Artikel erschienen am 20.05.2014
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Gesundes Arbeitsklima

Gesundheitsmanagement spart Steuern!

Von Ulrike Andrulat, Wolfenbüttel

Der Fachkräftemangel in Deutschland verschärft sich weiter. Unternehmen aller Größen und Branchen versuchen neue Wege im Recruiting und Personalmarketing zu beschreiten. Es wird die Erwartungshaltung an die Arbeitswelt der Generation Y analysiert, familienfreundliche Arbeitszeitmodelle werden entwickelt, variable Vergütungen und Mitarbeiterbeteiligungen diskutiert sowie last but not least das Thema Gesundheitsmanagement in den Fokus gerückt. Bei allen Maßnahmen geht es um eine Win-win-Situation für Unternehmen und Arbeitnehmer. Dieser Artikel beschäftigt sich mit dem Thema Gesundheitsmanagement aus rein steuerlicher Sicht.

Unternehmen sind durchaus bereit, in die Gesundheit ihrer Mitarbeiter zu investieren. Allerdings sind Maßnahmen und Zuwendungen eines Arbeitgebers, welche im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers zu werten sind, grundsätzlich lohnsteuer- und in der Regel auch sozialversicherungspflichtig. Die Folge ist, dass der Arbeitnehmer zwar in den Genuss arbeitgeberfinanzierter Gesundheitsmaßnahmen kommt, er dafür aber in Form von Lohnsteuern und auch Sozialversicherungsbeiträgen bezahlen muss. Davon gibt es allerdings zwei Ausnahmen:

  • Leistungen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers,
  • Steuerbefreiung von Gesundheitsleistungen gem. § 3 Nr. 34 EStG.

Leistungen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers

Ein eigenbetriebliches Interesse setzt voraus, dass bei objektiver Würdigung aller Umstände des Einzelfalls die Maßnahme sich nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betrieblicher Zielsetzungen erweist (BFH, Urt. v. 07.07.2004 – VI R 29/00). Es handelt sich um steuerlich abzugsfähige Betriebsausgaben des Arbeitgebers.

Folgende Beispiele sollen verdeutlichen, unter welchen Voraussetzungen die Rechtsprechung überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers anerkannt hat:

  • Kosten für Vorsorgeuntersuchungen: Ausschlaggebend war, dass der Arbeitgeber den Personenkreis, den Untersuchungsturnus und das Untersuchungsprogramm bestimmte sowie einen mittelbaren Zwang ausübte (BFH, 17.09.1982 – VI R 75/79).
  • Massagen für Arbeitnehmer an Bildschirmarbeitsplätzen: Durch Einschalten des medizinischen Dienstes einer Krankenkasse oder eines Sachverständigengutachtens konnte der Nachweis erbracht werden, dass die Massagen geeignet sind, die durch die Art der Betätigung ausgelösten Beschwerden zu beseitigen (BFH, 30.05.2001 – VI R 177/99).
  • Kostenübernahme für eine Wirbelsäulentrainingstherapie: Obwohl nur sehr wenige Arbeitnehmer das Angebot in Anspruch nahmen, erfolgte die Anerkennung, weil durch ein ärztliches Gutachten nachgewiesen wurde, dass diese Maßnahme einer spezifisch berufsbedingten Beeinträchtigung der Gesundheit des Arbeitnehmers entgegenwirken würde (FG Köln, 24.09.2003 – 12 K 248/03).
  • Arbeitgeberfinanziertes Rückentraining: Dies wurde als überwiegend eigenbetrieblich veranlasst anerkannt, weil die infrage kommenden Mitarbeiter zunächst von einem Orthopäden untersucht wurden und eine Betriebsärztin ihre Zustimmung geben musste (FG Köln, 27.04.2006 – 15 K 3887/04).

Alle Fälle hatten gemeinsam, dass die gesundheitspolitische Maßnahme des Arbeitgebers einen gewissen Annahmezwang für den Arbeitnehmer beinhaltete und gleichzeitig die berufsspezifisch bedingten Beeinträchtigungen, also im weitesten Sinne die Berufserkrankungen, abwenden bzw. mildern sollten. Folgerichtig hat in diesem Sinne das FG Köln (Urt. v. 24.06.2004 – 2 K 3877/02) die Übernahme von Kosten zur Raucherentwöhnung als steuerpflichtigen Arbeitslohn beurteilt. Rauchen sei keine speziell arbeitsplatzbezogene Erscheinung, sondern vielmehr ein gesamtgesellschaftliches Problem. Es handelt sich nicht um eine berufsspezifisch bedingte Beeinträchtigung, auch wenn Maßnahmen zur Raucherentwöhnung gesundheitspolitisch wünschenswert erscheinen. Diesem gesundheitspolitischen Auftrag wollte der Gesetzgeber mit der Einführung des § 3 Nr. 34 EStG zumindest teilweise nachkommen.

