Risikomanagement vor Erwerb von Wohnungseigentum
Von Olaf Firus, BraunschweigDieser Artikel soll im Hinblick auf rechtliche Risiken mit nachteiligen wirtschaftlichen, aber auch persönlichen Auswirkungen den Blick auf den Mietvertrag schärfen und dazu anraten, insbesondere vor Beurkundung ein sorgfältiges Risikomanagement zu betreiben.
So sollte man sich bei Erwerb von Wohnungseigentum, das einem Eigenbedarf dienen soll, vom Eigentümer vorab ausreichende Informationen geben lassen, wann Wohnungseigentum begründet wurde bzw. seit wann das Mietverhältnis besteht. Grund hierfür ist der Umstand, dass häufig früher im Alleineigentum stehende Mehrfamilienhäuser bei bestehenden Mietverhältnissen erst zu Wohnungseigentum umgewandelt werden, was dann wiederum verschiedene rechtliche Folgen hat.
Soll ein solches Wohnungseigentum später selbst oder durch Familienangehörige genutzt werden, so gilt zum Zeitpunkt des Erwerbs derzeit noch eine 3-jährige Sperrfrist – ab Eintragung im Grundbuch – bis zu deren Ablauf das Mietverhältnis mit dem Mieter nicht ordentlich gekündigt werden kann. Hier besteht derzeit das zusätzliche Risiko, dass der Gesetzgeber aufgrund der entstandenen Wohnungsknappheit und der gestiegenen Mieten in Ballungsgebieten für sog. „Mangelgebiete“ den Landesgesetzgeber ermächtigt hat, den Kommunen die Möglichkeit zu geben, die Frist gem. § 577a BGB bis zur Dauer von 10 Jahren zu verlängern. Dieses sollte bei entsprechenden zeitlichen Planungen zwingend berücksichtigt werden. Ferner kommt hinzu, dass dem Mieter von solchem Wohnungseigentum ein gesetzliches Vorkaufsrecht zusteht, sodass ein später geplanter Verkauf der Immobilie an bestimmte Personen davon beeinflusst wäre, würde der Mieter sein Vorkaufsrecht ausüben.
Hier sollte dringend beim Verkäufer erfragt werden, wann und in welcher Höhe eine Mieterhöhung bislang wirksam geworden ist.
Es ist zu berücksichtigen, dass insbesondere in den Mangelgebieten aufgrund der gesetzlichen Ermächtigungen durch die Landesgesetzgeber die Kommunen zudem auch die Möglichkeiten haben, die sog. Kappungsgrenze von gesetzlich vorgesehenen 20 % auf 10 % oder, wie in Braunschweig im Sommer 2016 geplant, auf 15 % zu reduzieren.
Es fällt in der anwaltlichen Praxis vermehrt auf, dass über die vorstehenden Aspekte zu wenig Erkenntnisse im Vorfeld des Erwerbs eingeholt werden und z. B. Mieterhöhungen daran scheitern, dass diese zeitlich noch nicht möglich sind bzw. die ortsübliche Miete bereits durch die derzeit gezahlte Nettokaltmiete erreicht ist.
Es bedarf deshalb immer, ob nun aus reinem Anlagegesichtspunkt oder einer geplanten Eigenbedarfsnutzung, einer gründlichen rechtlichen Analyse des Mietverhältnisses und des Status des Wohnungseigentums vor Abschluss des notariellen Kaufvertrags.
Foto: Panthermedia/Scanrail