Artikel erschienen am 11.12.2018
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Schlaganfallzentren und ihre Rolle in der Behandlung akuter Schlaganfälle

Von Mazen Abu-Mugheisib, Braunschweig

Rund 260 000 Menschen erleiden jährlich in Deutschland einen Schlaganfall. Ein Schlaganfall entspricht einer Durchblutungsstörung des Gehirns. Diese hat meist verschiedene Ursachen:

  • Hirninfarkt (ischämischer Schlaganfall) durch einen akuten Verschluss eines Blutgefäßes.
  • Hirnblutung (hämorrhagischer Schlaganfall i. S. einer intrazerebralen Blutung) durch die Ruptur eines Blutgefäßes.
  • Hirnblutung (hämorrhagischer Schlaganfall i. S. einer Subarachnoidalblutung) durch die Ruptur eines Aneurysmas (Gefäßaussackung).

Im Rahmen der akut einsetzenden Erkrankung gehen Nervenzellen des Gehirns an einem Mangel an Sauerstoff und Nährstoffen zugrunde. Die lokale Mangeldurchblutung im Gehirn entspricht einem Hirninfarkt. Sie stellt mit 80 % die häufigste Ursache eines Schlaganfalls dar. In 15 % der Fälle kommt es durch eine Ruptur eines Blutgefäßes zu einer in­trazerebralen Blutung, bei 5 % aufgrund einer Aneurysmaruptur zu einer Subarachnoidalblutung.

Jeder vierte Schlaganfallpatient stirbt innerhalb eines Jahres. Somit repräsentiert der Schlaganfall nach dem Herzinfarkt und Tumorerkrankungen die dritthäufigste Todesursache in Deutschland und die häufigste Ursache für mittel- bis schwergradige Behinderungen. Nur eine schnelle und richtige Therapie eröffnet die Möglichkeit, negative Folgen eines Schlaganfalles zu vermeiden oder in ihrem Ausmaß zu verringern. Dafür ist zum einen der Faktor Zeit wesentlich. Zum anderen ist die Behandlung an einem Schlaganfallzentrum mit zertifizierter Stroke Unit und im Bedarfsfall einer neurologischen Intensivstation entscheidend. Aktuell werden in Deutschland etwa 70 % aller akuten Schlaganfälle in Kliniken mit zertifizierter Stroke Unit behandelt.

Das Schlaganfallzentrum ist Teil einer überregio­nalen Versorgungsstruktur, in der Patienten mit meist akuten und z. T. auch seltenen neurovaskulären Krankheiten unter neurologischer Behandlungsführung interdisziplinär auf hohem Niveau behandelt werden. Hier kommen auch neue Therapiekonzepte zum Tragen. Zur erfolgreichen Umsetzung dieses Konzepts ist eine enge Kooperation der verschiedenen Abteilungen und Kliniken zwingend, d. h. die Basis eines Schlaganfallzentrums ist eine optimale und patientenorientierte interdisziplinäre Zusammenarbeit. Die (über-)regional zertifizierte Stroke Unit verkörpert hierbei das Kernstück der qualifizierten Schlaganfallbehandlung in Deutschland und koordiniert das Schlaganfallzentrum. Eingebunden sind meist neurochi­rurgische, interventionell-neuroradiologische, gefäßchirurgische und kardiologische Abteilungen, um die Behandlung komplexer Schlaganfallpatienten gewährleisten zu können. Zudem sind zuweisende neurologische Kliniken mit regional zertifizierter Stroke Unit sowie Kliniken ohne neurologische Abteilung oder zertifizierte Stroke Unit fest eingebunden.

Zunehmende Bedeutung in der Versorgung akuter Schlaganfallpatienten gewinnen teleneurologische Netzwerke unter Führung eines oder mehrerer Schlaganfallzentren. Gerade in strukturschwachen Regionen, in denen viele Kliniken keine eigene neurologische Abteilung oder zertifizierte Stroke-Unit haben, trägt dieses erheblich zur Verbes­serungen der Versorgung bei. Mithilfe von Videokonferenzen und teleradiologischen Konzepte erfolgt die Untersuchung des Patienten und die Beurteilung der Bilder. Dabei werden die Bild- und Tondaten über eine verschlüsselte Leitung sicher übertragen. Liegt ein akuter Schlaganfall vor, wird über die systemische rt-PA-Thrombolyse entschieden, die dann vor Ort umgehend eingeleitet werden kann. Liegt zusätzlich ein Verschluss einer großen Hirnarterie vor, erfolgt unmittelbar im Anschluss die Verlegung in das Schlaganfallzentrum zur mechanischen Rekanalisation.

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