durch persönliches Engagement und Arbeit in der errichteten Stiftung als Stiftungsorgan zu fördern. Aber auch Dritte, denen von seiten des Kuratoriums das Vertrauen geschenkt wird, wollen die gute Sache tatkräftig unterstützen.

In der Abgabenordnung hat der Gesetzgeber strenge Anforderungen an die Geschäftsführung formuliert, die ja den Fortbestand der Gemeinnützigkeit sichern soll. Hierüber herrscht in der Praxis Unkenntnis oder große Unsicherheit. Nur, wer über diese Rahmenbedingungen Bescheid weiß, kann rechtssicher handeln und somit den guten Zweck fördern.

II. Die Satzung schreibt die Grenzen fest (formelle Satzungsmäßigkeit)

In der Stiftungssatzung schreibt der Stifter, kaum noch abänderbar, mit seinem Stiftungsgeschäft den Stiftungszweck fest. Hiermit gibt der Stifter also die Richtung vor.

Das Gesetz nennt bestimmte Formalia, die zwingend einzuhalten sind. Seit dem 01.01.2009 verweist die Abgabenordnung auf eine Mustersatzung, die hierdurch Gesetzeskraft erlangt hat. Nur wenn die Stiftungssatzung dieser Mustersatzung entspricht, kommt eine Anerkennung als gemeinnützig in Betracht. Diese zwingende Bindung an die Mustersatzung gilt für alle neu gegründeten Stiftungen sowie bei Altstiftungen, sofern Satzungsänderungen vorgenommen werden. Somit muss (bei Altstiftungen) bei der ersten Satzungsänderung nach dem 01.01.2009 zwingend überprüft werden, ob Anpassungen vorzunehmen sind, was wohl immer der Fall sein dürfte.

III. Tatsächliche Geschäftsführung - Umsetzung der Satzung (materielle Satzungsmäßigkeit)

§ 63 der Abgabenordnung normiert, dass das „Festschreiben“ der Gemeinnützigkeit in der Satzung nicht ausreichend ist. Die Stiftung muss die Gemeinnützigkeit auch leben. Somit muss die tatsächliche Geschäftsführung der Stiftung auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke gerichtet sein und den Bestimmungen der Satzung entsprechen. Die Geschäftsführung muss also das tatsächlich umsetzen, was die Satzung formal vorschreibt. Es reicht z. B. nicht, irgendwelche gemeinnützigen Zwecke zu verfolgen. Es sind die konkreten gemeinnützigen Zwecke der Satzung umzusetzen. Werden mehrere Stiftungszwecke benannt, so sollten alle Zwecke, natürlich nicht gleichmäßig, im Laufe der Jahre bedient werden; richtet sich die Tätigkeit der Stiftung über Jahre hinweg ausschließlich nur auf einen Stiftungszweck, so kann bereits dies gemeinnützigkeitsschädlich sein.

Was zunächst einleuchtend und einfach klingt, bietet in der täglichen Stiftungspraxis viele Stolperfallen, da hohe Anforderungen an die Geschäftsführung gestellt werden. Auch hier zeigt sich, weshalb es wichtig ist, schon beim Stiftungsgeschäft eine „kluge“ Satzung zu wählen, die die Handlungsfähigkeit später nicht zu sehr einschränkt.

IV. Es gelten besondere Nachweispflichten

Die Stiftung trägt die Beweislast dafür, dass die tatsächliche Geschäftsführung den Anforderungen der Satzung entspricht. § 63 Abs. 3 Abgabenordnung fordert besondere Nachweispflichten: Durch ordnungsgemäße Aufzeichnungen über die Einnahmen und Ausgaben ist die ordnungsgemäße Geschäftsführung nachzuweisen. Eine unternehmerische Buchhaltung wird allerdings nicht verlangt. Diese ist nur nötig, wenn sie aus anderen rechtlichen Gründen erforderlich ist. Die Finanzämter fordern hierfür regelmäßig die Geschäfts- oder Tätigkeitsberichte an. Erfordert werden ferner Dokumente, aus denen sich ergibt, dass die Stiftung sich etwa bei Projekten von der gemeinnützigkeitskonformen Verwendung des Mittelempfängers (z. B. durch Projektberichte, Nachschau usw.) überzeugt hat.

V. Bindung an die Rechtsordnung

Die Anerkennung der Gemeinnützigkeit ist auch an die Einhaltung der allgemeinen Rechtsordnung gebunden. Es muss sich also nicht immer um Verfehlungen gegen die satzungsmäßigen Zwecke handeln, die die Gemeinnützigkeit gefährden. Allgemeine Verstöße gegen die Rechtsordnung reichen hierfür schon aus. Hierbei ist beispielsweise an „Schwarzlöhne“ zu denken, da Lohnsteuern unabhängig von der Gemeinnützigkeit abgeführt werden müssen. Insbesondere sind Gefälligkeitsbestätigungen oder missbräuchliche Spendenbescheinigungen für die Gemeinnützigkeit schädlich.

Oftmals wird übersehen, dass auch eine (steuerbefreite) gemeinnützige Stiftung verpflichtet ist, Steuererklärungen abzugeben. Das Finanzamt prüft (auch) mittels dieser Erklärungen, ob die Steuerbefreiung zu Recht gewährt wird. Werden nun ausgerechnet diese Steuererklärungen nicht abgegeben, kann dies einen Verstoß gegen die Rechtsordnung darstellen und unter Umständen zu einer Versagung der Gemeinnützigkeit führen.

