Artikel erschienen am 01.04.2012
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„Lückenschließung“ in der Pflegelandschaft

Neue Chancen für kleine Heime

Von Dipl.-Ing. Antti Ahola, Braunschweig

Altenpflegeheime mit 100 und mehr Bewohnern dominieren heute die Pflegelandschaft in Deutschland, denn vieles spricht für Größe, besonders die Ökonomie. Doch es gibt auch deutlich kleinere Häuser, in denen teilweise nur 30 bis 40 Senioren wohnen. Diese „Kleinen“ können sich am Markt erstaunlich gut behaupten, denn sie haben einige Besonderheiten, die – richtig genutzt – erhebliche Wettbewerbsvorteile mit sich bringen.

Die finanziellen Vorteile von Größe sind den großen Betreiber­gesell­schaften seit Langem bekannt. So können in Wohnheimen mit 100 und mehr Bewohnern die Arbeitsabläufe sehr effizient gestaltet werden. Einrichtungen wie Küchen oder Wäschereien und zusätzliche Angebote wie Frisör, Fußpfleger oder Physio­therapie sind erst bei einem größeren Kunden­kreis rentabel.

Auch müssen die Strukturen der großen Betreiber­gesell­schaften mit Geschäfts­führung, Vorständen, Aufsichtsräten und der dazugehörigen Verwaltung in der Kostenkalkulation der Pflegeheime berücksichtigt werden. Damit blieb von einem „Heim“ nicht mehr viel übrig. Daher versuchen auch die Gesetzgeber der verschiedenen Länder seit vielen Jahren dieser Tendenz Grenzen zu setzen. Zum Beispiel wurde in Nordrhein-Westfalen durch das „Wohn- und Teil­haber­gesetz“ die maximale Größe eines Pflege­heimes auf 80 Bewohner reduziert.

Die vorgenannte Entwicklung hat auch dazu geführt, dass eine immer höhere Konzentration an Pflegeheimen in den Ballungs­gebieten, den größeren Städten und Ortschaften entstanden ist.

Kleinere Ortschaften können solche großen Pflege­heime nicht aus eigener Kraft füllen. Das hat dazu geführt, dass die älteren Menschen, sofern sie von den Angehörigen nicht mehr gepflegt werden können, bei Pflege­bedürftigkeit aus ihren Heimatorten in die größeren Städte und Ortschaften umsiedeln müssen. In der Folge müssen die Angehörigen, seien es die Lebens­partner, die eigenen Kinder – häufig bereits auch schon im Renten­alter – oder die Enkel und Urenkel, für Besuche große Entfernungen auf sich nehmen. Das Aufrechterhalten der notwendigen sozialen Kontakte wird so deutlich erschwert.

Gerade dies birgt jedoch die große Chance für die Betreiber kleinerer Heime. Die einfach­eren Gesell­schafts­strukturen der Betreiber als Personen­gesell­schaften, in denen der Heimleiter sein eigener Geschäftsführer ist und ein oder einige wenige Pflege­heime leitet, sind deutlich kostengünstiger als bei großen Organisationen. Durch übersichtliche, sehr persönliche Beleg­schafts­strukturen entsteht eine Vertrautheit, die auch freund­schaftlich werden kann und die bei den Bewohnern spürbar ankommt.

Das Errichten eines Betriebs mit 30 bis 45 Pflege­plätzen wird von den großen Wohl­fahrts­verbänden aus ökonomischen Gründen gar nicht in Betracht gezogen. Gerade das bietet diesen kleinen Betreibern einen zusätzlichen Schutz.

Diese Standorte bieten weitere Vorteile auch in rein finanzieller Hinsicht. Die Grundstücks­preise für diese Heime sind im Vergleich zu den größeren Ballungs­gebieten unschlagbar niedrig. Häufig unterstützen die kommunalen Strukturen kleine Heime, da eine wichtige soziale Funktion erfüllen und somit politisch über alle Parteigrenzen hinweg gewünscht sind.

Gerade auch diese Nähe zum Gemeinde­leben öffnet weitere Möglichkeiten, wirtschaftlich starke, unterstützende Wirkungen ausüben zu können, z. B. die Eingliederung zusätzlicher Einrichtungen, wie ambulante Pflege­dienste, Tagespflege oder Kinder­gärten.

Viele dieser Heime sind trotz ihrer geringen Größe in der Lage, vor Ort zu kochen, insbesondere wenn die Küche andere Einrichtungen wie Grund­schulen oder Kinder­gärten mitbeliefert.

Bei genauer Betrachtung der Pflege­landschaft sind noch reichlich geeignete „Flecken“ für diese kleinen Heime vorhanden. Die Alters­pyramide, die in Wirklichkeit eine Zwiebel ist, wird auch weiterhin eine gute Basis für solch eine Nach­verdichtung bieten.

Foto: Panthermedia

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