Artikel erschienen am 28.05.2018
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Nothing is certain but death and taxes

Möglichkeiten einer familieninternen Unternehmensnachfolge zwei Jahre nach der Erbschaftsteuerreform

Von Dipl.-oec. Oliver Warneboldt, Hannover | Dipl. oec. Prof. Dr. iur. Torsten Neumann, Hannover

Verschonung von Unternehmensvermögen

Der Gesetzgeber hat es mit der im Jahr 2016 vorgenommenen Erbschaftsteuerreform beim bisherigen System der Verschonung unternehmerischen Vermögens belassen. Nach der neugefassten Vorschrift des § 13b ErbStG sind weiterhin inländisches Betriebsvermögen sowie Anteile an Personen- und Kapitalgesellschaften, letztere allerdings nur dann, wenn der Erblasser oder Schenker am Nennkapital dieser Gesellschaft unmittelbar zu mehr als 25 % beteiligt ist, begünstigt. Die Regelverschonung beträgt 85 %. Auch ist die Möglichkeit zur Optionsverschonung mit einer Befreiung von 100 % nach wie vor existent. Ebenfalls beibehalten wurde das Lohnsummenmodell und das Anknüpfen an Behaltensfristen, die entweder fünf Jahre im Falle der Regelverschonung oder sieben Jahre im Falle der Optionsverschonung betragen.

Wenn der Steuergesetzgeber unternehmerisches Vermögen im Rahmen der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer verschonen will, muss er gleichzeitig sicherstellen, dass nicht unter dem Deckmantel einer unternehmerischen Einheit in der Sache Vermögensverwaltung betrieben wird, die nach dem Willen des Gesetzgebers von der Begünstigung ausgeschlossen sein soll. Nachdem der Gesetzgeber bis 2016 ein Alles-oder-Nichts-Prinzip im Gesetz verankert hatte, ist nach der Neuregelung allerdings das schädliche Verwaltungsvermögen von jedweder Begünstigung ausgeschlossen. Die hohe Komplexität der neuen erbschaftsteuerlichen Regelungen ermöglicht aber gleichwohl unverändert einen großen Gestaltungsspielraum, den es zu nutzen gilt.

Eine Begünstigung wurde für bestimmte Investitionen in das Gesetz eingeführt, wenn Verwaltungsvermögen und Finanzmittel nach dem Willen des Erblassers innerhalb von zwei Jahren nach dem Erbfall für Investitionen oder Lohnzahlungen verwendet werden. Hierfür ist eine geeignete Dokumentation des Erblasserwillens, z. B. in einer belastbaren Unternehmensplanung für die Zukunftsjahre, notwendig, die fortlaufend an die Entwicklung des Geschäftsbetriebes anzupassen ist.

Ferner ist eine punktgenaue Disposition der Finanzmittel vorzunehmen, welche nach Ablauf von zwei Jahren zu einer optimalen Nutzung des gesetzlichen Sockelbetrages führt.

Zeitpunkt der Unternehmensnachfolge

Grundsätzlich lässt sich aus Beratungssicht festhalten, dass eine geplante Unternehmensnachfolge zu Lebzeiten einer Unternehmensübertragung im Todesfall vorzuziehen ist. Die Erfahrung zeigt, dass es die übertragende Generation ist, die im Falle einer lebzeitigen Unternehmensnachfolge die Sorge hat, zukünftig nicht ausreichend versorgt zu sein, da „alles“ aus der Hand gegeben wird. Dies ist aber bei entsprechender vertraglicher Ausgestaltung gänzlich unbegründet.

