Artikel erschienen am 26.09.2016
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Behandlung von Knorpelschäden am Kniegelenk

Von Prof. Dr. med. Karl-Dieter Heller, Braunschweig

Aus Knorpelschäden im Bereich der gelenkbildenden Anteile des Kniegelenkes können sich schwere Verschleißerkrankungen entwickeln. Die Ursache dieser Knorpelschäden ist mannigfaltig. Sie können verletzungsbedingt, durch angeborene Erkrankungen oder aber auch durch Überlastung entstehen.

Weiterhin führt der natürliche Verschleiß zu charakteristischen Knorpelveränderungen. Das Ziel im Sinne der Vorsorge muss sein, diese so frühzeitig zu erkennen, dass sich noch keine massive Verschleißerkrankung entwickelt. Knorpelschäden am Kniegelenk sind insbesondere dann gut therapierbar, wenn sie noch nicht zu groß geworden sind. Dies bezieht sich einerseits auf die Ausmaße in Längs- und Querrichtung, zum anderen aber auch auf die Tiefe dieses Defektes (Abb. 1). Somit sollten dauerhafte Beschwerden im Kniegelenk abgeklärt werden. Es ist selbstverständlich wesentlich, andere Veränderungen im Kniegelenk, wie z. B. Meniskusschäden, Kreuzbandverletzungen oder Schleimhauterkrankungen, bezüglich der Beschwerden abzugrenzen.

Abb. 1: tiefer, umschriebener Knorpelschaden hinter der Kniescheibe

Wird nun eine Knorpelschädigung diagnostiziert, so gibt es letztendlich drei sinnvolle Methoden, diese zu behandeln.

Zum einen ist dies die sog. Mikrofrakturierung. Hier wird das geschädigte Knorpel­areal Richtung Markraum des Oberschenkel- oder Unterschenkelknochens angebohrt bzw. mit einem Dorn eröffnet. Es kommt dadurch zu einer Einblutung und in der Folge zur Bildung von Stammzellen, die in der Lage sind, Ersatzknorpel zu bilden, sodass sich dieser Defekt wieder auffüllt. Einerseits kann diese Methode nicht bei großen Defekten durchgeführt werden, andererseits handelt es sich hierbei generell immer nur um einen sog. Faserknorpel und nicht um den hochwertigen normalen (hyalinen) Knorpel.

Die zweite Methode ist die Knorpelknochen-Stanzzylinder-Transplantation (Abb. 2), hier werden aus unbelasteten Knorpelarealen, sprich kreuzbandnah oder an der Außenseite der Oberschenkelrolle gelegen, Knorpelknochen-Stanzzylinder entnommen, die dann in den Knorpeldefekt eingefügt werden, sodass diese den Defekt mit einem, zwei oder max. drei Stanzzylindern auffüllen. Dies hat den Vorteil, dass der Defekt mit gesundem Knorpel aufgefüllt ist, die Zwischenräume zwischen diesen kreisförmigen Knochenzylindern und dem umgebenden gesunden Knorpel sind dann aber mit Faserknorpel gefüllt (Abb. 3).

Abb. 2: entnommene Knorpel-Knochen-Stanzzylinder

Abb. 3: Direktfüllung mit Stanzzylindern

Diese Methode ist dann anwendbar, wenn ein deutlicher Knorpelschaden vorliegt, der aber von einem gesunden Knorpel umgeben ist: Man hat eine Art Krater im Knorpel, der bis auf den Knochen reicht (Abb. 1). Der Rand dieses kraterförmigen Knorpeldefektes ist jedoch von normaler Knorpeldicke, sodass man hier das Kollagenvlies (Abb. 4) mit gezüchteten Knorpelzellen einbauen kann. Dies sieht typischerweise so aus, dass man, wenn der Defekt geeignet ist, im Rahmen einer Gelenkspiegelung Knorpelknochen-Stanzzylinder entnimmt, diese einschickt und von der verarbeitenden Firma nach drei Wochen ein Kollagenvlies erhält, welches annähernd die normale Knorpeldicke hat und mit den gezüchteten Knorpelzellen beimpft ist. Über einen kleinen Schnitt wird dann dieses Vlies in den ausgestanzten Defekt eingenäht, sodass der Defekt komplett geschlossen ist. Der Vorteil dieser Methode liegt darin, dass man den kompletten Defekt auffüllt und dass es durch das passgerechte Einkleben/Einnähen zu keiner Lücke zwischen altem und neuem Knorpel kommt (Abb. 5).

Abb. 4: Kollagenvlies mit gezüchteten Knorpelzelle

Abb. 5: Direktfüllung mit Kollagenvlies

All diese Methoden greifen jedoch nur, wenn es sich um umschriebene Knorpelschäden handelt. Liegt eine schwere Arthrose vor, so findet man häufig keine umschriebenen, sondern großflächige Knorpeldefekte mit abgeschliffenem Knochen und abgeschliffenem Knorpel, sodass man diesen Übergang zum gesunden Knorpel nicht mehr findet bzw. dieser so große Areale umfasst, dass sich eine entsprechende Knorpeltherapie verbietet. Sie verbietet sich auch dann, wenn sowohl aufseiten des Ober- als auch aufseiten des Unterschenkels Schädigungen vorliegen, denn auf beiden Seiten kann man eine entsprechende Knorpeltherapie der hier beschriebenen Güte, insbesondere der Mosaikplastik oder der Knorpelzelltransplantation, nicht durchführen. Somit muss das primäre Ziel sein, entstehende Knorpelschäden, wodurch auch immer ausgelöst, frühzeitig zu erkennen und frühzeitig zu behandeln, um Endzustände zu vermeiden, die dann nur noch mit anderweitigen Methoden wie z. B. Umlagerungsoperationen, Teilprothesen oder Vollprothesen versorgt werden können.

Fotos: Herzogin Elisabeth Hospital, Aesculap AG

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