Artikel erschienen am 01.12.2013
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Vorhofflimmern: Was tun?

Von Prof. Dr. med. Jürgen Tebbenjohanns, Hildesheim

Vorhofflimmern ist die häufigste Herzrhythmusstörung im Erwachsenenalter: Das Herz schlägt unregelmäßig und häufig mit einer hohen Pulsfrequenz. Daraus folgt eine Abnahme der Leistungsfähigkeit und die Gefahr einer Blutgerinnselbildung, die im schlimmsten Fall zum Schlaganfall führen kann. Jede therapeutische Überlegung fußt auf diesen beiden Erkenntnissen.

Das Risiko einer Schlaganfallgefährdung ist abzuwägen und eine therapeutische Blutverdünnung oftmals vorzunehmen, überwiegend mit Marcumar oder einem der neuen oralen Antikoagulantien (NOAK; Dabigatran, Apixaban, Rivaroxaban). Von diesem Behandlungskonzept unabhängig ist die Therapie des Vorhofflimmerns zu sehen. Bei Patienten ohne Einschränkung der Leistungsfähigkeit und unbeeinträchtigter Lebensqualität wird darauf geachtet, dass die durchschnittliche Herzfrequenz etwa zwischen 60 und 90/Min. liegt unter Belassung des Vorhofflimmerns. Bei der viel größeren Gruppe von Patienten, die durch das Vorhofflimmern subjektiv und/oder objektiv z. T. stark beeinträchtigt sind, wird eine dauerhafte Rhythmisierung und Aufrechterhaltung des normalen Herzschlages (Sinusrhythmus) versucht. Die effektivste Methode ist die elektrische Kardioversion in Kurznarkose. Zur Vermeidung eines Wiederauftretens werden verschiedene Medikamente zur Prophylaxe eingesetzt. Bei Patienten mit sporadischem, paroxysmalem Vorhofflimmern und solchen, die trotz Medikation nicht befriedigend einzustellen sind, nimmt heute die Katheterablation einen immer größeren Stellenwert ein. Die entscheidenden Auslöser des Vorhofflimmerns sind Muskelzellen in den Einmündungsbereichen der Lungenvenen am Übergang in den linken Vorhof. Das Ziel der Ablation ist die sog. Lungenvenen-/ 
Pulmonalvenenisolation. Hierbei werden diese elektrischen Verbindungen zwischen der Lungenvene und dem linken Vorhof unterbrochen und somit die Hauptauslöser des Vorhofflimmerns ausgeschaltet. Ein neuartiges, sicheres und effektives Verfahren stellt die Vereisungstherapie dar (Kryoballon-Ablation). Es werden im Herzkatheterlabor nach örtlicher Betäubung zwei Sonden zum Herz vorgeführt. Der Ballon wird im linken Vorhof entfaltet und genau in den o. g. Einmündungszonen platziert (s. Abb.). Die Flüssigkeit in dem Ballon wird dann tiefgefroren. Durch die dünne Ballonmembran wird die Kälte auf das umliegende Muskelgewebe übertragen und dieses somit „erfroren“. Der Eingriff wird von den Patienten als sehr gut tolerabel eingestuft, die Dauer beträgt etwa 90 Min., der stationäre Aufenthalt ca. drei Tage, die Erfolgsrate 70 – 80 %. Diese Kryoballon-Therapie wurde weltweit erstmals im Frühjahr 2012 eingesetzt. In unserer Klinik wurden bislang annähernd 200 Patienten behandelt, sodass wir zu den führenden Zentren zählen. Durch unser Angebot der ambulanten Nachbesprechungen nach 3, 6 und 12 Monaten können wir individuell beraten und wissen, dass die Lebensqualität deutlich ansteigt (durchschnittlich von „mangelhaft“ auf „gut“).

Der Kryoballon liegt im linken Vorhof im Einmündungsbereich der Lungenvene. Die blaue Zone markiert die präzise, lückenlose Isolationslinie.

Die Behandlung des Vorhofflimmerns hat sich in den vergangenen Jahren erheblich gewandelt, sowohl im Hinblick auf die Vermeidung des Schlaganfalls als auch bezüglich der Herzrhythmustherapie per se. Moderne Verfahren lassen vielfach ein sehr gutes Therapieergebnis erwarten.

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