Artikel erschienen am 10.05.2013
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Schiff der Menschlichkeit

Von Johannes Lerch, Mannheim

Wir leben in Deutschland in einem sicheren Gesundheitssystem und können uns das nur schwer vorstellen: Immer noch müssen weltweit in jedem Jahr Millionen Menschen an behandelbaren Krankheiten wie Malaria, Durchfall oder Lungenentzündung sterben, darunter auch viele Kinder. Ursache sind meist katastrophale hygienische Bedingungen und der fehlende Zugang zu medizinischer Versorgung. Seit über 20 Jahren bringen die schwimmenden Krankenhäuser der internationalen Hilfsorganisation Mercy Ships Hoffnung in die ärmsten Länder unserer Welt.

Conakry: Im Hafen der Hauptstadt von Guinea liegt seit einigen Monaten das Krankenhausschiff Africa Mercy. Noch bis Juni 2013 wird es dort mit seinem Team aus ehrenamtlichen Ärzten und Zahnärzten die medizinische Versorgung der Bevölkerung unterstützen. In den heimischen Krankenhäusern mangelt es an Personal, Vorräten, Geräten und Geldern. Guinea ist eines der am wenigsten entwickelten Länder der Welt: Auf dem Human Development Index (HDI) der Vereinten Nationen, dem weltweiten Wohlstands­indikator für Länder, liegt es auf dem 178. Platz von 187 Ländern. Ein großes Problem ist die extrem hohe Kindersterblichkeit. Liegt sie in Deutschland bei unter 4, sterben in dem westafrikanischen Land 142 Kinder unter fünf Jahren auf 1 000 Lebendgeburten. Hilfe tut also dringend Not – das ist die typische Ausgangslage, wenn die Africa Mercy einen Hafen anläuft.

Die MS Africa Mercy liegt insgesamt zehn Monate im Hafen von Conakry in Guinea. Ab August 2013 wird das Krankenhausschiff die medizinische Versorgung in Brazzaville im Kongo unterstützen.

Schwimmendes Krankenhaus

Die Africa Mercy ist mit seinen 16 500 Tonnen Gewicht das größte privat betriebene Hospitalschiff der Welt. Es sorgt mit einer Besatzung von über 400 Frei­willigen aus über 50 Nationen dafür, dass notleidende Menschen zahnmedizinisch und medizinisch versorgt werden können. Unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder Religionszugehörigkeit nimmt das Kranken­hausschiff jeden auf, der medizinische Hilfe benötigt. Moderne Operationssäle und Behandlungsräume ermöglichen auch schwierige Eingriffe. Unter anderem werden Tumore entfernt, plastische Eingriffe an Gesichts- und Kieferknochen durchgeführt oder Lippen- und Gaumenspalten korrigiert.

In insgesamt sechs modernen Operationssälen können auch aufwendige Eingriffe vorgenommen werden. Ärzte und OP-Assistenz arbeiten alle ehrenamtlich und aus Idealismus auf dem Schiff.

Ein Schwerpunkt der Arbeit liegt im Bereich der Zahngesundheit. Das Krankenhausschiff verfügt über eine mobile Zahnklinik, in der Patienten durch kostenlose Zahnextraktionen und Zahnfüllungen von entzündeten oder von Karies geschädigten Zähnen befreit werden. Damit wird systemischen Folgeerkrankungen vorgebeugt, die aufgrund von schlechter Mundhygiene oder unbehandelter Zahnfäule entstehen können.

Prophylaxe ist die beste Medizin

Durch einfache hygienische Regeln lassen sich viele Krankheiten vermeiden, die aufwendige Therapien nach sich ziehen. Das haben auch die Organisatoren von Mercy Ships erkannt und investieren neben der medizinischen Behandlung viel Kraft in Aufklärung und Prophylaxe. So reisen an Bord der Africa Mercy weitere Fachleute mit: Lehrer, Wasserbauingenieure und Agrarfachleute bringen Materialien, Fachwissen und Engagement zu den Menschen vor Ort. Mit vergleichsweise geringen Mitteln kann hier viel erreicht werden. Zum Beispiel werden mit einer mundhygienischen Schulung, die mit der Ausgabe von Zahnbürsten und Zahnpasta verbunden wird, die entscheidenden Voraussetzungen für die Zahngesundheit gelegt. Genauso versucht man, einem der größten gesundheitlichen Probleme Afrikas entgegenzutreten: Aufklärung ist der Schlüssel zu einer erfolgreichen HIV- und AIDS-Prävention.

Geduldig warten die Menschen teils stundenlang, um auf der Africa Mercy behandelt zu werden.

„Wir bringen Hoffnung und Heilung“

„Bringing hope and healing“ – das ist das Motto der Mercy Ships und die Vision des Texaners Don Stephens. 1978 begann er, seinen Traum von einem schwimmenden und mobilen Hospital für die ärmsten Länder der Welt zu verwirklichen. Ein Kredit ermöglichte den Kauf und Umbau eines ausgemusterten Kreuzfahrtschiffes. Vier Jahre später lief das erste Mercy Ship mit Namen Anastasia vom Stapel. Inzwischen haben die verschiedenen Schiffe weltweit über 70 Hafengebiete besucht, in den letzten zwei Jahren zum Beispiel auch in Togo und Sierra Leone. Und ein Ende ist nicht in Sicht: In vielen Ländern wartet man sehnsüchtig auf die Ankunft des „Schiffes der Menschlichkeit“.

Im Laufe von über 20 Jahren wurden auf den Schiffen von Mercy Ships über 109 000 Zahnpatienten behandelt, bei denen mehr als 278 000 zahnärztliche Eingriffe vorgenommen wurden.

Möchten auch Sie Mercy Ships unterstützen?

Die Hilfsorganisation Mercy Ships finanziert sich über Spenden. Viele Unternehmen spenden regelmäßig größere Summen, um zum Beispiel die Anschaffung wichtiger medizinischer Geräte zu unterstützen. So wurde mit einer Spende des Implantatherstellers DentsplyImplants die dringend erforderliche Anschaffung einer hochwertigen digitalen Röntgen­­einheit ermöglicht. Doch auch bei Mercy Ships heißt es: Jeder Euro zählt! Private Spenden in jeder Höhe sind nicht nur willkommen, sondern das Fundament der humanitären Arbeit. Auf der Internetseite kann man sich ein Bild machen, mit welchem Beitrag welche Hilfe geleistet werden kann.

Das Spendenkonto lautet:
Mercy Ships Deutschland e. V.
IBAN: DE52 7016 9413 0000 9154 40
BIC: GENODEF1HUA
Raiffeisenbank Singoldtal
Auf Wunsch kann der konkrete Verwendungszweck angegeben werden.

Weitere Informationen: www.mercyships.de

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