Koronare Bypass-Operation: Lebensbrücken für das Herz
Von PD Dr. Wolfgang Harringer, Braunschweig | Dr. Med. Ingo Breitenbach, Braunschweig
Diagnose: schwere koronare 3-Gefäßerkrankung. Die Nachricht traf den 67-jährigen Sebastian Pauli nicht vollständig unvorbereitet. Schon einige Monate zuvor verspürte er starke Schmerzen hinter dem Brustbein, zuletzt schon bei geringer körperlicher Belastung sowie eine zunehmende Atemnot. Zunächst für harmlos empfunden, bewegten sie ihn schließlich doch zur Vorstellung beim Kardiologen. Hier brachte die Herzkatheter-Untersuchung schließlich Klarheit. Es zeigten sich hochgradige Einengungen aller drei großen Herzkranzgefäße. Durch diese Engstellen wurde das Herz nicht mehr ausreichend mit Blut und somit mit Sauerstoff versorgt. Die von Herrn Pauli verspürten Schmerzen die sog. Angina Pectoris sind Ausdruck dieser Minderversorgung. Begünstigt wird die Verengung der Herzkranzgefäße durch die klassischen Risikofaktoren wie Bluthochdruck, erhöhte Blutfette, Diabetes und Übergewicht.
Indikationen zur interventionellen- und chirurgischen Therapie
Eine Aufdehnung der Engstellen mit einem Ballon (PTCA) und die Implantation von Gefäßstützen (Stents) stellen die Therapie der Wahl bei Engstellen an ein oder zwei Kranzarterien oder einfach zugänglichen Engstellen dar. Bei Herrn Pauli, bei dem alle drei großen Herzkranzgefäße betroffen waren, ist die operative Therapie des Befundes mit der Anlage von Bypässen der interventionellen Therapie klar überlegen. Neben dieser sog. koronaren 3-Gefäßerkrankung stellt auch die Hauptstammstenose die Indikation zum operativen Vorgehen dar. Durch die stetigen Weiterentwicklungen der Techniken ist die Rate an schweren Komplikationen im Rahmen der Operation mit 1-3 % sehr niedrig.
Konventionelle- und minimalinvasive koronare Bypass-Operation
In einer rund dreistündigen Operation in Vollnarkose werden hierbei die Engstellen der Herzkranzgefäße durch körpereigene Gefäße überbrückt. Diese Bypässe führen meist von der Hauptschlagader hinter die Engstelle eines Herzkranzgefäßes. Verwendung finden neben der linken Brustwandarterie auch die rechte Brustwandarterie, eine Armschlagader oder Beinvenen. Durch viele Studien bestätigte sich die bessere Langzeit-Offenheitsrate der arteriellen Bypässe im Vergleich zu den Venenbypässen, weshalb die Arterien vor allem bei jungen Patienten bevorzugt verwendet werden.
Das Standardverfahren, welches auch bei Herrn Pauli zur Anwendung kam, beginnt mit der Eröffnung des Brustkorbes und Präparation der Bypassgefäße (Brustwandarterien, Armarterie oder Beinvene). Hiernach erfolgt der Anschluss an die Herz-Lungen-Maschine, die während der Operation die Pumpfunktion des Herzens und auch die Sauerstoffversorgung des Körpers übernimmt. Nach Stilllegung des Herzens erfolgt dann die Anfertigung der Bypässe mit hauchdünnem Nahtmaterial. Hiernach kann das Herz wieder seine Funktion übernehmen und die Herz-Lungen-Maschine kann entfernt werden.
Neben der konventionellen Bypass-Operation unter Verwendung der Herz-Lungen-Maschine, kann die Operation auch am schlagenden Herzen ohne Herz-Lungen-Maschine durchgeführt werden (sog. OPCAB Verfahren). Vor allem Patienten mit einer stark verkalkten Hauptschlagader (Aorta) profitieren hiervon, da durch die fehlenden Manipulationen an der Aorta das Schlaganfallrisiko deutlich reduziert werden kann.
Ein weiteres gängiges minimalinvasives Verfahren stellt die sog. MIDCAB-Operation dar. Hierbei wird über einen kleinen Schnitt unterhalb der Brustwarze die linke Brustwandarterie freigelegt und am schlagenden Herzen mit der Vorderwandarterie verbunden. Vorteil ist die Vermeidung der Durchtrennung des Brustbeines und der Herz-Lungen-Maschine.
Von der Operation zurück ins Leben
Bei Herrn Pauli erfolgte der 3-fache Koronarbypass unter Verwendung beider Brustwandarterien und einer Armschlagader. Diese sogenannte komplette arterielle Revaskularisation bietet die besten Langzeitoffenheitsraten und ist somit für den 67-jährigen Patienten ideal, da mit großer Wahrscheinlichkeit die Bypässe ein Leben lang halten. Nach der Operation wurde Herr Pauli noch in Narkose auf die Intensivstation verlegt. Seine Erinnerung setzte erst nach Entfernung des Beatmungsschlauches wieder ein. Er fühlte sich insgesamt noch sehr müde und schläfrig, doch bereits am nächsten Tag konnte er sich mit Hilfe schon wieder mobilisieren und auf die Zwischenintensivstation verlegt werden. Nach fünf Tagen wurde schließlich der letzte Zugang entfernt und Herr Pauli fühlte sich nach der ersten Dusche wortwörtlich wie neu geboren. Nach sieben Tagen konnte er bereits aus der herzchirurgischen Behandlung entlassen werden. Ihm steht nun eine dreiwöchige Rehabilitation bevor.
Nach insgesamt drei Monaten wird das Brustbein wieder komplett belastbar sein und Herr Pauli kann seinen aktiven Lebensstil uneingeschränkt weiterführen. An sein wiedergewonnenes Leben wird er hierbei nur noch durch die bereits verblasste Narbe erinnert.
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