Kreuzbandriss
Welche Behandlung ist die Richtige?
Von Dr. med. Elmer Zickler, BraunschweigCirca 50 000 Risse des vorderen Kreuzbandes treten pro Jahr in Deutschland auf, am häufigsten durch Sportunfälle.
Eine der wichtigsten Fragen zur Therapieplanung nach einem Kreuzbandriss ist die Beurteilung eines möglichen Stabilitätsverlustes. Liegt nach Abklingen der ersten Phase der Schwellung und Schmerzen kein Stabilitätsverlust vor, kann eine nichtoperative Behandlung erwogen werden.
Meist jedoch führt ein Kreuzbandriss zu einem dauerhaften Instabilitätsgefühl und wiederholtem „Wegknicken“ schon bei Alltagsbelastungen (z. B. Treppensteigen oder Spazierengehen). Diese Instabilität birgt ein hohes Risiko, schwerwiegende Folgeschäden und Verschleißerscheinungen zu entwickeln. Den meisten Patienten wird daher eine operative Behandlung empfohlen. In Deutschland werden aktuell ca. 35 000 Kreuzbandoperationen pro Jahr durchgeführt – Tendenz weiter steigend.
Bei dem Ersatz des vorderen Kreuzbandes (Kreuzbandplastik) wird das gerissene Band meist in minimalinvasiver Technik (Gelenkspiegelung über kleine Schnitte) durch ein Sehnentransplantat ersetzt. Verschiedene Operationstechniken (z. B. Entnahmestelle des Transplantats, Art der Transplantatverankerung, Ausrichtung der Bohrkanäle etc.) können hierbei individuell an die Bedürfnisse des Patienten angepasst werden. Gleich bleibt jedoch das Grundprinzip: Eine körpereigene Sehne wird entnommen und über Bohrkanäle in das Knie eingezogen. Die Sehne wird in dieser Position verankert und kann, nach vollständiger Einheilung, die Stabilisierungsfunktion des gerissenen Kreuzbandes übernehmen.

Vorderer Kreuzbandriss im MRT; Seitenansicht und frontal
Chancen und Grenzen der Kreuzbandplastik
Im Idealfall kann eine vollständig wiederhergestellte Kniefunktion und -stabilität erreicht werden. Nach einigen Wochen kann der Patient das Bein wieder voll belasten, zunehmendes Training ist möglich.
Jedoch kann ein Transplantat nicht alle Funktionen eines gesunden natürlichen Kreuzbandes sofort übernehmen. In der transplantierten Sehne finden sich z. B. nicht dieselben Nervenendigungen wie im gesunden Kreuzband. Diese Nerven lieferten vor dem Riss Informationen an das Gehirn, die für die Koordination des Knies wichtig sind (Propriozeption). Das transplantierte Kreuzband kann diese Funktion anfangs nur eingeschränkt übernehmen.
In erfahrenden Händen ist die minimalinvasive Kreuzbandplastik ein Routineeingriff mit hervorragendem Chancen-Risiko-Verhältnis. Es resultieren regelhaft günstige Behandlungsergebnisse bei geringem operativem Risiko. Die Operation soll den Patienten helfen, sicher und schnell zu einem natürlichen Bewegungsumfang zurückzufinden und das Risiko für Folgeschäden zu minimieren. Insbesondere für anspruchsvolle und körperlich aktive Patienten stellt daher die Operation den „Goldstandard“ dar.
Fotos: HEH