Artikel erschienen am 09.05.2017
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Gebäudeenergiegesetz (GEG)

Der große Wurf ist direkt gescheitert

Von Dr.-Ing. Jennifer König, Braunschweig

Nach langer Vorankündigung ist der Entwurf des „Gesetzes zur Einsparung von Energie und zur Nutzung von Erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kältebereitstellung in Gebäuden“ – kurz Gebäudeenergie­gesetz (GEG) – im Januar 2017 vom Bundes­wirtschafts­ministerium (BMWi) und dem Bundes­umwelt­ministerium (BMUB) dem Kabinett vorgelegt worden. Doch die Zusammenführung von Energie­einspar­gesetz (EnEG), Energieein­spar­verordnung (EnEV) und Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) ist gescheitert, da im Koalitionsausschuss keine Einigung erzielt werden konnte.

Ursprünglich sollte das Gesetz im Februar beschlossen werden und zum 01.01.2018 in Kraft treten. Dieser Zeitplan ist nicht mehr einzuhalten. Anlass der Neuregelung und Zusammenführung in ein Gesetz war zum einen die Erleichterung der Anwendung in der Praxis, da unterschied-liche Begriffs­bestimmungen vereinheitlicht und damit vorhandene Differenzen angeglichen werden sollten. Zum anderen sollte die Forderung der EU-Gebäuderichtlinie zur Festlegung des energetischen Standards eines Niedrigener­giegebäudes im Neubau erfüllt werden.

Welche Ansätze wurden mit dem aktuellen Entwurf verfolgt?

Für die Errichtung neuer Gebäude sollte zukünftig ein einheitliches Anforderungs­system gelten, in dem Energieeffizienz und Erneuerbare Energien integriert werden. Als Bewertungskriterium der Energie­effizienz­klassen in den Energie­ausweisen wurde der Primärenergie­bedarf herangezogen, was zu einer Verschiebung der Grenzwerte in den Effizienzklassen führt. Die Aspekte der Nachhaltigkeit einzelner Technologien, Primärenergieträgern sowie Verfahren zur Wärme- und Kälte­bereitstellung sollten insgesamt stärker Berücksichtigung finden. Diese Neuerungen im Entwurf sind jedoch insgesamt noch kein Vorstoß zur Energiewende.

Die wohl am meisten diskutierte Anforderung betrifft die Definition des Niedrigstenergiestandards. Der GEG-Entwurf sieht für neue Nichtwohn­ge­bäude der Öffentlichen Hand – also Schulen, Verwaltung, Kitas etc. – das Anforderungs­niveau entsprechend dem KfW-Effizienz­haus­standard 55 vor. Diese Forderung wurde unmittelbar nach der Veröffentlichung des Entwurfes von der Immobilienwirtschaft als untragbar hingestellt, da sie mit konventioneller Heiztechnik kaum zu erfüllen und insgesamt nicht wirtschaftlich umsetzbar sei.

Unverändert sollten die Bewertung der Gebäude über das sogenannte Referenzgebäudeverfahren und die Offenheit hinsichtlich der eingesetzten Energietechnik und der Bauweisen bleiben. Die bestehenden Anforderungen von EnEV und EEWärmeG wurden unverändert übernommen. Wirtschaftlich ist diese Beibehaltung für Immobilien­besitzer, die keine große Investitionskraft haben, durchaus sinnvoll, aber insgesamt eben einer von vielen Kritikpunkten, da der Forderung zur deutschen Nachhaltigkeits­strategie weder Berücksichtigung gegeben noch nachgekommen wird.

Ein Rückschlag für die Energiewende? Oder eher eine erneute Chance?

Die Zusammen­führung der Verordnungen in dem GEG-Entwurf ist nicht an allen Stellen konsistent, sondern weist besonders hinsichtlich der Fragestellung zu übergeordneten Nachhaltig­keits­zielen Lücken auf. Ein neuer Entwurf sollte ambitionierter sein, den Bestand besser integrieren und die CO2-Emissionen stärker berücksichtigen.

Fazit

Insgesamt ist der GEG-Entwurf mit der Zusammen­führung bestehender Vorschriften der richtige Ansatz. Es bleiben jedoch die Fragen nach den über­geordneten Nach­haltig­keits­zielen und auch der Wirtschaftlich­keit unbeantwortet. Das Voran­bringen der Energiewende im Gebäude­sektor wird deshalb nicht nur von der Zurückstellung des aktuellen Entwurfes, sondern vom Entwurf selbst ausgebremst! Die Argumente müssen erneut geschärft und die Gegen­posi­tionen berücksichtigt werden. Ein neues Gesetz kann bei einer realistischen Betrachtung frühestens im Sommer 2018 unter einer neuen Bundesregierung beschlossen werden.

Bild: Fotolia/Jan Engel, HolyLazyCrazy

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