Artikel erschienen am 01.10.2014
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Mergers & Acquisitions: Längst kein Thema nur für Konzerne

Kluge M&A-Strategien eröffnen zahlreiche Chancen für den Mittelstand

Von Sven Schmidtmann, Magdeburg | Torben Seikowsky, M.Sc., Braunschweig

Laut dem Wirtschaftsmagazin Finance hat das Volumen an Unternehmensübernahmen, Verkäufen und Fusionen mit weltweit 64,6 Mrd. US-Dollar im letzten Jahr ein neues Hoch erreicht. Kein Wunder also, dass man bei solch schwindelerregenden Zahlen zuerst an die Geschäfte der ganz großen Konzerne denkt – Megadeals wie die Übernahme des Sportartikelherstellers Reebok durch den Wettbewerber Adidas oder den Verkauf des amerikanischen Mobilfunkgeschäfts der Telekom.

Dabei lohnt es sich gerade für den Mittelstand, mögliche M&A-Strategien für sich zu untersuchen: Ob Nachfolgeregelung, Fachkräftemangel oder Wachstumschancen – wer sich nicht mit dem Thema Mergers & Acquisitions beschäftigt, verspielt zahlreiche Chancen.

Wachstumsstrategie

Die Konzentrationstendenzen in vielen Branchen erfordern eine klar definierte Wachstumsstrategie. Dort, wo organisches Wachstum aus dem Unternehmen heraus an seine Grenzen stößt, bieten M&A-Projekte eine vielseitige Alternative. Durch Firmenübernahmen können vorhandene Strukturen des Verkäuferunternehmens übernommen und in die eigene Firma integriert werden.

Internationalisierung

Der Aufbau eigener Unternehmenssparten im Ausland ist häufig mit großen Unwägbarkeiten und Risiken verbunden. Politische und kulturell bedingte Barrieren lassen sich oftmals nicht ausschließen. Auch mit Fehleinschätzungen des vorhandenen Marktpotenzials oder unerwarteten gesetzlichen Hürden muss immer gerechnet werden. Trotzdem sollte man sich als Mittelständler die Chancen einer Internationalisierung nicht entgehen lassen. Neben dem Aufbau von Handelsagenten können auch bewusste Beteiligungen oder Übernahmen von Konkurrenten zur angestrebten Expansion führen.

Fachkräftegewinnung

Das Thema Fachkräfte ist eines der großen Themen für den Mittelstand. Einzelne Fachkräfte können von Konkurrenten womöglich abgeworben werden, um eigene Vakanzen zu decken. Was aber, wenn gleich mehrere Fachkräfte gefragt sind oder eine ganze Abteilung eines Konkurrenten übernommen werden soll? Auch hier könnte M&A eine Option darstellen. Denn was für einige Unternehmen der ungeliebte Geschäftszweig ist, kann für andere eine wahre Schatzkiste an Fachkräften beinhalten.

Nachfolge

Mit der Suche nach dem richtigen Nachfolger entscheidet sich nicht nur die Zukunft des Unternehmens, sondern auch die vieler Mitarbeiter. Eine der zentralen Fragestellungen ist hierbei: interne oder externe Unternehmensnachfolge? Haben beispielsweise ange-stellte Geschäftsführer, Prokuristen oder andere Führungskräfte ein Interesse an der Übernahme des Unternehmens, gäbe es eine hervorragende Ausgangslage für ein M&A-Projekt in Form eines Management-Buy-outs (kurz: MBO). Aber auch der Verkauf an einen wichtigen Lieferanten oder die Fusion mit einem bisherigen Konkurrenten könnten geeignete M&A-Strategien sein.

Was zeigt uns das?

Die Einsatzmöglichkeiten einer M&A-Strategie sind vielfältig und mit den genannten Beispielen längst nicht abgeschlossen. Die Gründe für den Einsatz sind dabei im Mittelstand genauso relevant wie in großen Konzernen.

Die Vorbereitung und Durchführung eines M&A-Deals sollte im Mittelstand deswegen genauso gründlich strukturiert werden wie bei den großen Geschäften, damit am Ende der gewünschte Erfolg eintritt.

1. Schritt: Das Screening

Welches Unternehmen man kaufen will oder welcher Lieferant einen möglichen Partner für eine Fusion darstellt, können viele Mittelständler schnell identifizieren. Neben Erfahrung und Bauchgefühl sollte man sich hierbei aber ruhig etwas mehr Zeit nehmen und das Screening möglicher Unternehmen an klaren Kriterien ausrichten. Sonst ist die Gefahr groß, mögliche „Perlen“ zu übersehen. Nicht selten können externe Berater hier Vorschläge machen, die Unternehmen selbst nicht für sich entdeckt haben.