Steuerbefreiung von Gesundheitsleistungen gem. § 3 Nr. 34 EStG

Mit dem Jahressteuergesetz (JStG) 2009 wurden Leistungen des Arbeitgebers, die der Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustandes und der betrieblichen Gesundheitsförderung dienen, bis 500 Euro p. a. steuerbefreit. Die Arbeitgeberleistungen sind zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn zu erbringen. Entgeltumwandlungen scheiden danach aus. Die Maßnahmen sollen hinsichtlich Qualität, Zweckbindung und Zielgerichtetheit den Anforderungen der §§ 20 und 20a SGB V genügen.

Bei den zusätzlichen Leistungen des Arbeitgebers sind nicht nur innerbetriebliche Angebote, z. B. zu Vorsorgeuntersuchungen etc. begünstigt, sondern ausdrücklich auch Barleistungen des Arbeitgebers als Zuschüsse für externe Anbieter (z. B. Zuschuss zur Rückengymnastik, Kurs als Maßnahme zur Raucherentwöhnung, autogenes Training etc.). Damit ist es auch kleinen und mittelgroßen Unternehmen möglich geworden, Gesundheitsmanagement als Mitarbeiterbindungselement im Unternehmen zu betreiben. Die steuerfreien Zuschüsse können auch Minijobbern, die im Rahmen eines sogenannten 450-Euro-Jobs tätig werden, zusätzlich gewährt werden. Dies gilt auch für steuerlich anerkannte Ehegattenarbeitsverhältnisse. Auf Arbeitgeberseite ist zu beachten, dass für die zusätzliche steuerfreie Barleistung (Zuschuss) zum Arbeitslohn gegenüber dem Finanzamt der Nachweis für die zweckgebundene Verwendung zu erbringen ist. Es empfiehlt sich daher, entsprechende Dokumente (z. B. der Zahlungsbeleg für eine Kursgebühr) dem Lohnkonto beizufügen.

Des Weiteren ist zu beachten, dass die Steuerbefreiung auf 500 Euro p. a. und Arbeitnehmer begrenzt ist (Freibetrag). Übersteigen die Aufwendungen bzw. der Barzuschuss den Freibetrag, so ist nur der übersteigende Betrag lohnsteuerpflichtig. Ist die geförderte Gesundheitsmaßnahme lohnsteuerfrei gem. § 3 Nr. 34 EStG, liegt auch Sozialversicherungsfreiheit vor (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 SvEV). Außerdem handelt es sich um einen Jahresbeitrag, der auch bei unterjährigen Arbeitsverhältnissen im vollen Umfang zu gewähren ist.

Wichtiges Kriterium für die Steuerbefreiung im Sinne des § 3 Nr. 34 EStG ist jedoch die Art der Maßnahme selbst. Sie muss den Anforderungen der §§ 20 und 20a SGB V genügen. Dabei handelt es sich um folgende Handlungsfelder:

  • Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustandes (Primärpräventionen): Z. B. Maßnahmen zur Reduzierung von Bewegungsmangel, Vermeidung von Fehlernährung, Vermeidung von Übergewicht, Stressbewältigung und Entspannung, Förderung des Nichtrauchens, gesundheitsgerechter Umgang mit Alkohol, Reduzierung des Alkoholkonsums etc.
  • Betriebliche Gesundheitsförderung: Z. B. Maßnahmen zur Vorbeugung und Reduzierung arbeitsbedingter Belastungen des Bewegungsapparates, z. B. Rückenschule, Massagen am Arbeitsplatz etc., psychosoziale Belastungen, Stressbewältigung am Arbeitsplatz, Rauchfrei im Betrieb, Nüchternheit am Arbeitsplatz etc.

Nicht begünstigt sind nach der Gesetzesbegründung Zuschüsse zu Mitgliedsbeiträgen an Sportvereine und Fitnessstudios. Diese Einschränkung ist in der Literatur höchst umstritten. Nach § 20 SGB V und dem „Leitfaden Präventionen“ der Krankenkassen, reicht es aus, dass die Maßnahmen geeignet sein müssen, den allgemeinen Gesundheitszustand zu verbessern. In diesen Zweifelsfällen und wenn der Arbeitgeber selbst die Durchführung einer konkreten Maßnahme plant oder ein Angebot eines externen Anbieters (z. B. Fitnessstudio) in Anspruch nehmen möchte, ist zur Vermeidung von Lohnsteuerhaftungsrisiken zu empfehlen, sich mit den Sozialversicherungsträgern abzustimmen. Bescheinigt die Krankenkasse, dass die Anforderungen dern §§ 20 bzw. 20a SGB V erfüllt sind, kann auf dieser Basis das zuständige Betriebsstättenfinanzamt bestätigen, dass steuerfreier Arbeitslohn im Sinne des § 3 Nr. 34 EStG vorliegt.

Fazit

Der Gesetzgeber hat den Unternehmen durch die Rechtsprechung zum „überwiegend eigenbetrieblichen Interesse“ die Möglichkeit eröffnet, Gesundheitsmanagement zu betreiben, ohne dass die Arbeitnehmer steuerlich belastet werden. Durch Einführung des § 3 Nr. 34 EStG ist es gelungen, auch kleinen und mittelgroßen Unternehmen ein Instrument an die Hand zu geben, um etwas für die Gesundheitsförderung und damit die Mitarbeiterbindung zu tun.

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