VI. Beispiele für Verstöße gegen die tatsächliche Geschäftsführung

Da es immer eine Frage des Einzelfalles ist, wann die tatsächliche Geschäftsführung gemeinnützigkeitsschädlich ist, sollen einige Beispiele den Blick schärfen:

1. Darlehen an Stiftungsorgane / Stifter

Sofern Rechtsbeziehungen zwischen der Stiftung und deren Stiftungsorganen / Stifter bestehen, müssen diese fremdüblich sein. Hierbei werden die Grundsätze der verdeckten Gewinnausschüttung herangezogen. Das heißt, dass nicht nur Vermögensminderungen, sondern auch verhinderte Vermögensmehrungen schädlich sein können.

Bei der Beurteilung, ob die Darlehensgewährung fremdüblich ist, reicht es nicht aus, nur zu überprüfen, ob die Stiftung marktübliche Guthabenzinsen erhält. So hat in einem Fall eine gemeinnützige Stiftung an einen Vorstand ein Darlehen gewährt, welches sogar mehr Zinsen abwarf als bei der Bank. Auch dies war schädlich. Die Finanzverwaltung argumentierte, dass dem Vorstand höhere, bankübliche Sollzinsen „erspart“ geblieben sind.

In einem anderen Fall wurden zwar in jeder Hinsicht fremdübliche Zinsen zwischen Stifter und Stiftung vereinbart, jedoch wurde das Darlehen nicht fremdüblich gesichert. Auch dies war gemeinnützigkeitsschädlich. Als das Darlehen dann tatsächlich ausfiel, musste der Vorstand sogar persönlich haften.

2. Zu hohe Vorstandsvergütungen

Auch die Zahlung von zu hohen Vorstandsvergütungen kann gemeinnützigkeitsschädlich sein. Da die Frage der Angemessenheit schwierig zu beantworten ist, kann es sich empfehlen, vorab ein Gutachten über die Angemessenheit einzuholen. Generell sind hohe Lohn- und Gehaltszahlungen kritisch. Da der Grundsatz der Vermögensstockerhaltung gilt (lediglich Erträge dürfen verwendet werden), kann es sich empfehlen, Anpassungsklauseln in die Verträge aufzunehmen. Sofern sich die Ertragslage deutlich verschlechtert und dadurch die Erträge ausschließlich oder überwiegend für Lohn- und Gehaltszahlungen aufgewendet werden müssen, kommen die Mittel nicht mehr dem Stiftungszweck zugute (der ja nicht in der Versorgung der Vorstandsmitglieder liegt). Auch ein unangemessen hoher Auslagenersatz kann schädlich sein. Übliche Annehmlichkeiten an die Stiftungsorgane sind allerdings unschädlich.

3. Verstoß gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit

Die Stiftung muss die Ziele selbst unmittelbar fördern. Es genügt grundsätzlich nicht, den Stiftungszweck dadurch (indirekt) zu verwirklichen, dass Dritte für die Stiftung tätig werden.

4. Unangemessen hohe Kosten für Verwaltung und Spendenwerbung

Sofern die Mittel in einem unangemessen hohen Umfang für Verwaltung und Spendenwerbung aufgewendet werden, begründet auch dies eine fehlerhafte Mittelverwendung. Absolute oder prozentuale Grenzen existieren hierbei jedoch nicht und müssen für jeden Einzelfall gesondert festgelegt werden. Die Rechtsprechung hat die Obergrenze (Faustregel) bei einer Kostenquote von ca. 50 % angesiedelt.

5. Zeitnahe Mittelverwendung

Eine Vermögensansammlung bei der Stiftung ist ein Verstoß gegen den Grundsatz der zeitnahen Mittelverwendung. Eine (begrenzte) Rücklagenbildung ist im Gesetz genau geregelt, ansonsten sind erlangte Mittel bis zum Ende des auf den Zufluss folgenden Kalender- oder Wirtschaftsjahres für die steuerbegünstigten Zwecke einzusetzen.

VII. Rechtsfolgen bei Verstößen

§ 63 Abgabenordnung differenziert nicht zwischen Art und Schwere des Verstoßes. Es liegt daher im Ermessen der Behörde, ob ein Verstoß so gravierend ist, dass er zum Verlust der Gemeinnützigkeit führt. Kleinere, einmalige Verstöße werden die Steuervergünstigung nicht gefährden. Dies gilt bei größeren, einmaligen Verstößen jedoch nicht. Die Folgen des Verstoßes haben sich an dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu orientieren. Sofern ein erheblicher Verstoß vorliegt, ist die Gemeinnützigkeit für den Zeitraum des Verstoßes nicht zu gewähren. Hierbei ist nach den Einzelsteuergesetzen zu unterscheiden. Bei der Körperschaft- und Gewerbesteuer geht die Gemeinnützigkeit für den gesamten Veranlagungszeitraum, also für ein volles Jahr, verloren. Bei der Umsatzsteuer kommt es hingegen auf den Zeitpunkt der Entstehung der Steuer, also der Ausführung der Leistung, an.

Auch eine zeitlich beschränkte Aberkennung der Gemeinnützigkeit kann erhebliche Auswirkungen haben. Oftmals werden die Verstöße erst später aufgedeckt; somit müssen nachträglich für mehrere Veranlagungszeiträume rückwirkend die Steuern nebst Zinsen nachgezahlt werden. Dies ist in vielen Fällen existenzvernichtend.

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