Änderungen bei der Abzinsung von Pensionsrückstellungen
Von Gottfried Jestädt, Hannover | Dipl.-Betriebsw. Jörg Hammen, HannoverIn Art. 7 und 8 des vorgenannten Gesetzes finden sich die Anpassungen des HGB zu § 253 HGB sowie zu Art. 75 EGHGB. Die Änderungen traten am 17.03.2016 in Kraft. Damit wird die handelsrechtliche Bewertung der Pensionsrückstellungen neu geregelt. Bei der Abzinsung der Pensionsrückstellung ermittelt sich der Abzinsungssatz zukünftig auf Basis eines 10-jährigen Referenzzeitraumes und nicht wie bisher auf Basis von 7 Jahren.
Folge
Durch die Ausdehnung des Betrachtungszeitraumes ergibt sich ein höherer Zinssatz, dessen Anwendung zu einem geringeren Bilanzansatz führt. Es kommt somit zu einer erfolgswirksamen Teilauflösung der Rückstellung.
Auswirkung des Gesetzes für die Praxis
§ 253 Abs. 2 S. 1 HGB | § 253 Abs. 6 HGB |
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Ermittlung des durchschnitt-lichen Zinssatzes aus den letzten 10 Jahren für Altersversorgungsverpflichtungen |
· jährliche Ermittlung des Unterschiedsbetrages der Pensionsrückstellung bei einem 7- bzw. 10-jährigen Betrachtungszeitraum (das bedeutet, faktisch sind zwei Berechnungen vornehmen) · Unterschiedsbetrag unterliegt einer Ausschüttungssperre (ggf. in Form einer separaten Rücklage) |
Praktikerhinweis
Die Zinssatzänderung stellt eine Änderung der Bewertung dar, sodass die Beschreibung der Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden im Anhang entsprechend anzupassen sind.
Kleine Kapitalgesellschaften sowie Kapitalgesellschaften & Co. jeder Größe
Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden
Die Rückstellungen für Pensionen werden nach anerkannten versicherungsmathematischen Grundsätzen unter Anwendung der „Projected-Unit-Credit-Methode“ ermittelt. Als biometrische Rechnungsgrundlagen wurden die „Richttafeln 2005 G“ von Klaus Heubeck zugrunde gelegt. Für die Abzinsung wurde pauschal eine durchschnittliche Restlaufzeit von 15 Jahren unterstellt und dafür erstmals der von der Deutschen Bundesbank auf den Bilanzstichtag ermittelte durchschnittliche Marktzinssatz der vergangenen 10 Jahre von …. % angesetzt (im Vorjahr: durchschnittlicher Marktzinssatz der vergangenen 7 Jahre von …. %).
Erläuterung zur Bilanz, Passiva, Rückstellungen
Aus der Abzinsung der Rückstellungen für Pensionen mit dem durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangenen 10 Jahre ergibt sich im Vergleich zur Abzinsung mit dem durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangenen 7 Jahre ein Unterschiedsbetrag i. H. v. … Euro. Dieser Unterschiedsbetrag ist für eine Ausschüttung gesperrt.
Besonderheit 1: BilMoG-Unterschiedsbeträge
Grundsätzlich ist es denkbar, die zeitliche Streckung des Umstellungsbetrages auf BilMoG bis 2024 und die Neuregelung des § 253 Abs. 2 HGB getrennt voneinander zu behandeln.
Konkret bedeutet das, dass eine erfolgswirksame Auflösung der Rückstellung vorzunehmen ist, ohne dass eine zusätzliche Auflösung des BilMoG-Unterschiedsbetrages und damit eine Zuführung zur Pensionsrückstellung erfolgt. Abgedeckt ist die Meinung durch das IDW, 243. HFA-Sitzung vom 01. bis 03.03.2016, und des Beck‘schen Bilanz-Kommentars, 10. Auflage, § 249 HGB, Anm. 208.
Dadurch ergibt sich jedoch eine falsche Darstellung der Pensionsrückstellung: Der erfolgswirksame Entlastungseffekt nach § 253 Abs. 2 HGB in 2016 würde sich auf eine Pensionsrückstellung beziehen, für die noch aufwandswirksam zu erfassende Zuführungsbeträge ausstehen.
Folge
Die Pensionsrückstellung wird weiter unterbewertet.
Praktikerhinweis
Bei vollständiger Zuführung von nicht verteilten BilMoG-Anpassungsbeträgen in 2016 bedeutet dies eine Neutralisierung durch den Effekt des § 253 Abs. 2 HGB mit der Folge, dass zukünftige Perioden entlastet werden.
Dabei lässt das IDW, 243. HFA-Sitzung, a.a.O., zwei Methoden zu:
- Außerbilanzielle Verrechnung des Auflösungsbetrages mit dem BilMoG-Unterschiedsbetrag, bis dieser aufgebraucht ist (verrechneter Ausweis),
- bilanzieller Ausweis der Auflösung der Rückstellung und Ausweis der Zuführung der Rückstellung aus einer Auflösung des BilMoG-Unterschiedsbetrages (unverrechneter Ausweis).
Besonderheit 2: Ausschüttungssperre und Organschaft
Das Gesetz sieht keine ergänzende Regelung im Aktiengesetz vor, nach der dieser Betrag – bei Existenz eines Gewinnabführungsvertrages – auch abführungsgesperrt ist. Fraglich war bisher, ob das Fehlen einer expliziten Abführungssperre zu einer durch Analogie zu schließenden Gesetzeslücke führt.
Die bisher bestandene Unsicherheit bezüglich dieses Punktes wurde jetzt mit BMF-Schreiben vom 23.12.2016 (IV C 2 – S 2770/16/10002, BStBl 2017 I, S. 41) beseitigt.
Danach gilt:
Anders als die Ausschüttungssperre nach § 268 Abs. 8 HGB, die über den § 301 AktG und analoger Anwendung für eine GmbH auch gleichzeitig eine Abführungssperre darstellt, unterliegt die Ausschüttungssperre nach § 253 Abs. 6 Satz 2 HGB keiner Abführungssperre. Damit ist der Ertrag aus der teilweisen Auflösung der Pensionsrückstellung an den Organträger abzuführen.
Übergangsregelung
Da die neue Regelung zur Abzinsung von Pensionsrückstellungen bereits auf das Jahr 2015 angewendet werden konnte, hat das BMF eine Übergangsregelung vorgesehen. Eine vor dem 23.12.2016 unterlassene Abführung wird nicht beanstandet, wenn die Abführung des entsprechenden Abstockungsgewinns spätestens in dem nächsten nach dem 31.12.2016 aufzustellenden Jahresabschluss nachgeholt wird.