Artikel erschienen am 31.01.2018
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Das verschlissene Hüftgelenk

Wann und wo operieren?

Von Prof. Dr. med. Karl-Dieter Heller, Braunschweig

Die Frage nach dem Zeitpunkt der OP-Notwendigkeit des Hüftgelenkes ist einerseits leicht zu beantworten, andererseits sehr individuell zu betrachten. Eine Verschleißerkrankung äußert sich typischerweise durch Schmerzen, die zunächst nach längerer Gehstrecke oder nach längerem Sitzen im Bereich der Leiste, des Gesäßes und des Oberschenkels auftreten, typisch sind morgendliche Anlaufschmerzen oder Schmerzen nach längerer Ruhephase. Die unangenehmste Schmerzvariante ist der Ruheschmerz.

Wenn ein Hüftgelenk schmerzt, wird dies nicht mehr in vollem Bewegungsumfang bewegt und es kommt dann folglich zu einer Schrumpfung der Kapsel mit einer Bewegungseinschränkung – man kann die Hüfte nicht mehr adäquat drehen und erreicht z. B. die Füße nicht mehr. Durch diese Kombination aus Schmerz und Bewegungseinschränkung kommt es zum Hinken. Dieses Hinken wird häufig eher von der Umwelt, als von dem Betroffenen selbst wahrgenommen.

Wenn eine solche Beschwerdesymptomatik auftritt, ist es ratsam, einen orthopädischen oder unfallchirurgischen Arzt aufzusuchen und ein Röntgenbild durchführen zu lassen. Durch die Untersuchung und das Röntgenbild lässt sich sehr schnell und sehr leicht feststellen, ob das Hüftgelenk betroffen ist oder nicht. In leichteren Stadien ist die nicht operative Behandlung die Methode der Wahl, es wird Krankengymnastik und Bewegungstherapie verordnet. Des Weiteren werden Schmerzmedikamente verabreicht und möglicherweise Spritzen appliziert.

Beurteilung

Im weiteren Verlauf bleibt dann zu beurteilen, wann der Zeitpunkt für eine operative Maßnahme, sprich für ein künstliches Hüftgelenk, gekommen ist. Für die Beurteilung des Zeitpunktes ist die Einschätzung des Betroffenen, somit die individuelle Beurteilung, die Reduktion der Lebensqualität und der Leistungsfähigkeit von hoher Bedeutung. Dieses soll heißen, dass nicht allein anhand des Röntgenbildes und des klinischen Befundes die Aussage getroffen wird, ein künstliches Hüftgelenk einzubauen, sondern dass man insbesondere die persönliche Lebenssituation des Betroffenen mit in die Entscheidungsfindung einbezieht. letztendlich muss der Patient entscheiden, ob er operiert werden möchte oder nicht. Man kann sehr lange auch auf einem sehr verschlissenen Hüftgelenk herumlaufen, ohne dass gravierende Nachteile auftreten. Es gibt nur wenige Fallkonstellationen, in denen eine frühzeitige Endoprothese ratsam ist.

Entscheidung künstliche Hüfte

Ist nun die Entscheidung für ein künstliches Hüftgelenk gefallen, so stellt sich die nächste Frage, wo man dieses einbauen lassen sollte. Wesentlich erscheint in diesem Zusammenhang die Erfahrung des Operateurs und der Klinik. Es gibt mittlerweile zahlreiche Studien, die belegen, dass eine Mindestmenge pro Operateur und pro operierender Abteilung eine bessere Qualität bedingt. Aus diesem Grunde ist der Patient gut beraten, eine Klinik zu suchen, die sich auf diese Operationen spezialisiert hat. Seitens der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie wurden Endoprothetik-Zentren definiert, die belegen, dass ihre Strukturen und Prozesse optimal für die Endoprothetik angepasst wurden und dass der Operateur mindestens 50 Operationen pro Jahr selbständig durchführt. Im Endoprothetik-Zentrum der Maximalversorgung liegt diese Zahl für die sog. Senioroperateure bei 100 selbständig durchgeführten Operationen pro Jahr. Dies ist ein weiterer Schritt in Richtung Qualität.

Des Weiteren gilt noch zu beachten, welches Implantat verwendet und eingebaut wird. Die Implantatvielfalt ist hoch, es ist durchaus ratsam, nicht immer das neueste, sondern ein etabliertes Implantat zu verwenden. Die Wahl wird beeinflusst durch das Patientenalter, die Knochenqualität und die Form des Kochens. Hier stehen insbesondere Kurzschaft- und Geradschaftprothesen zur Verfügung. Im Weiteren ist zu klären, welche Materialien Anwendung finden sollen. Je hochwertiger die Materialien (Keramik/Keramik, Keramik/Polyäthylen), desto länger hält die Prothese und das ist genau das Ziel, eine langfristige hochwertige Versorgung durchzuführen. Das Material spielt dort eine Rolle, wo sich die Prothesenanteile gegeneinander bewegen, sprich die Kugel gegenüber der einzubauenden Pfanne (siehe Abb. moderne Hüftprothese). Weiterhin ist zu diskutieren, ob die Verankerung zementiert oder zementfrei erfolgen soll. Heutzutage führt man zementfreie Implantationen mit Titanprothesen durch, nur bei besonders schlechter Knochenqualität ist die Zementierung noch ratsam.

Zusätzlich bleibt der Zugangsweg zur Hüfte zu beachten, dieser sollte zwingend muskelschonend durchgeführt werden.

Fazit

Wenn all diese Punkte beachtet werden, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Betroffene langfristig eine seriöse Indikationsstellung und eine hohe Zufriedenheit mit dem Implantat zu erwarten hat.

Bilder: Aesculap, Fotolia/fireofheart

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