Artikel erschienen am 06.01.2014
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Warum Tax-Compliance?

Implementierung eines Tax-Compliance-Systems zur Vermeidung von Haftungsrisiken

Von Alexander Kirchner, Bad Oeynhausen | Dipl.-Kfm. Dr. rer. Oliver Middendorf, Bielefeld

Das Wort Compliance – neudeutsch für „Regeltreue“ – ist heutzutage „in aller Munde“. Ebenso häufig hört und liest man über die Tax-Compliance, letztlich also über den speziellen Bereich eines gesamten Compliance-Systems.

Es geht dabei um die Einhaltung von Gesetzen und Richtlinien im Unternehmen. Dies ist natürlich nicht neu. Eher handelt es sich um eine Selbstverständlichkeit, dass sich Unternehmen und Unternehmer an Gesetz und Ordnung halten. Warum aber spielt die Regeltreue zunehmend eine stärkere Rolle?

Zum einen hat sich das Diskussionsklima durch prominente Großfälle erheblich gewandelt. Geht es beispielsweise um Steuerhinterziehung, galt diese früher eher als „Kavaliersdelikt“. Dies wird heutzutage sicherlich von weiten Teilen der Bevölkerung – und auch von den zuständigen Behörden – anders beurteilt. Zum anderen erhebt die Finanzverwaltung häufiger den Vorwurf der Steuerhinterziehung oder des Organisationsverschuldens, insbesondere in Betriebsprüfungssituationen.

Unabhängig von dem Bestreben jedes Unternehmers, möglichst ohne Gesetzes- und Regelverstöße sein Unternehmen erfolgreich zu führen, gibt es damit auch einen „handfesten Grund“, ein Tax-Compliance-System einzuführen: Nur durch ein Tax-Compliance-System können Haftungsrisiken für Unternehmensinhaber, Geschäftsführer und Aufsichtsorgane vermieden werden.

Der Grund hierfür liegt in den weithin unbekannten Normen des Ordnungswidrigkeitenrechts. In § 130 OWiG – der „Mutter der Compliance“ – ist zusammengefasst Folgendes geregelt: Der Inhaber eines Betriebes muss solche Aufsichtsmaßnahmen durchführen, dass in seinem Betrieb Zuwiderhandlungen gegen Pflichten verhindert werden. Unterlässt er dies, kann er mit einer Geldbuße bis zu 1 Mio. Euro bestraft werden.

In Verbindung mit § 30 OWiG rundet sich das Bild noch ab: Begeht eine Person mit Leitungs- oder Aufsichtsfunktion im Unternehmen eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit, kann gegen das Unternehmen – zusätzlich zu der persönlichen Bestrafung der handelnden Person – eine Geldbuße von bis zu 1 Mio. Euro festgesetzt werden.

Das Zusammenspiel dieser Regelungen führt zu einem bemerkenswerten Ergebnis:

Die Inhaber eines Unternehmens sind verpflichtet, ein Kontroll- und Aufsichtssystem einzurichten, um das Einhalten von gesetzlichen Regeln – gerade auch Steuergesetzen – zu gewährleisten.

Diese Pflicht trifft auch die Geschäftsleitung eines Unternehmens, wenn der Geschäftsführer nicht gleichzeitig Gesellschafter ist. Zusätzlich müssen Aufsichtsorgane prüfen und darauf hinwirken, dass ein angemessenes Compliance-System zur Einhaltung steuergesetzlicher Regeln vorhanden ist. Liegt kein angemessenes Kon­troll- und Aufsichtssystem vor, ist dieses Unter­lassen selbst schon eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer – teils hohen – Geldbuße bestraft werden kann.

Kommt es in einem Unternehmen zu einem Verstoß gegen Steuerpflichten, wird ermittelt, wer diesen Verstoß unmittelbar zu verantworten hat und welche persönliche Sanktion daraus folgt. Daneben besteht für die Geschäftsinhaber und -leitung sowie für Aufsichtsorgane das zusätzliche Risiko der Überprüfung, ob ein ausreichendes Tax-Compliance-System den Regelverstoß hätte verhindern können, anderenfalls dies noch gesondert geahndet werden kann.

Ziel für jedes Unternehmen und jeden Unternehmer muss es daher sein, ein angemessenes Tax-Compliance-System zu implementieren. Für jedes Unternehmen ist dabei ein individuell maßgeschneidertes Tax- Compliance-System zu entwickeln.

1. Steuerliche Pflichten- bzw. Risikoanalyse

Am Anfang steht die Frage, welche konkreten steuerlichen Pflichten das Unternehmen treffen und ob diese ein relevantes Risiko in sich tragen.

2. Ausarbeitung eines individuellen Tax-Compliance-Systems

Sodann gilt es, ein Tax-Compliance-System zu entwickeln, das die folgenden Anforderungen erfüllt:

  • klare Zuordnung von Verantwortlichkeiten zu Personen mit der erforderlichen fachlichen Kenntnis
  • Sicherstellung einer angemessenen Kommunikation von steuerrelevanten Sachverhalten
  • Etablierung von angemessenen Kontrollen
  • Sicherstellung einer angemessenen Dokumentation
  • Alltagstauglichkeit.

Aufwand und Nutzen des Tax-Compliance-Systems müssen dabei in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen.

3. Implementierung des Systems

Liegt ein Konzept für ein angemessenes Tax-Compliance-System vor, muss dieses im Unternehmen installiert, bekanntgemacht und gelebt werden. Mitarbeiter, die im Rahmen des Systems Verantwortung übernehmen sollen, sind über ihren Verantwortungsbereich und über Konsequenzen bei etwaigen Pflichtverletzungen zu informieren, ggf. auch noch angemessen fortzubilden.

4. Umsetzungsdokumentation und regelmäßige Überprüfung

Die Dokumentation gilt als Nachweis des Systems „für den Fall der Fälle“. Durch sie kann nachgewiesen werden, dass das Tax-Compliance-System im Unternehmen ordnungsgemäß implementiert ist. Wichtig ist daher, nicht nur das Sollkonzept, sondern auch die Umsetzung des Systems „im Alltag“ inklusive seiner regelmäßigen Überprüfungen zu dokumentieren.

Fazit

Die Bedeutung von Tax-Compliance-Systemen hat in jüngerer Zeit erheblich an Bedeutung gewonnen. Ursächlich hierfür sind die erhöhten Haftungs- und strafrechtlichen Risiken bei Pflichtverletzungen für Inhaber, Geschäftsleiter und Aufsichtspersonen. Durch ein angemessenes Tax-Compliance-System kann diesen Risiken erfolgreich begegnet werden.

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