Artikel erschienen am 10.05.2013
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Komplikationen und Risiken bei Zahnimplantaten

Von Dr. med. Christa Siemermann-Kaminski, Braunschweig

Kaum ein Verfahren hat in den vergangenen Jahren die Zahnmedizin so grundlegend beeinflusst und sich derart verbreitet wie der Einsatz von Zahnimplantaten. Derzeit werden allein in Deutschland etwa 800 000 Implantate jährlich gesetzt, sodass allein deshalb auch die Zahl der Komplikationen und Misserfolge zugenommen hat. Welche Risiken kommen auf den Patienten zu, der sich einer Implantatbehandlung unterzieht?

Eine Implantatbehandlung gliedert sich in mehrere Schritte:

  1. Planung
  2. Operative Phase
  3. Prothetische Phase und Nachsorge

Komplikationen, Risiken und Fehler können in jeder dieser Behandlungsphasen auftreten und letztlich zu Misserfolgen führen.

1. Planung

Im Rahmen der Planung werden die allgemeinen medizinischen und speziellen zahnmedizinischen Befunde erhoben. Wird z. B. ein einzelner Zahn durch ein Implantat ersetzt, relativiert sich der Erfolg, wenn die Nachbarzähne nicht zu erhalten sind. Vor einer Implantatbehandlung sind Ziele festzulegen und Alternativen zu erörtern.

2. Operative Phase

Nervverletzung: Im Unterkieferknochen des Seitenzahnbereichs verläuft ein Nerv, der durch eine Implantation verletzt werden kann. Dies kann zu dauerhaftem Taubheitsgefühl im Kinn-Lippen-Bereich der betroffenen Seite führen. Bei ausreichendem Knochenlager und Erfahrung und Sorgfalt des Behandlers sowie entsprechender Voruntersuchung ist diese Komplikation grundsätzlich vermeidbar (Abb. 1).

Verletzung der Wurzel eines Nachbarzahns: Durch die Implantation kann es bei beengten anatomischen Verhältnissen zu Verletzungen der Wurzeln von Nachbarzähnen kommen (Abb. 2). Bei entsprechend engen Platzverhältnissen ist die Implantation kritisch zu prüfen.

Weichteilverletzungen: Durch den operativen Zugang und eventuelles Einsetzen der Wundhaken werden die umgebenden Weichteile je nach Umfang der Operation in Mitleidenschaft gezogen. Bis auf Beschwerden in der Phase nach der Operation sind anhaltende Pro­bleme hierdurch nicht zu erwarten.

Perforationen: Bei unklarer Kieferkontur bezogen auf die Richtung beim Bohrvorgang, bei Einziehungen des Kieferknochens oder bei einem sich verjüngenden Kieferkamm kann es in der Tiefe unbeabsichtigt zu einem Durchbruch des Bohrers bzw. des Implantats aus dem Kieferknochen (Perforation) kommen. Minimale Perforationen sind in der Regel harmlos.

Größere Perforationen können im Unterkiefer zu einer Verletzung des Mundbodens mit größeren Blutungen und zu einer Verletzung des Zungennerven führen. Im Oberkiefer stehen das Eröffnen der Kieferhöhle und des Nasenbodens im Vordergrund. Die Vermeidung und das Management solcher Komplikationen ist sowohl von der Erfahrung des Behandlers als auch von der Schwere der Komplikation abhängig.

Blutung: Bei jedem chirurgischen Eingriff kommt es zu Blutungen. Bei der Implantatbehandlung ist dies eher ein weniger bedeutsames Problem – abgesehen von den extrem seltenen Eröffnungen größerer Blutgefäße (s. o.). Häufiger stehen eher Störungen der Blutgerinnung oder ein Bluthochdruck im Vordergrund.

Kieferbruch: Bei besonders stark abgebautem Unterkieferknochen im Seitenzahnbereich können Implantate zu einer weiteren Schwächung des Knochens führen. Der Kiefer kann dann unter der Kaubelastung brechen.

