Artikel erschienen am 29.06.2016
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Der „grüne Star“ – Laser statt Tropfen

Sanfte Alternative in der Glaukomtherapie

Von Dr. Pia Rita Peter, Braunschweig

Beim „grünen Star“ – medizinisch auch Glaukom genannt – handelt es sich um eine Gruppe von Erkrankungen, bei denen es zum unumkehrbaren Schwund der Sehnervenfasern kommt.

In Deutschland sind ca. 800 000 Menschen an einem Glaukom und ungefähr drei Mio. an einer Vorstufe erkrankt.

Die Dunkelziffer ist hoch, da der Nervenfaserschwund erst spät bemerkt wird und Ausfälle im Gesichtsfeld (Skotome) auftreten können, lange bevor die Sehschärfe schlecht wird.

Diese Skotome können z. B. zu Unsicherheiten beim Autofahren führen.

Der Nervenfaserschwund wird durch zu hohen Augendruck und/oder eine mangelnde Blutversorgung der Sehnerven verursacht und kann in extremen Fällen zur Erblindung führen.

Grundsätzlich kann jeder an einem Glaukom erkranken. Deshalb ist die Früherkennung sehr wichtig.

Risikofaktoren

Typische Faktoren, die Entstehung eines Glaukoms begünstigen, sind:

  • erhöhter Augeninnendruck,
  • das Alter (ab ca. 40 Jahren),
  • das Vorkommen eines Glaukoms in der Familie,
  • starke Kurz- oder Weitsichtigkeit,
  • andere Augenerkrankungen (z. B. Pigmentdispersion, Pseudoexfoliation oder nach einer Regenbogenhautentzündung (Iridocyclitis)),
  • Diabetes mellitus,
  • die Einnahme bestimmter Medikamente (z. B. Cortison),
  • die ethnische Herkunft (z. B. aus manchen Gebieten aus Afrika oder der Karibik),
  • Zustand nach Verletzungen, (z. B. Augapfelprellungen).

Die augenärztliche Untersuchung steht am Anfang der Diagnosestellung

Neben der Aufnahme der Vorgeschichte (Anamnese), der Messung der Sehschärfe und evtl. des Gesichtsfeldes erfolgt in jedem Falle eine binokulare mikroskopische Untersuchung des Auges mit Betrachtung des Sehnervenkopfes am Augenhintergrund. Dabei achtet der Augenarzt u. a. auf die Färbung und Dicke der Nervenfaserschicht und auf die sog.
„Cup-Disk-Ratio“, das Verhältnis zwischen Aushöhlung und Gesamtdurchmesser der Sehnervenscheibe in vertikaler Ausrichtung.

Ebenso wird der Vorkammerwinkel, über den das Kammerwasser abfließt, an der Spaltlampe beurteilt. Bei der Vorsorgeuntersuchung auf ein Glaukom erfolgt die Augeninnendruckmessung. Der Normwert für den Augeninnendruck liegt bei 15,5 mm HG (Quecksilbersäule). Der Normbereich wird auf Werte zwischen 10 und 21 mm HG definiert. Es gibt aber Menschen, bei denen der Augeninnendruck immer im Normbereich liegt, die aber dennoch an einem Normaldruckglaukom erkrankt sind.

Umgekehrt gibt es Menschen, bei denen der Augendruck bei bis 25 mm HG liegt, aber nur eine oculäre Hypertension vorliegt. In diesen Fällen ist es sinnvoll, eine sog. „Pachymetrie“ (eine Messung der Hornhautdicke) durchzuführen, die eine Korrektur der gemessenen Werte erlaubt. Ein korrigierter Augeninnendruck über 25 mm HG sollte immer behandelt werden.

Weitere wertvolle Hilfsmittel zur Verlaufskontrolle und Risikoabschätzung liegen in der Möglichkeit, mit bildgebenden Verfahren eine dreidimensionale Vermessung der Nervenfaserschicht vorzunehmen. Zum Vergleich sind in diesen Geräten Normalwerte von Gesunden aller Altersgruppen gespeichert. Es können auch über Jahre hinweg selbst kleinste Veränderungen am Sehnerven festgestellt und beurteilt werden.

So ist z. B. bei der optischen Kohärenztomografie (OCT) oder der Laser-Scanning-Tomografie (HRT) keine Pupillenerweiterung zur Untersuchung des Sehnervenkopfes nicht mehr nötig. Diese Untersuchungen sind völlig schmerzfrei. Bei der OCT wird ein Laserlicht verwendet, das Schnittbilder durch die Netzhaut und den Sehnervenkopf erzeugt.