Im unternehmerischen Bereich hat sich die Vereinbarung einer Versorgungsleistung als geeignetes Instrument erwiesen. Wird dieser Weg beschritten, vereinbaren Übergeber und Übernehmer, dass für die übergebene unternehmerische Einheit dem Übergeber durch den Übernehmer monatlich ein bestimmter Betrag gutgebracht wird. Diese Vorgehensweise der Unternehmensübertragung ist ertragsteuerlich neutral, sofern darauf geachtet wird, dass bei der Vereinbarung des zu leistenden Geldbetrages der Versorgungsgesichtspunkt der übergebenden Generation im Vordergrund steht, da die Finanzverwaltung in diesem Zusammenhang immer eine Abgrenzung gegenüber Unterhaltsleistungen, die ihren Grund in einer moralischen Verpflichtung der übernehmenden Generation haben, und Gegenleistungen, die Kaufpreischarakter haben, vornimmt. Die seitens des Übernehmers gezahlten Versorgungsleistungen stellen bei diesem Sonderausgaben in voller Höhe dar und sind korrespondierend hierzu beim Übergeber wiederkehrende Bezüge. Steuerlich erweist sich diese Art der Unternehmensnachfolge häufig deswegen als Vorteil, da nach der Unternehmensübertragung ein entsprechendes Steuersatzgefälle zwischen Übergeber und Übernehmer besteht.

Neben einer unentgeltlichen Unternehmensnachfolge kommt insbesondere bei Personengesellschaften und Einzelunternehmen ein Verkauf als Mittel der Übertragung an die nachfolgende Generation in Betracht. Dem Übergeber ist es in diesem Fall insbesondere möglich, sofern die entsprechenden Voraussetzungen bestehen, d. h. insbesondere sein Alter beträgt mindestens 55 Jahre, den ermäßigten Steuersatz von 56 % (sog. halber Steuersatz) des § 34 EStG in Anspruch zu nehmen. Die übernehmende Generation erhält durch den Kauf entsprechendes Abschreibungspotenzial, welches in nicht seltenen Fällen die Steuerbelastung der übertragenden Generation kompensiert.

Im privaten Bereich sind vor allem Nießbrauchgestaltungen zu empfehlen, bei denen sich der Übergeber einen entsprechenden Vorbehaltsnießbrauch an der zu übertragenden Wirtschaftseinheit, hierbei handelt es sich in der Regel um Immobilien, vorbehält.

Flankierende Maßnahmen

Neben originären erbschaft- bzw. schenkungsteuerlichen Thematiken lässt sich die Unternehmensnachfolge bzw. die Versorgung von Angehörigen durch entsprechende flankierende Maßnahmen verbessern bzw. ist unabdingbare Voraussetzung für dessen Funktionieren.

Zunächst ist bei jeder Unternehmensnachfolge, insbesondere dann, wenn diese nicht schon zu Lebzeiten erfolgt, darauf zu achten, ob die testamentarische Regelung den Vorschriften des Gesellschaftsvertrages genügt. Hintergrund ist, dass eine testamentarische Verfügung nur dann umsetzbar ist, wenn der Gesellschaftsvertrag dies entsprechend zulässt, denn es gilt insoweit der Grundsatz, dass das Gesellschaftsrecht dem Erbrecht vorgeht. In besonders eklatanten Fällen kann die Nichtbeachtung dieses Grundsatzes dazu führen, dass Gesellschaftsbeteiligungen, die zum Nachlass gehören, entschädigungslos wegfallen.

Gerade in den älteren Generationen sind noch Eheverträge vorhanden, die eine Modifizierung des Güterstandes weg von der Zugewinngemeinschaft hin zur Gütertrennung vorsehen. Diese Eheverträge sind unter erbschaftsteuerlichen Gesichtspunkten nicht zu empfehlen. Vorzugswürdig ist, den Güterstand der Zugewinngemeinschaft lediglich zu modifizieren und zwar dahingehend, dass ein Zugewinnausgleich nur im Scheidungsfall ausgeschlossen ist. Dies hat den Vorteil, dass zwischen den Eheleuten im Rahmen der Erfüllung eines Zugewinnausgleichsanspruchs steuerfrei Vermögen übertragen werden kann, welches bspw. dann dazu nutzbar ist, Vermögen in der Übergebergeneration dem Ehepartner aus Alterssicherungsgründen zur Verfügung zu stellen. Daneben ermöglicht eine Übertragung in der Übergebergeneration u. U. auch eine doppelte Ausnutzung der Freibeträge von 400 000 Euro im Verhältnis zu den eigenen Kindern.

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