Wundheilungsstörungen und Entzündungen: Diese Komplikationen können zu frühen Implantatverlusten und zu Knochenverlusten führen. Das Risiko ist erhöht bei Rauchern, Patienten mit einer Zahnfleischentzündung (Parodontitis) und bei bestimmten Allgemeinerkrankungen.

3. Prothetische Phase und Nachsorge

Hier kann es vor allem zu technischen Komplikationen, Implantatbrüchen und Entzündungen am Implantat (Periimplantitis) kommen.

Technische Komplikationen: Dies betrifft die Aufbauteile von Implantaten. So können sich Schraubverbindungen lösen oder brechen. Solche Probleme weisen häufig auf funktionelle Störungen hin. Ein Implantatverlust ist damit selten verbunden.

Implantatbrüche: Bricht ein Implantat, ist keine Reparatur mehr möglich. Die Ursache liegt in einer unzureichenden biomechanischen Stabilität der Versorgung (Abb. 3a, 3b). Hier musste ein Implantat wegen eines Ermüdungsbruchs entfernt werden (Abb. 3a). Der Zahn hat eine gewisse Beweglichkeit, das Implantat ist starr. So kam es zur Überlastung. Zwei neue Implantate wurden gesetzt und sind bereits mehr als 10 Jahre stabil (Abb. 3b). Weitere Ursachen für Ermüdungsbrüche sind eine unzureichende Planung, die Wahl eines zu dünnen Implantats, eine unzureichende Biomechanik des Implantats, zu große Kaukräfte (Zähneknirschen) oder auch ein materialspezifisches Problem (Keramik hat eine geringere Bruchfestigkeit als Titan).

Periimplantitis: Diese Spätkomplikation bei Implantaten ist meist auf chronische bakterielle Infekte zurückzuführen. Dabei baut sich der Knochen um das Implantat herum ab. Haben sich schädliche Bakterien erst einmal auf der Implantatoberfläche eingenistet, sind sie oftmals nicht mehr zu eliminieren. Knochendefekte sind entstanden und nehmen ohne weitere Behandlung zu (Abb. 4a). Die Entfernung eines solchen entzündeten Implantats kann dann notwendig sein. Die Häufigkeit von Spätkomplikationen ist bei Patienten mit bestimmten Allgemeinerkrankungen und bei Rauchern erhöht. Eine unzureichende Mundhygiene und keine professionellen Zahnreinigungen können ebenso wie eine fehlerhafte Implantatbehandlung letztlich zu dieser Komplikation führen. In jedem Fall sind aufwendige Folgebehandlungen damit verbunden.

Management des Implantatverlustes: Nicht jeder Implantatverlust ist mit einem Knochenverlust verbunden (Abb. 3a, 3b). Es gibt Implantatverluste, die zu nur minimalen Änderungen des Zahnersatzes führen, wenn beispielsweise das betroffene Implantat in der Gesamtkonstruktion verzichtbar ist. Wenn die Ursache des Misserfolgs geklärt und es absehbar ist, dass eine erneute Implantatversorgung die sinnvollste Behandlungsoption darstellt, kann allerdings ein sogenannter Kieferaufbau mit Eigenknochen (Abb. 4b, 4c) und eine erneute Implantatversorgung notwendig werden (Abb. 4d, 4e).

Auch angesichts der aufgeführten Komplikationen bleibt festzustellen, dass Implantatbehandlungen zu den sichersten Versorgungsformen in der Zahnmedizin gehören und Langzeiterfahrungen mit Studien bis zu 20 Jahren Beobachtungszeit Erfolgsraten von über 90 % ausweisen. Solche hohe Erfolgsraten lassen sich allerdings nur dann erzielen, wenn mögliche Risiken kritisch abgewogen werden, keine Abweichungen von akzeptierten Behandlungsprotokollen erfolgen und eine kontinuierliche Nachsorge bzw. Kontrolle der Versorgung erfolgt.

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