Artikel erschienen am 07.11.2012
E-Paper

Stromkosten für produzierendes Gewerbe

Gesetzliche Reduzierungsmöglichkeiten optimal nutzen

Von Sebastian Knappe, Magdeburg

Energieintensive Unternehmen, insbesondere diejenigen, die sich in einem internationalen Wettbewerb befinden, leiden besonders unter den hohen Energiekosten, welche Folge der politisch beschlossenen Energiewende sind. Vor allem die rasant steigenden Kosten für den Ausbau der erneuerbaren Energien belasten die Strompreise. Diese Kosten werden durch eine bundeseinheitliche Umlage durch alle Stromverbraucher getragen. Stromintensive Unternehmen des produzierenden Gewerbes können jedoch unter bestimmten Vorausetzungen von einer Verringerung der EEG-Umlage profitieren.

Zunächst muss es sich um ein Unternehmen des produzierenden Gewerbes handeln, welches sich im internationalen Wettbewerb befindet. Weiterhin müssen die Stromkosten bei mehr als 14 % der Bruttowertschöpfung des Unternehmens und der Stromverbrauch bei mehr als einer Gigawattstunde, d. h. 1 000 000 kWh an einer Abnahmestelle liegen. Maßgeblich ist das letzte abgeschlossene Geschäftsjahr vor Antragstellung. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, benötigt das Unternehmen eine Bescheinigung eines Wirtschaftsprüfers, um den Antrag beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle bis zum 30.06. eines Jahres einzureichen. Unternehmen mit einem Stromverbrauch von mehr als zehn Gigawattstunden benötigen zusätzlich den Nachweis über ein etabliertes Energiemanagementsystem.

Eine weitere Stellschraube zur Kostenreduktion kann die Vereinbarung individueller (reduzierter) Netzentgelte oder die komplette Befreiung von den Netzentgelten sein. Ein individuelles Netzentgelt muss gewährt werden, wenn die stärkste Inanspruchnahme des Stromnetzes durch den Verbraucher zeitlich deutlich von der stärksten Inanspruchnahme aller Netzkunden abweicht. Bestimmt wird dieses Verhältnis über die jeweiligen Höchstleistungswerte je Kalenderjahr. Das individuelle Netzentgelt für den Leistungsanteil kann dabei um bis zu 80 % reduziert werden.

Für Unternehmen mit einem besonders hohen Stromverbrauch (zehn Gigawattstunden) und einem sehr ausgeglichenen Verbrauchsverhalten, d. h. die eine vergleichsweise konstante Leistung aus dem Netz pro Jahr abrufen, bietet sich sogar die Möglichkeit zur vollständigen Befreiung von den Netzentgelten. Sowohl die Vereinbarung individueller Netzentgelte als auch die Befreiung von den Netzentgelten bedürfen der Genehmigung der jeweils zuständigen Regulierungsbehörde, die auf Antrag durch den Verbraucher oder Netzbetreiber bei Nachweis der genannten Voraussetzungen erteilt wird. Die letzte Möglichkeit ergibt sich aus dem Anspruch auf individuelle Netzentgelte für singulär, – d. h. ausschließlich durch den Verbraucher – genutzte Teile des Stromversorgungsnetzes. Dieses bedarf keiner Genehmigung, sondern ist lediglich gegenüber der Regulierungsbehörde anzuzeigen.

Weitere Einsparmöglichkeiten für Unternehmen des produzierenden Gewerbes ergeben sich durch die Erstattung der Stromsteuer sowie durch die Reduzierung der sogenannten KWK-G-Umlage bzw. Sonderkundenumlage (§ 19 StromNEV).

Durch das optimale Ausnutzen der vorhandenen Strompreisreduzierungsmöglichkeiten insbesondere für Unternehmen des produzierenden Gewerbes können bis zu 40 % der Stromkosten eingespart werden. Die Antragsvoraussetzungen sind komplex und häufig an enge Fristen geknüpft. Teilweise ergeben sich aus den Einzeltatbeständen auch Wechselwirkungen, sodass nicht alle Sachverhalte wirken, sich z. T. sogar ausschließen. Daher bietet sich die Einbeziehung von Branchenexperten bei der Prüfung der individuellen Einsparmöglichkeiten und der Antragstellung an bzw. ist aufgrund der Antragsvoraussetzungen (Wirtschaftsprüferbescheinigung) zwingend notwendig. Eine frühzeitige und umfassende Auseinandersetzung mit dem gesamten Themenkomplex hilft, sämtliche Optimierungsmöglichkeiten auszunutzen.

Bild: Panthermedia

Ähnliche Artikel

Immobilien

Integrale Qualitätssicherung

Monitoring als Werkzeug zur Erfüllung der Ziele zur Energiewende

Bis 2050 soll für den Gebäudebe-stand der Einsatz erneuerbarer Energien auf 60 % angehoben und der Primärenergieverbrauch um 50 % reduziert werden. Sowohl die Architektur als auch die Nachhaltigkeitskonzepte für Gebäude müssen sich an diesem Maßstab messen. Mit der Steigerung der Energieeffizienz werden jedoch auch die eingesetzten technischen Systeme immer komplexer.

Braunschweig 2016 | Dr.-Ing. Jennifer König, Braunschweig

Immobilien

Energiewende im Steuerrecht

Erneuerbare Energien und deren Einordnung im deutschen Steuerrecht

Das deutsche Steuerrecht begleitet in den letzten Jahren die Maßnahmen zur Energiewende. Die Einordnung der Investitionen bzw. das Betreiben von Anlagen zur Erzeugung von der „erneuerbaren“ Energie in das deutsche Steuerrecht ist ein nicht unerheblicher Faktor bei der Entscheidung der Investoren.

Braunschweig 2012 | Ingo Berg, Braunschweig