2. Schritt: Ansprache und Kommunikation

Häufig beginnen die Schwierigkeiten schon bei der Ansprache eines Zielunternehmens. Schließlich kann man nicht wissen, wie ein konkurrierendes Unternehmen auf eine Kaufofferte reagiert. Der falsche Auftritt kann bereits zu Beginn des Unterfangens den Kaufpreis unnötig in die Höhe treiben. Es sollte genauestens bedacht werden, welche Informationen zu welchem Zeitpunkt kommuniziert werden. Erfährt womöglich die Belegschaft von den Überlegungen, droht schnell Unruhe. Auch hier empfiehlt es sich deswegen, externe Berater bei der Ausarbeitung einer Kommunikationsstrategie zurate zu ziehen, die gerade zu Beginn des Projektes auch die Anonymität ihrer Auftraggeber schützen können.

3. Schritt: Letter of Intent

Nachdem die beidseitige Bereitschaft zu einem M&A-Projekt geklärt ist, sollte ein Letter of Intent (kurz: LOI) angefertigt werden. Neben der Absichtserklärung beider Parteien ihres grundsätzlichen Interesses an der Durchführung der Transaktion kann dieser beispielsweise eine grobe Planung der neuen Führungsstruktur und ein Transaktionskonzept beinhalten. Auch strategische Überlegungen zur Projektumsetzung werden im LOI festgehalten. Mit dem LOI ist damit auch ein Grundstein gelegt, mögliche Finanzierungspartner mit in die Überlegungen einzubeziehen oder beispielsweise Vertragsstrukturen vorzubereiten.

4. Schritt: Due Diligence

Die eigentliche Transaktionsphase beginnt dann mit der sogenannten Due Diligence – zu Deutsch: einer sorgfältigen Prüfung unterschiedlicher Aspekte des angedachten Geschäfts. Für diese Due Diligence empfiehlt es sich auf jeden Fall, eigene Berater einzuschalten. Übersieht der Käufer hier mögliche Fallstricke oder lässt sich der Verkäufer unnötige Risiken unterschieben, kann es schnell zu erheblichen Nachteilen kommen. Man unterscheidet hierbei mehrere Arten von Due Diligence:

Commercial Due Diligence: Dieser kommt im Transaktionsprozess eine besondere Bedeutung zu. Im Fokus steht hierbei ausschließlich die strategische Komponente. Es werden die Zukunftsperspektiven der Zielgesellschaft analysiert sowie die Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells geprüft – die Transaktion wird mit Hinblick auf das externe Unternehmensumfeld kritisch hinterfragt.

Financial Due Diligence: Durch eine detaillierte Unternehmensanalyse gilt es zunächst, sich ein Gesamtbild des Unternehmens zu verschaffen, einen Höchstpreis zu ermitteln und ein ausführliches Finanzierungskonzept zu entwickeln. Es empfiehlt sich, den Einbezug von Fördermitteln in Form von Bürgschaften oder Darlehen ohne Sicherheitenbedarf zu prüfen.

Tax Due Diligence: Eine geplante Unternehmenstransaktion sollte in jedem Fall einer steuerlichen Prüfung unterliegen. Diese erfolgt im Rahmen der Tax Due Diligence. Neben der Durchführung einer Analyse von steuerlichen Chancen und Risiken sollte hierbei auch ein steuerrechtliches Konzept zur Umsetzung der Transaktion entwickelt werden.

Legal Due Diligence: Es gilt, sämtliche Aspekte der Transaktion auf rechtliche Grundlagen zu prüfen. Rechtliche Risiken werden aufgedeckt und eventuelle Rechtsstreitigkeiten analysiert, bestehende Miet- und Pachtverhältnisse werden geprüft. Letztlich wird in dieser Phase die Grundlage zur Ausarbeitung eines Kaufvertrages gelegt. Hierbei sollte sehr akribisch vorgegangen werden, da das Übersehen gewisser Rahmenbedingungen das eigene Unternehmen im Nachhinein teuer zu stehen kommen könnte. Ein wesentlicher Streitpunkt sind hier oft die Haftungsverhältnisse für mögliche Risiken aus der Vergangenheit.

Schritt 5: Deal-Strukturierung, Signing und Closing

Nach Abschluss dieser Prüfungen sollte der Weg für die Erstellung der Verträge, die Finanzierung – kurz: die Struktur des Deals – geklärt sein. Nicht selten folgen auf den letzten Metern noch einmal Versuche beider Partner, die Konditionen für sich zu verbessern. Wer hier nicht mögliche Exits für sich vorbereitet hat, wird kurz vor Ende des Abschlusses schnell erpressbar. Mit dem Signing herrscht dann endlich Gewissheit über die Konditionen – das sogenannte Closing sind die Wochen nach der Vertragsunterschrift, in denen die Vertragserfüllung eingeleitet und umgesetzt wird.

M&A

Mergers & Acquisitions oder kurz „M&A“ wird als Überbegriff für Unternehmenstransaktionen in Form von Fusionen, Unternehmensverkäufen oder Management-Buy-outs verwendet.

Fazit

M&A-Transaktionen bieten dem Mittelstand vielseitige Möglichkeiten, Wachstums- oder Nachfolgestrategien umzusetzen. Auch Internationalisierung und Fachkräftegewinnung lassen sich durch M&A-Transaktionen realisieren. Jedoch empfiehlt es sich aufgrund der Komplexität eines solchen Projektes, externe Berater in das Vorhaben mit einzubeziehen.

Foto: panthermedia/Benjamin Bachmair

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