Artikel erschienen am 01.04.2012
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Der Generalplaner – die „bessere“ Lösung für den Auftraggeber?

Von Dipl.-Ing. Jan Laubach, Braunschweig

Klassisch werden Planungsleistungen für Neubau- und Sanierungsvorhaben in soge­nannten Einzel­vergaben vergeben: Der Auftraggeber bzw. Bauherr beauftragt mit separaten Verträgen die wesent­lichen Planungs­leistungen des Architekten, des Haus­technik­planers sowie des Statikers. Darüber hinaus schließt er separate Vertrags­werke mit verschiedenen Sonder­fach­leuten ab. Bereits für vermeintlich einfache Bau­vorhaben kommen somit im Vorfeld eine Vielzahl von Verträgen für Planer und Sonder­fach­leute zusammen. Diese muss der Auftrag­geber vorbereiten, koordinieren und prüfen. Um diesen Aufwand und die Verantwortung zu vermeiden, werden immer öfter „Generalplaner“ beauftragt. Welche Vor- bzw. auch Nachteile können sich aus der Beauftragung eines Generalplaners ergeben?

Die vertragliche Situation

Bei der Einbindung des Generalplaners geht der Bauherr ein Vertrags­werk ein. Sofern der General­planer sich für bestimmte Teilaufgaben anderer Sub­unter­nehmer bedient, hat der Bauherr keine Vertrags­beziehung mit den Sub­unter­nehmern. Er kann auch – wenn überhaupt – nur eingeschränkt bei der Auswahl oder dem Tausch von Sub­unter­nehmern des General­planers mitwirken. Je mehr der Generalplaner an Sub­unter­nehmer vergibt, umso größer ist die Ungewissheit über die jeweiligen Planungs­partner. Der Bauherr sollte hier zwingend vor Vertrags­abschluss mit dem General­planer die wesentlichen Subunter­nehmer im Vertrag mit aufnehmen lassen und sich ein Mitspracherecht beim ggf. not­wendigen Austausch der Sub­unter­nehmer des General­planers einräumen lassen. Bei größeren Projekten sollte der General­planer dem Auftraggeber eine Verfügbarkeits­erklärung der angefragten Subunternehmer vorlegen, damit diese zum Projektstart auch tatsächlich die zugeteilten Leistungen erbringen können. Da der Bauherr nur ein Vertrags­werk eingeht, muss eine hohe Vertrauens­basis zum General­planer bestehen, da dieser alleiniger Vertragspartner des Auftraggebers ist.

10 Gewerke parallel – Schnittstellen minimieren durch Generalplaner

Koordination in der Planungs- und Ausführungsphase

Ein klarer Vorteil des Einsatzes eines General­planers ist der deutlich geringere Koordi­nations­aufwand seitens des Auftrag­gebers. Bereits im vorvertraglichen Stadium ist der Aufwand der Angebots­einholung, der Bietergespräche und der Vertrags­verhandlung deutlich geringer. Der Auftraggeber muss einen und nicht eine Vielzahl von Einzel­verträgen für sein Bauvorhaben schließen! Auch während der Planungs­phase hat er einen Ansprech­partner – den Generalplaner. Der Auftrag­geber muss nicht den Planungs­prozess zwischen den Planungs­beteiligten aufwendig koordinieren; dies ist alleinige Aufgabe des General­planers. Insbesondere Planungs­verzögerungen durch zwischen den Planungs­beteiligten nicht rechtzeitig weitergeleiteten Plangrundlagen gehen ausschließlich zu Lasten des Generalplaners. Im Umkehrschluss hat jedoch der Auftraggeber in der Planungs­phase geringere Mitwirkungs­möglichkeiten, da er meist bei internen Planungs­besprechungen des Generalplaners nicht anwesend ist. In der Ausführungs­phase sind eine Vielzahl von Gewerken zu koordinieren. Auch hier werden oftmals Bau­verzöge­rungen durch verspätete Plan­lieferungen oder nicht abgestimmte Anweisungen auf der Baustelle zwischen den Planungs­beteiligten zu Lasten des Auftrag­gebers hin- und her- geschoben. Auch diese Schnitt­stelle entfällt bei der Einbindung eines General­planers. Der Auftrag­geber wird in seiner Koordi­nations­pflicht massiv entlastet.

Qualitätsverbesserung und Kostensicherheit

Bei der Einzelvergabe von Planungsleistungen – oft nur über den Preis entschieden – werden verschiedene, oftmals bisher noch nicht gemeinsam erfahrene Planungs­partner, für ein Projekt zusammen­geführt. Schnittstellen in der Planung müssen häufig miteinander neu gefunden und erneut definiert werden. Die verschiedenen Software-Programme sind für den Daten­austausch – insbesondere bei der Plan­erstellung – zu synchronisieren. Arbeits­routinen sind zwischen den neuen Planungs­partnern abzustimmen. Diese Prozesse sind zeitaufwendig und fehler­anfällig. Ein erfahrener Generalplaner kann einen Großteil der angefragten Leistungen mit eigenem Personal und bereits synchronisierten Werk­zeugen und Arbeits­routinen erfüllen. Im Bedarf­sfall bedient er sich zur Unter­stützung Partnern, mit denen er langjährig und erfolgreich zusammen­gearbeitet hat. Der General­planer ist verant­wortlich für die voll­umfängliche Planungs­leistung. Dies betrifft auch eine umfängliche, lückenlose Kosten­ermittlung und Fort­schreibung der Kosten – über alle Gewerke hinweg.

Haftung

Wo gehobelt wird, fallen Späne. Tritt ein Schaden auf, wird dies i. d. R. auch über die Planungshaft­pflichtversicherungen der Planungsbeteiligten reguliert. Das Problem: In vielen Fällen sind Schäden nicht eindeutig den einzelnen Beteiligten zuzuordnen. In der Folge streiten sich die Versicherungen der Planungs­beteiligten, ohne dass dem Auftrag­geber eine Lösung zugeführt wird. Im Fall einer General­planung hat der Auftrag­geber den General­planer als alleinigen Haftungs­partner.

Fazit

  • Ein guter Generalplaner reduziert den Koordinationsaufwand auf Auftraggeberseite erheblich.
  • Der Auftraggeber hat jedoch weniger Einfluss­möglichkeiten auf den Planungs­prozess und die Auswahl der Planungsbeteiligten.
  • Auch im Haftungsfall hat der Auftraggeber einen Ansprechpartner und reduziert Abgrenzungsprobleme.
  • Die Einbindung eines geübten Generalplaners bringt Zeit- und Qualitäts­vorteile für den Auftraggeber durch inter­disziplinär eingespielte Planungsteams.
  • Zum Erreichen dieser Ziele sollte der General­planer einen Großteil der Leistungen mit eigenen und ihm vertrauten Mitarbeitern erbringen.
  • Insbesondere bei technisch unerfahrenen oder im Management schlank aufgestellten Auftraggebern ist die Einbindung eines General­planers vorteilhaft.

Foto: IWB

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