Personengesellschaften im Lichte der aktuellen BFH-Rechtsprechung
Von Arthur Jagiella, BielefeldI. Sanierungsmaßnahmen
Geraten Gesellschafter und/oder die Personengesellschaft selbst in wirtschaftliche Schwierigkeiten, so wird häufig ein Gesellschafterwechsel und ein Erlass von Schulden (Forderungsverzicht) gegenüber der Personengesellschaft als Sanierungsmaßnahme durchgeführt. Der aufgrund des Forderungsverzichts entstehende außerordentliche Ertrag (Sanierungsgewinn) ist einkommensteuerlich der Mitunternehmerebene zuzurechnen.
Fraglich war, ob die Zurechnung des Sanierungsgewinns zum Neugesellschafter oder Altgesellschafter erfolgen soll. Der BFH hat unter Abkehr von seiner bisherigen Auffassung entschieden, dass der durch den Forderungsverzicht entstandene Ertrag demjenigen Gesellschafter zuzurechnen ist, der nach den zwischen den Vertragsparteien getroffenen Vereinbarungen/Bestimmungen die (Alt-)Verbindlichkeiten der Gesellschaft wirtschaftlich tragen soll. Hierbei könnten neben dem Vertragswerk (soweit nicht eindeutig) u. a. auch die Umstände der Verhandlungen mit Banken Anhaltspunkte dafür liefern, dass die Parteien bei Vertragsschluss davon ausgegangen sind, dass die Neugesellschafter die Altschulden nicht wirtschaftlich tragen müssen.
Um Auslegungsdiskussionen mit der Finanzverwaltung und eventuell mit den Altgesellschaftern zu vermeiden, sollten möglichst eindeutige Vereinbarungen in die Kaufverträge aufgenommen werden. Insbesondere könnten eventuell bestehende Verlustvorträge auf Altgesellschafterebene zum Ausgleich des Sanierungsgewinns genutzt werden und so ein mögliches zusätzliches Kaufargument darstellen.
BFH, Urteil vom 22.01.2015 – IV R 38/10
II. Auflösung von Ergänzungsbilanzen
Der entgeltliche Erwerb eines Mitunternehmeranteils ist aus ertragsteuerlicher Sicht als (anteilige) Anschaffung von Anteilen an den einzelnen Wirtschaftsgütern des Gesellschaftsvermögens zu werten. Soweit die Anschaffungskosten den anteiligen Buchwert des erworbenen Anteils am Wirtschaftsgut in der Steuerbilanz übersteigen, ist der Mehrbetrag als Korrekturposten zur Steuerbilanz der Gesellschaft in einer Ergänzungsbilanz des Gesellschafters zu aktivieren.
Die Auflösung der Korrekturposten in der Ergänzungsbilanz war bisher umstritten, die höchstrichterliche Rechtsprechung hierzu nicht ausreichend klar. In der Praxis wurde oftmals eine Auflösung nach pauschalem Muster (durch die Steuerpflichtigen und die Betriebsprüfung) vorgenommen. Nunmehr hat der BFH, zumindest in den Fällen eines entgeltlichen Erwerbs, die Grundsätze der Auflösung von Mehrwerten in der Ergänzungsbilanz dargestellt.
Mit dem entgeltlichen Erwerb eines Mitunternehmeranteils tritt der neue Gesellschafter nicht in die steuerliche Rechtsstellung des Rechtsvorgängers ein. Insoweit ist für Korrekturposten in der Ergänzungsbilanz, die auf abschreibungsfähige Wirtschaftsgüter entfallen, die AfA nach Maßgabe der steuerlichen Vorschriften (§ 7 EStG) neu zu bestimmen. Insofern gibt es keine automatische Bindung an die Nutzungsdauer entsprechend der Abschreibung in der Gesamthandsbilanz. Hierzu gehört die (Neu-)Bestimmung der betriebsgewöhnlichen Restnutzungsdauer bzw. der im Einzelfall bei Gebäuden gebotenen Abschreibungszeit auf der Grundlage fester AfA-Sätze. Der errechnete AfA-Betrag ist mit dem Betrag zu vergleichen, der dem Neugesellschafter aus der Gesamthandsbilanz bereits zugerechnet wurde. In Höhe der Differenz der beiden AfA-Beträge ist der aktivierte Mehrwert gewinnmindernd oder auch gewinnerhöhend aufzulösen.
Diese Betrachtungsweise des BFH isoliert daher nicht die Abschreibung des Mehrwerts in der Ergänzungsbilanz von der Abschreibung des Wirtschaftsguts in der Gesamthandsbilanz und verhindert dadurch eine Vorverlagerung von Abschreibungspotenzial. Die Anwendung dieser Grundsätze kann daher auch dazu führen, dass sich der Mehrwert in der Ergänzungsbilanz zunächst erhöht, weil die AfA für Zwecke der Gesamthandsbilanz (anteilig) die AfA übersteigt, zu der der Neugesellschafter nach Maßgabe der für ihn bei Erwerb geltenden steuerlichen Abschreibungsvorschriften berechtigt ist.