Das unterschiedliche Reflexionsverhalten, z. B. der Nervenfaserschicht oder der Sinneszellen (Zapfen und Stäbchen), der Netzhaut erlaubt eine Quantifizierung der Schichtdicken. Auch ein geringer Schwund der Nervenfaserschicht kann so über lange Zeiträume erkannt werden.

Auch die Lasertomografie ist in der Glaukomdiagnostik etabliert. Dabei tastet ein Laserstrahl die Netzhaut und den Sehnervenkopf ab. Es wird ein dreidimensionales Höhenrelief erzeugt, das die Aushöhlung des Sehnervenkopfes (Papillenexcavation) oder die Dicke der Nervenfaserschicht um den Sehnervenkopf berechnet.

Auch die Farbfotografien des Sehnervenkopfes können Informationen bieten.

Liegt nun ein behandlungsbedürftiges Glaukom vor, ist als Erstes eine konservative Therapie mit Augentropfen vorzunehmen. Die Tropfmedikation ist die häufigste Behandlungsform des Glaukoms. Es ist eine individuelle Steuerung erforderlich. Die medikamentöse Augendrucksenkung erfolgt zunächst mit einer Monotherapie. Bei einem fortgeschrittenen Glaukom müssen oftmals Medikamente anderer Wirkstoffgruppen hinzugefügt werden, sodass in fortgeschrittenen Glaukomstadien oftmals bis zu fünfmal täglich unterschiedliche Augentropfen verabreicht werden müssen.

Die tägliche Augentropfenapplikation ggf. über Jahrzehnte beeinflusst die Lebensqualität vieler Patienten negativ. Diese Therapie erfordert eine erhebliche Mitarbeit der Patienten. Trotz der möglichen Nebenwirkungen und der Nichtwirksamkeit bei einigen Patienten müssen die Augentropfen regelmäßig mehrmals täglich genommen werden.

Wenn die konservative Therapie zur Augendrucksenkung ausgeschöpft ist, werden operative Maßnahmen erforderlich. So kann operativ z. B. ein künstlicher Kanal geschaffen werden, um den Abfluss des Kammerwassers wieder zu ermöglichen. Dieses stellt aber ein invasives operatives Verfahren dar, das eine mehrtägige stationäre Verweildauer erforderlich macht.

Als alternatives Verfahren hatte sich bisher immer die Durchführung einer ALT (Argon-Laser-Trabekuloplastik) angeboten. Diese hat aber den Nachteil, dass bleibende Vernarbungen entstehen und es zu möglichen Schmerzen und Entzündungen nach der Behandlung kommen kann. Der entscheidende Nachteil dieser Laserbehandlung ist aber, dass es zu keiner lang anhaltenden, ausreichenden Augendrucksenkung kommt.

Die SLT (Selektive Laser-Trabekuloplastik) ist eine einfache und doch hochwirksame Lasertherapie zur Augendrucksenkung, die ambulant in der Augenarztpraxis durchgeführt wird und i. d. R. nicht länger als 5 Minuten dauert. Die grünen Laserlichtimpulse sind sehr kurz (0,000000003 Sekunden) und extrem niedrig dosiert. Die Laserenergie wird nur selektiv auf die Pigmentzellen im Kammerwinkel übertragen. Das umgebende Gewebe und der Rest des Auges bleiben völlig unberührt und unbeschädigt. Der Abfluss ist nicht mehr blockiert, das Kammerwasser kann wieder abfließen und der Augendruck sinkt. Der bei der ALT entstandene koagulative Gewebeschaden fehlt bei der SLT, weshalb sie prinzipiell wiederholbar ist. Die SLT ist nicht schmerzhaft. Die SLT ist besonders geeignet, wenn eins oder mehrere der folgenden Kriterien zutreffen:

  • Wenn ein Offenwinkelglaukom, Pseudoexfoliationsglaukom oder ein Pigmentglaukom vorliegen.
  • Wenn Augentropfen nicht vertragen werden oder Schwierigkeiten beim Tropfen auftreten (rheumatoide Arthritis, Tremor etc.).
  • Wenn die konservative Therapie mit Augentropfen keine ausreichende Augendrucksenkung bewirkt.

Fazit

Letztendlich steht dem Augenarzt mit der SLT eine neue Alternative in der Glaukomtherapie zur Verfügung, die nicht zuletzt auch die Lebensqualität vieler Glaukompatienten verbessern kann.

Foto: Panthermedia/Robert Przybysz

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