Artikel erschienen am 26.04.2023
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WEG-Novelle

Weitreichende Änderungen des Wohnungseigentumsrechts

Von Katarzyna Chabas, Braunschweig

Die weitreichendsten Änderungen enthalten z. B. nachfolgende Änderungen zur Verbands- und Verwalterstellung, zur Erweiterung der Sondereigentumsfähigkeit, zur Vereinfachung baulicher Veränderungen und der Einberufung von Wohnungseigentümerversammlungen.

Stärkung des Verbandes zu Lasten der einzelnen Wohnungseigentümer?

Durch die Gesetzesänderung wird der Verband an die Spitze jeder Wohnungseigentumsanlage gehoben. Die ordnungsgemäße Verwaltung obliegt nicht mehr den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich, sondern der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) als Verband.

Eine unscheinbar wirkende Änderung, die weitreichende Rechtsfolgen nach sich zieht: Einzelne Wohnungseigentümer verlieren Befugnisse, die jetzt ausschließlich beim Verband liegen. So kommen Individualklagen einzelner Wohnungseigentümer bspw. nur noch ausnahmsweise in Betracht. Auch sind Beschlussanfechtungsklagen nicht mehr gegen die übrigen Wohnungseigentümer, sondern gegen die WEG als Verband zu richten.

Stärkung oder Schwächung des Verwalters?

Im Außenverhältnis erhalten Verwalter eine sog. Außenvollmacht. Dadurch können sie nach außen hin unbeschränkt rechtswirksam für die WEG handeln und damit auch unbeschränkt Verträge schließen. Für Darlehens- und Grundstückskaufverträge gilt dies jedoch nicht. Hier bedarf es des Beschlusses der WEG.

Andererseits kann die WEG den Verwalter einfacher abberufen. Das Vorliegen eines wichtigen Grundes ist nicht mehr erforderlich, die Abberufung jederzeit möglich. Der Verwaltervertrag endet dabei spätestens sechs Monate nach Abberufung.

Ausweitung der Sondereigentums­fähigkeit auf Freiflächen

An bestimmten Freiflächen (bspw. an Stellplätzen, Terrassen etc.) kann Sondereigentum begründt werden. Dies war nach altem Recht nicht möglich. Anderslautende Regelungen in alten Teilungserklärungen sind regelmäßig unwirksam und gewähren den einzelnen Eigentümern bei entsprechender Umdeutung allenfalls ein Sondernutzungsrecht.

Vereinfachung von Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen

Beschlüsse über die Durchführung baulicher Veränderungen am Gemeinschaftseigentum oder die Gestattung baulicher Veränderungen können vereinfacht gefasst werden. Die Zustimmung aller von der Maßnahme beeinträchtigten Eigentümern ist nicht mehr erforderlich. Die Maßnahmen können in Zukunft mit einfacher Mehrheit beschlossen werden.

Die Gesetzesänderung enthält zudem Regelungen zur Kostentragung baulicher Veränderungen. Die Kosten einer Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahme sind grundsätzlich von denjenigen Eigentümern zu tragen, die der Maßnahme zugestimmt haben. Ausnahmen gelten im Falle bestimmter Mehrheiten bei Abstimmung über die jeweiligen Maßnahmen.

Einzelne oder mehrere Wohnungseigentümer haben zudem einen Anspruch auf Zustimmung zur Errichtung von Wall-Boxen, zum barrierefreien Aus- und Umbau sowie zu Maßnahmen des Einbruchschutzes auf eigene Kosten. Selbiges gilt auch für einen Zugang zum schnellen Internetanschluss.

Vereinfachung von Eigentümer­versammlungen und Beschlussfassungen

Wohnungseigentümer können per Beschluss einem oder mehreren Wohnungseigentümern gestatten, online an einer Eigentümerversammlung teilzunehmen. Reine Online-Versammlungen ermöglicht die Gesetzesänderung jedoch nicht. Versammlungen sind nach wie vor als Präsenzveranstaltungen durchzuführen.

Die Eigentümerversammlung ist jedoch unabhängig der Zahl der anwesenden oder vertretenen Eigentümer bzw. unabhängig vertretener Miteigentumsanteile beschlussfähig. Im Gegenzug verlängert sich die Einberufungsfrist von zwei auf nunmehr drei Wochen, wobei die Einberufungsverlangen nicht mehr der Schriftform bedürfen – Textform ist ausreichend. Damit können Einberufungsverlangen formwirksam auch per E-Mail versendet werden.

Im Zuge der voranschreitenden Digitalisierung lässt der Gesetzgeber auch für Umlaufbeschlüsse die Textform ausreichen. Umlaufbeschlüsse können somit via E-Mail, Apps oder auch sonstigen Internetplattformen gefasst werden.

Zusammenfassung

Diese vorstehenden Beispiele bilden nur einige der am 01.12.2020 in Kraft getretenen Änderungen ab. Sowohl Verwalter als auch Eigentümer werden künftig einige Neuerungen zu beachten haben, auch wenn die gesetzlichen Änderungen letztlich geringer ausgefallen sind als ursprünglich geplant.

Wie sich die Rechtsprechung in einigen noch offenen Punkten positionieren wird, bleibt abzuwarten. Die Rechtslage ist vor diesem Hintergrund durch die Gesetzesänderung etwas ungewisser geworden.

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