Die nunmehr durch den BFH konkretisierte Auflösungstechnik sollte selbstredend grundsätzlich bei bestehenden Ergänzungsbilanzen beachtet werden und auch insbesondere bei steuerlichen Planungsrechnungen vor einer mitunternehmerischen Beteiligung berücksichtigt werden.
BFH, Urteil vom 20.11.2014 – IV R 1/11
III. Grunderwerbsteuer bei Gesellschafterwechseln
Der Grunderwerbsteuer unterliegen auch Vorgänge, die sich auf die (unmittelbare oder mittelbare) Übertragung von mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen einer Personengesellschaft mit inländischem Grundbesitz beziehen und innerhalb von fünf Jahren erfolgen. Das Grunderwerbsteuergesetz fingiert hierbei ein auf Übereignung des Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft, zivilrechtlich existiert jedoch kein Erwerbsvorgang. Schuldnerin der Grunderwerbsteuer aufgrund einer Änderung des Gesellschafterbestandes ist die Personengesellschaft.
Strittig war bisher die ertragsteuerliche Behandlung der bei Gesellschafterwechseln anfallenden Grunderwerbsteuer. Die Auffassung der Finanzverwaltung war zunächst, dass diese ertragsteuerlich als Anschaffungsnebenkosten des Grundstücks auf Ebene der Personengesellschaft zu aktivieren wären (Aufteilung auf Grund und Boden sowie Gebäude).
Diese Auffassung wurde jedoch von der Finanzverwaltung modifiziert, da der BFH in einem anderen Verfahren urteilte, dass die grunderwerbsteuerliche Übertragungsfiktion im Ertragsteuerrecht keine Entsprechung finde. Insoweit fehlte es aus ertragsteuerlicher Sicht an einem Anschaffungsvorgang, sodass ein sofortiger Abzug als Betriebsausgabe gerechtfertigt wäre. Die Finanzverwaltung ging insofern davon aus, dass die Grunderwerbsteuer weiterhin als Anschaffungsnebenkosten zu berücksichtigen wäre, nunmehr jedoch auf Ebene des Gesellschafters (Anschaffungsnebenkosten der Beteiligung).
Der BFH lehnte jedoch die modifizierte Auffassung der Finanzverwaltung mit der Begründung ab, dass die Grunderwerbsteuer bei Gesellschafterwechsel auf Grundlage einer (grunderwerbsteuerlichen) Fiktion entstehe und es in Bezug auf die Anschaffung der Kommanditanteile selbst am finalen Zusammenhang fehle. Die (von der Personengesellschaft) geschuldete Grunderwerbsteuer kann nicht Nebenkostenpunkt dieser Anschaffung sein, da der inhaltliche Zusammenhang über die reine Kausalität hinaus nicht herzustellen ist. Die Behandlung der Grunderwerbsteuer als Betriebsausgabe bzw. Werbungskosten sollte in der Gestaltungsplanung von Anteilskäufen an Personengesellschaften berücksichtigt werden, da die Grunderwerbsteuer bereits im Jahr der Anschaffung ertragswirksam wird und insofern maßgeblichen Einfluss auf das Jahresergebnis der Gesellschaft bzw. der Gesellschafter haben kann.
BFH, Urteil vom 02.11.2014 – IX R 50/13.
Beispiel:
Bei Erwerb eines 50%igen Kommanditanteils wird ein Mehrwert von 150 000 Euro gezahlt. Der Mehrwert entfällt auf ein Wirtschaftsgut, dessen Buchwert in der Gesamthandsbilanz 420 000 Euro beträgt und das jährlich mit
70 000 Euro abgeschrieben wird. Die Restnutzungsdauer im Erwerbszeitpunkt beträgt 8 Jahre.
- Aktivierung eines Korrekturpostens in der Ergänzungsbilanz i. H. v. 150 000 Euro
- Auflösung des Korrekturpostens in der Ergänzungsbilanz:
- AfA-Zurechnung aus Gesamthandsbilanz: 50 % von 70 000 Euro = 35 000 Euro
- AfA-Bestimmung aufgrund des Erwerbs des Kommanditanteils
- Anschaffungskosten: 50 % des Buchwerts Gesamthand: 210 000 Euro + Mehrwert: 150 000 Euro = Anschaffungskosten 360 000 Euro
- AfA aufgrund Erwerb: 360 000 Euro/8 Jahre = 45 000 Euro
- Auflösungsbetrag des Korrekturpostens: 10 000 Euro
Lösung:
Der in der Ergänzungsbilanz aktivierte Mehrwert wird bis zur vollständigen Abschreibung in der Gesamthandsbilanz in 6 Jahren mit jährlich 10 000 Euro aufgelöst und beträgt dann 90 000 Euro. Die Auflösung im 7. und 8. Jahr beträgt dann jeweils 45 000 Euro.
Bild: Panthermedia/Bellabrend
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