Artikel erschienen am 07.05.2016
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Alles Standard … oder …?

Worin unterscheidet sich eine gute Baufinanzierungsberatung von einer schlechten?

Von Andreas Draß, Braunschweig

Durch die Einführung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie zum 21.03.2016 erfährt die qualitativ hochwertige Beratung von Kunden eine zusätzliche Bedeutung. Neben der europaweiten Standardisierung der
Immobilienfinanzierung und dem Kundenschutz ist dies eine Komponente, mit der die Bedürfnisse der Verbraucher nach noch umfassenderer Beratung ganz klar in den Fokus gestellt werden.

Es werden zukünftig noch höhere Anforderung an die Transparenz, die Qualifikation der beratenden Bankmitarbeiter, die Aufklärung der Kunden und an eine verantwortliche Kreditvergabepraxis gestellt. Zugleich werden der Versorgung bereits der Interessenten mit Unterlagen und der Dokumentation eine wesentliche größere Bedeutung zukommen.

Unabhängige Finanztests belegen teilweise aber das genaue Gegenteil, nämlich erhebliche Qualitätsmängel in der Beratung zum Thema Baufinanzierung. Leider steht vielfach ausschließlich der Blick auf den Preis, sprich
auf den Zinssatz, im Fokus, dabei ist eine ganzheitliche Bedarfsorientierung wichtiger als eine Top-Kondition.

Um bedarfsgerecht beraten zu können, gehört es dazu, dass der Berater zu jeder Zeit den Überblick über den Aufbau der Finanzierung hat, die individuellen Bedürfnisse des Kunden erkennt und natürlich entsprechend berücksichtigt. Staatliche Förderungen durch bspw. zinsgünstige KfW-Kredite und eine ausführliche Beratung über Riester sind Standard und gehören dazu.

Leider herrscht gerade bei diesen Themen regelmäßig großes Schweigen. Dafür gibt es verschiedene Gründe, wie z. B. die Tatsache, dass sich der Berater mit den Produkten nicht gut genug auskennt. So bleibt es häufig dem Zufall überlassen, welchen Finanzierungsvorschlag der Kunde erhält, selbst wenn er auf unterschiedliche Berater eines Anbieters trifft – und das, obwohl die individuelle Ausgangssituation immer die gleiche ist.
Somit ist die Frage zu klären, was denn nun eine gute Beratung ausmacht. Bei einer guten Beratung mit dem Ziel einer maßgeschneiderten Lösung stehen die Ziele und Wünsche des Kunden im Mittelpunkt.

Daher ist es wichtig, im ersten Schritt die Kundensituation und Finanzierungswünsche aufzunehmen, mit dem Kunden über die mögliche Maximalrate zu sprechen und die Kapitaldienstfähigkeit abzuschätzen. Dann ist bereits eine erste Indikation möglich, ob die gewünschte Darlehenssumme darstellbar ist oder nicht.

Im zweiten Schritt wird der Finanzierungsberater unterschiedliche Finanzierungsmodelle miteinander vergleichen und deren Kongruenz mit den Kundenwünschen nach z. B.

  • der Berücksichtigung staatlicher Fördermittel,
  • der größtmöglichen Flexibilität in der Finanzierung, um sich der Lebenssituation anpassen zu können
  • oder der Zinssicherheit über eine lange, vielleicht sogar die gesamte Darlehenslaufzeit

ermitteln. Das Ergebnis ist ein Konzeptvorschlag, der mit dem Kunden ggf. in einem weiteren Termin erörtert wird.

Das individuelle Finanzierungskonzept sollte dabei bereits berücksichtigen, dass sich die finanzielle Situation des Kunden durch die Kreditaufnahme erheblich verändert und auf einmal andere Risiken entstehen, die es adäquat zu bewerten und ggf. abzusichern gilt.
Dazu gehört die Aufklärung über die persönlichen Lebensrisiken genauso dazu, wie ein Gespräch über die Absicherung des Gebäudes und dessen Inhalt. Natürlich kann man sich nicht immer und gegen alles absichern. Die Entscheidung darüber, welche Risiken man absichern möchte oder nicht, kann der Interessent aber nur treffen, wenn er auch entsprechend aufgeklärt wird.

Inwiefern z. B. das Angebot von KfW oder anderen Förderbanken zu den eigenen Bedürfnissen passt, ob z. B. beim Bau eines Hauses bestimmte Energiestandards erfüllt werden sollen oder Sanierungsmaßnahmen geplant sind, muss mit dem Baufinanzierungsspezialisten gemeinsam erörtert werden.

Beim Bau eines Hauses bzw. dem Erwerb einer Bestandsimmobilie wird die Frage nach dem energetischen Standard oder der erforderlichen (energetischen) Sanierung heutzutage immer wichtiger – egal, ob das Objekt zur Eigennutzung oder Vermietung gedacht ist.

Häufig ist neben dem Kaufpreis noch ein erheblicher Betrag aufzuwenden, um die Immobilie auf den aktuellen Wohnstandard zu entwickeln. Dabei stehen unterschiedliche Motive im Blickpunkt, die aber zusammen ein rundes Bild ergeben.

Mit einer Immobilie hat der Käufer einen Wert für sich geschaffen, den es zu erhalten und möglichst noch zu steigern gilt. Eigenheime, die nicht bzw. nicht mehr den Standards für energieeffizientes Wohnen genügen, werden künftig an Marktwert verlieren. Mit einer guten Bauplanung und Modernisierungsplanung wirken Immobilienbesitzer dem entgegen.

Zudem überholen die Preise für Energiekosten seit Jahrzehnten in der Betrachtung über einen mittleren Zeitraum die allgemeine Preissteigerung. Wenn Energie stärker klimaneutral erzeugt werden muss als bisher, ist hier alles andere als eine Trendumkehr zu erwarten. Je weniger Energie verbraucht wird, desto stärker wird man unabhängig von dieser Marktbewegung.

Somit bleibt festzuhalten, dass die Baufinanzierungsberatung eben nicht Standard ist, sondern aufgrund der vielen zu beachtenden Punkte in die Hände von Finanzierungsprofis gehört. Wenn es darum geht, eine Entscheidung zu treffen, die in der Konsequenz bedeutet, viele Tausend Euro auszugeben, ist eine vorausschauende und mit umfassendem Fachwissen untermauerte persönliche Beratung dringend angeraten. Hier ausschließlich auf den Preis z. B. beim Zinssatz zu schauen, liefe dem mit der Einführung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie gewünschten Effekt des Verbraucherschutzes entgegen.

Foto: Panthermedia/EPStock

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