Artikel erschienen am 10.05.2013
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Der Hirudo medicinalis

Eine Therapie der besonderen Art

Von Ulrike Bauschke, Braunschweig

Der 1–5 g schwere Blutegel löst nicht bei allen Patienten sofort Sympathie und Begeisterung aus, doch seine therapeutische Wirkung überzeugt! Für viele Krankheiten ist die Anwendung des Hirudo medicinalis indiziert! Er besticht durch die Wirksamkeit seiner Sekrete und wurde bis jetzt von keiner instrumentellen oder mechanischen Methode übertroffen.

Der Blutegel gehört zu den ausleitenden Heilverfahren, eine erste Beschreibung stammt aus Indien um ca. 500 v. Chr. Seine Anwendung setzt sich über Claudius Galenus (um 460 – 370 v. Chr.) über das Mittelalter bis in unsere Neuzeit hin durch. Besonders in der Therapie bei akuten und chronischen Gelenkschmerzen (z. B. Kniegelenk-, Daumensattelgelenk­arthrosen), Krampfadern, Unterschenkelgeschwüren, Sehnen- und Sehnenscheidenentzündungen, rheumatischen Erkrankungen, Mittelohrentzündungen, Tinnitus, Furunkeln, Karbunkeln, Abszessen, Wirbelsäulen- und Kreuzbeinsyndrom, Durchblutungsstörungen nach Haut- und Gewebetransplantationen haben sie sich nachhaltig in Studien als wirksam erwiesen.

Die Behandlung ist unkompliziert. Die Egel saugen sich etwa 1–2 Stunden lang voll und fallen schließlich ab. Folgender Mechanismus ist bewiesen: Ausleitung von Blut- und Gewebsflüssigkeit von 10 cm³ bis zu insgesamt 60 cm³ innerhalb eines Zeitraums von bis zu 24 Stunden. Folglich tritt in dem betroffenen Gebiet eine Entstauung ein, das die Stoffwechselverhältnisse deutlich verbessert. Das Eglin und das Hirudin sind besonders gut erforschte Wirkstoffe, deren positive Wirkung belegt ist: Verbesserung der Fließeigenschaften des Blutes, lokale antientzündliche Wirkung durch mehrere Blutegelwirkstoffe. Hirudin hemmt die Blutgerinnung, wirkt nierenanregend und antibiotisch, Eglin hemmt Verdauungsenzyme, Bdellin ist ein Plasminhemmer, Hementin und Orgelase sorgen für eine erhöhte Durchblutung. Eine schmerzstillende Substanz unterbricht die Schmerzweiterleitung beim Saugen.

Die Blutegelwirkstoffe blockieren insgesamt die bei Entzündungen oder Verletzungen aktivierten, oft überschießenden enzymatischen Vorgänge. Gegenanzeigen: Bei der Bluterkrankheit, schwerer Blutarmut, Leukämie, ausgeprägter Immunschwäche, Wundbrand, Wundheilungsstörungen, einem stark beeinträchtigten Allgemeinbefinden und bekannten Allergien sollte die Blutegeltherapie nicht angewendet werden. Die Blutegel sollten nicht an offenen Wunden, großen oberflächlichen Krampfaderknoten, Ekzemen und besonders schmerzempfindlichen Hautstellen angesetzt werden. Auch an Krebsgeschwüren, am Augenlid und an den Ohrmuscheln sollten sie nicht angewendet werden. Bei gleichzeitiger Einnahme von gerinnungshemmenden Mitteln besteht die Möglichkeit, dass deren Wirkung verstärkt wird. In diesem Fall sollte die Blutegeltherapie nur unter strenger Kontrolle eingesetzt werden.

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