Artikel erschienen am 10.05.2013
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Schwere müde Beine?

Meist erstes Anzeichen eines Krampfaderleidens (Varikosis)

Von Dr. med. Hisham Kawara, Braunschweig

Viele Menschen jeder Altersgruppe klagen nach langem Sitzen im Büro, langen Autofahrten und vor allem nach langem Stehen über müde und bleischwere Beine. Dies kann ein erstes Symptom von Krampfadern (Varikosis) sein. Ein weiteres Frühsymptom, welches auf das Vorliegen eines Krampfaderleidens hindeutet, ist eine abendliche Schwellneigung im Knöchelbereich.

Die Varikosis zählt zu den häufigsten Erkrankungen in den Industrieländern. Studien konnten eine Häufigkeit der Krampfadern bei Männern von bis zu 55 % und bei Frauen von bis zu 61 % nachweisen.
Während die Varikosis unter fachärztlicher Behandlung einen günstigen Verlauf nimmt, kann sie unbehandelt häufig zu Komplikationen wie u. a. dem sogenannten offenen Bein führen.

Ursachen und Folgen des Krampfaderleidens

Neben der genetisch bedingten Bindegewebsschwäche spielen auch äußere Faktoren – wie häufiges Stehen und Sitzen – eine große Rolle bei der Entstehung von Krampfaderleiden. Man unterscheidet im Venensystem oberflächliche Venen (Stammvenen), Verbindungsvenen (Perforansvenen) und tiefe Venen (Leitvenen). Beim Krampfaderleiden ist in der Regel das oberflächliche Venensystem betroffen (primäre Varikosis). Die oberflächlichen Venen liegen dicht unter der Haut und sind über die Verbindungsvenen mit den tiefen Venen (verlaufen in der tiefen Beinmuskulatur) vernetzt. Die Aufgabe dieses Venensystems ist es, das Blut gegen die Schwerkraft zum Herzen zu transportieren. Der Bluttransport in den Venen wird von der Beinmuskulatur und den Venenklappen geleistet. Die Beinvenen verfügen im Inneren über zahlreiche herzwärts gerichtete Venenklappen, die wie Rückschlagventile wirken. Diese sorgen dafür, dass das Blut im Bein nur herzwärts und in die tiefen Venen abfließen kann.

Bei nicht mehr funktionierenden Venenklappen versackt das Blut jedoch in den Beinvenen. Es kommt also zum Blutstau. Dieser bewirkt, dass die Venen ständig prall gefüllt sind. Dabei wird Flüssigkeit aus den Venen in das umliegende Gewebe durch die Venenwand herausgepresst (Ödem). Solch eine Funktionsstörung des Venensystems kann neben der Schwellneigung und schweren Beinen zu den weiteren folgenden Symptomen führen:

  • Unruhegefühl in den Beinen
  • Druckempfindlichkeit in der Wade
  • sichtbare Venenerweiterung (Krampfadern) oder Besenreiser
  • dunkelblaue Verfärbung des unteren Unterschenkels (Pigmentierung)
  • offenes Bein (Ulcus cruris)
  • Venenentzündung des oberflächlichen Venensystems
  • tiefe Beinvenenthrombose
  • Platzen der prallgefüllten Gefäße und damit äußere Blutungen.

Diagnostik

Neben den apparativen Untersuchungsmethoden ist für eine Therapieplanung eine körperliche Untersuchung und eine ausführliche Anamnese (Patientenbefragung nach Beschwerden und früheren krankhaften Ereignissen) zwingend erforderlich.

Einen hohen Stellenwert in der Diagnostik haben die Ultraschalluntersuchungen mittels Dopplersonografie und die farbkodierte Duplexsonografie. Damit kann unter anderem die Funktion der Venenklappen überprüft werden.

Zur Basisdiagnostik gehört die Untersuchung der oberflächlichen sowie der tiefen Venen. Auch die Untersuchung des arteriellen Systems ist in diesem Zusammenhang relevant.

In speziellen Fällen kommt auch die Funktionsdiagnostik (digitale Fotoplethysmografie) zur Anwendung. Mit dieser Methode kann eine Varikosis-Operation simuliert werden. Dadurch kann festgestellt werden, in welchem Maße ein Ausschalten der Varikosis den Rückstau verhindern kann.

Behandlung der Varikosis

Ziel einer jeden Behandlung ist es, den Rückstau im oberflächlichen Venensystem zu verhindern. Damit erreicht man einen Rückgang der Beschwerden, gute kosmetische Ergebnisse sowie nicht zuletzt die Verhinderung einer Spätkomplikation der Varikosis wie die der tiefen Beinvenenthrombose oder des offenen Beines. Zur Basisbehandlung des Krampfaderleidens gehört das konsequente Tragen von Kompressionsstümpfen (nach Maß). Ziel einer jeden Behandlung ist es, den Rückstau im oberflächlichen Venensystem zu verhindern.

Dadurch werden die Venenklappen und die Muskeln beim gerichteten Rückstrom des Blutes zum Herzen wirksam untersützt. Neben der klassischen chirurgischen Methode (Crossektomie und Stripping) sind in den letzten Jahren viele Alternativverfahren wie Verödung und die sogenannten endovenösen thermischen Verfahren entwickelt bzw. weiterentwickelt worden. Diese Methoden werden hier nachfolgend kurz erläutert.

Die klassische Operation

Dabei wird die betroffene oberflächliche Vene minimalinvasiv über zwei kleine Schnitte in der Leiste oder Kniekehle und einen weiteren max. 1 cm langen Schnitt am Unterschenkel dargestellt und mithilfe einer in die Vene eingeführten Sonde „gestrippt“, also gezogen. Die operative Entfernung beschränkt sich auf die erkrankten Venenanteile.

Verödungsbehandlung

Bei dieser Methode wird ein spezieller Wirkstoff in die Vene gespritzt. Das Medikament reizt die Innenwand der Vene und erzeugt eine lokale künstliche und beabsichtigte Entzündung. Diese führt wiederum zur Verklebung der Venenwände.

Endovenöse thermische Verfahren (Radiowellentherapie und endoluminale Lasermethode)

Bei diesen beiden Methoden wird ein Katheter in die Vene eingeführt und anschließend darüber die Innenwand der Vene abschnittsweise erhitzt. Dadurch kommt es zu einem narbigen Verschluss der Vene.

Welche ist für mich die bes­te Behandlungsmethode?

Das ist eine der meistgestellten Patientenfragen: Welches der aufgezeigten Behandlungsverfahren angewendet wird, hängt davon ab, welche Gefäßabschnitte betroffen sind und wie ausgeprägt die Erkrankung ist. Die Varizenbehandlung ist in den letzten Jahren durch die Radiowellentherapie und die endovenöse Lasertherapie bereichert worden und ihre Effektivität scheint mit den Ergebnissen der konventionellen Chirurgie vergleichbar zu sein.

Es werden jedoch weitere Studien benötigt, um feststellen zu können, welchen dieser Verfahren der Vorzug gegeben werden sollte. Bis zum Abschluss der Studien und dem Vorliegen von Langzeitergebnissen bezüglich der endothermischen Verfahren bleibt die traditionelle Chirurgie mit Crossektomie und Stripping nach Babcock der „Goldstandard“.

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