Artikel erschienen am 07.11.2012
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Neue Regeln für die Zwangsvollstreckung

Reform der Sachaufklärung bringt verbesserte Informationsmöglichkeiten für Gläubiger

Von Timo Harland, Magdeburg

Zum 01.01.2013 tritt das Gesetz zur Reform der Sachaufklärung, das bereits im Juni 2009 beschlossen wurde, mit seinen wesentlichen Neuerungen in Kraft. Damit soll die Beitreibung von bereits titulierten Forderungen effektiver werden, indem die Gläubiger bereits zu Beginn des Vollstreckungsverfahrens in die Lage versetzt werden, umfassende Informationen über den Schuldner auch von dritter Seite zu erhalten. Außerdem werden das Verfahren auf Abnahme der Vermögensauskunft (bisher „eidesstattliche Versicherung“) sowie die Führung des Schuldnerverzeichnisses modernisiert.

Gläubiger von rechtskräftig festgestellten Forderungen stehen bislang vor einem Dilemma. Um Informationen über den Schuldner zu erlangen, z. B. über die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, müssen sie zunächst eine erfolglose Sachpfändung durchführen. Das kostet Zeit und Geld und beschränkt sich letztlich auf Eigenangaben des Schuldners.

Zukünftig bedarf es eines solchen gescheiterten Voll­streckungs­versuchs nicht mehr. Vielmehr ist der Schuldner auf Antrag des Gläubigers schon zu Beginn der Beitreibungsmaßnahmen verpflichtet, umfassend Auskunft über seine Vermögens­verhältnisse zu geben und dies an Eides statt zu versichern. Diese sogenannte Vermögens­auskunft wird vom örtlich zuständigen Gerichts­vollzieher abgenommen und von diesem in die neu geschaffene Justiz­daten­bank des zentralen Voll­streckungs­gerichts, das Vermögensverzeichnisregister, eingestellt. Zugriff auf dieses elektronische Verzeichnis haben alle Gerichtsvollzieher, die damit den Inhalt der Vermögensauskunft weiteren Gläubigern zu Vollstreckungszwecken zugänglich machen können. Das jeweilige Vermögensverzeichnis ist für die Dauer von zwei Jahren abrufbar.

Mehr Informationen durch Fremdauskünfte

Gibt der Schuldner die Vermögensauskunft nicht ab oder ist nach dem Inhalt der Auskunft eine Befriedigung des Gläubigers nicht zu erwarten, ist der Gerichtsvollzieher künftig befugt, Fremdauskünfte bei den Trägern der Rentenversicherung, beim Bundeszentralamt für Steuern und beim Kraftfahrt-Bundesamt über ein Arbeitsverhältnis, Konten, Depots oder Kraftfahrzeuge des Schuldners einzuholen. Auf der Grundlage dieser Informationen kann der Gläubiger dann die im jeweiligen Einzelfall geeignete Vollstreckungsmaßnahme durchführen. Voraussetzung für die Einholung dieser Fremdauskünfte ist allerdings, dass der Wert der beizutreibenden Forderung mehr als 500 Euro beträgt.

Internetregister für Schuldnerverzeichnisse

Die Schuldnerverzeichnisse, die derzeit bei den örtlichen Amtsgerichten geführt werden, werden zukünftig in einem landesweiten zentralen Internetregister zusammengefasst. Dieses wird vom zentralen Vollstreckungsgericht des jeweiligen Bundeslandes, in Sachsen-Anhalt ist dies das Amtsgericht Dessau-Roßlau, geführt. In dieses Register werden Schuldner eingetragen, die ihrer Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachgekommen sind oder die eine Vermögensauskunft abgegeben haben und die der jeweiligen Vollstreckung zugrunde liegende Forderung nicht begleichen können.

Verbindliche Vollstreckungsformulare

Um das Zwangsvollstreckungsverfahren zu vereinheitlichen, werden verbindliche Formulare für den Auftrag zur Zwangsvollstreckung eingeführt. Außerdem ist es zukünftig zur Beschleunigung und Vereinfachung der Zwangsvollstreckung unter bestimmten Voraussetzungen möglich, die Forderungspfändung (z. B. Gehalts- oder Kontenpfändung) auf elektronischem Wege zu beauftragen.

Vorsicht Kosten

Durch die Neuregelung der Zwangsvollstreckung werden in bestimmten Bereichen erhöhte Kosten auf die Gläubiger zukommen. So werden die Kosten für die Anforderung des Vermögensverzeichnisses steigen, da für die Übermittlung nun der Gerichtsvollzieher statt des Vollstreckungsgerichts zuständig ist. Weitere Kostensteigerungen drohen durch den Entwurf des 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes, das zum 01.07.2013 in Kraft treten soll und eine Erhöhung der Gerichtsvollzieherkosten um durchschnittlich 20 % vorsieht.

Foto: Panthermedia/Thorsten Greszner

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