Schiedsverfahren bei Gesellschafterstreit
BGH bejaht Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten
Von Josef Winkler, HerfordDiese Rechtsprechungsänderung bietet Anlass, die generellen Vorzüge des Schiedsgerichtsverfahrens bei Gesellschafterstreitigkeiten gegenüber dem Verfahren vor den ordentlichen Zivilgerichten zu betrachten und konkreten Handlungsbedarf aufzuzeigen, wenn die ausschließliche Zuständigkeit eines Schiedsgerichts begründet werden soll.
Private Schiedsgerichte vs. staatliche Gerichte
Private Schiedsgerichte sind auf Vertrag beruhende Privatgerichte, denen die Entscheidung bürgerlicher Rechtsstreitigkeiten anstelle staatlicher Gerichte übertragen worden ist. Wird vor einem staatlichen Gericht in einer Angelegenheit Klage erhoben, die Gegenstand einer Schiedsvereinbarung ist, so hat das Gericht die Klage bereits als unzulässig abzuweisen, sofern der Beklagte sich als Partei des Schiedsvertrages auf diesen beruft.
Warum entscheiden sich die Beteiligten eines Schiedsvertrages, die Zuständigkeit der staatlichen Gerichte auszuschließen?
In Schiedsgerichtsverfahren wird der Spruchkörper, der in der Regel aus drei Schiedsrichtern besteht, durch die Beteiligten des Rechtsstreits selbst bestimmt. Nur bei Zweifeln an der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit von Schiedsrichtern können diese von den Parteien des Rechtsstreits abgelehnt werden.
Die unmittelbare Einflussnahme auf die Zusammensetzung des Spruchkörpers des Schiedsgerichts wird von den Beteiligten als besonderer Vorteil dieses Verfahrens bewertet. Durch die Mitwirkung an der Bestellung der Schiedsrichter wird den Parteien des Rechtsstreits die Möglichkeit eingeräumt, Schiedsrichter zu benennen, die über die notwendige Spezialisierung und Fachkompetenz verfügen, um den Prozessstoff kompetent durchdringen zu können. Die praktische Erfahrung bestätigt leider, dass die staatlichen Gerichte häufig nicht ausreichend qualifiziert sind, wenn über profunde Rechtskenntnisse hinausgehendes Wissen für die Entscheidungsfindung notwendig wird.
Schneller, kompetenter und kostengünstiger
Bei Gesellschafterauseinandersetzungen sind häufig nicht nur Rechtskenntnisse, sondern auch steuerrechtliches und betriebswirtschaftliches Know-how gefragt, worüber die Richter staatlicher Gerichte nur in seltenen Ausnahmefällen verfügen. Die Folge: Sachverständige werden beauftragt, die sodann im Ergebnis den Rechtsstreit entscheiden. Doch die Sachverständigenbeauftragung führt zu erheblichen Zeitverzögerungen und weiteren Kosten, bevor ein Urteil in der Sache selbst ergehen kann. In entsprechend gelagerten Fällen ist das Schiedsgericht in seiner Entscheidungsfindung effizienter, nämlich schneller, kompetenter und häufig kostengünstiger als ein Zivilgericht. Die Sachverständigenbeauftragung kann regelmäßig entfallen, ebenso entfällt der dreigliedrige Instanzenzug der staatlichen Gerichte.
Keine öffentliche Verhandlung im Schiedsgericht
Schiedsgerichtsverfahren sind im Gegensatz zu Rechtsstreitigkeiten vor den staatlichen Gerichten nicht öffentlich. Auch dieser Aspekt wird von den Verfahrensbeteiligten häufig geschätzt, weil der Gegenstand und die Inhalte des Rechtsstreits geheimgehalten werden können.
Gleichwertigkeit des Rechtsschutzes
Nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH bildet die Gleichwertigkeit des Rechtsschutzes die entscheidende Voraussetzung für die Zulässigkeit des Schiedsgerichtsverfahrens. Die Anforderungen an eine wirksame Schiedsvereinbarung für Streitigkeiten in Angelegenheiten von Kapital- und Personengesellschaften zwischen der Gesellschaft und Gesellschaftern sowie von Gesellschaftern untereinander, einschließlich der Streitigkeiten über Beschlussmängel, sind danach:
- Die Schiedsklausel muss unter Mitwirkung aller Gesellschafter in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen worden sein oder alle gegenwärtigen Gesellschafter müssen der Schiedsklausel zugestimmt haben.
- Das Schiedsgericht muss entweder durch eine neutrale Stelle oder, sofern die Prozessparteien mitwirken, unter Mitwirkung aller Gesellschafter ausgewählt und bestellt werden. In letzterem Fall also durchaus auch per Mehrheitsbeschluss.
- Es muss gewährleistet sein, dass alle denselben Streitgegenstand betreffenden Beschlussmängelstreitigkeiten bei ein und demselben Schiedsgericht ausgetragen werden.
- Jeder Gesellschafter muss – neben den Gesellschaftsorganen – über die Einleitung und den Verlauf des Schiedsverfahrens informiert und dadurch in die Lage versetzt werden, dem Verfahren beizutreten.
Vereinbarungen, die diesen Anforderungen nicht entsprechen, sind in der Regel unwirksam. Hieraus resultiert das Risiko für die Gesellschaft und ihre Gesellschafter, dass nur der Rechtsweg vor den staatlichen Gerichten eröffnet ist, was die Beteiligten durch Abschluss der Schiedsvereinbarung gerade vermeiden wollten. Um diese Gefahr auszuschließen, sollten Altvereinbarungen einer zwingenden Revision unterzogen werden. Schiedsvereinbarungen in Gesellschaftsverträgen oder in separaten Gesellschaftervereinbarungen sind auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und den Erfordernissen der neuen Rechtsprechung des BGH anzupassen.
Vertiefende Fragen, die Vorteile des Schiedsverfahrens im Einzelnen sowie entsprechende gesellschaftsvertragliche Vorkehrungen sind nur anhand des jeweiligen Falles zu klären.
Foto: Vichie
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