Artikel erschienen am 14.05.2013
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Interne und externe Unternehmensnachfolge

Strategische Optionen, Aufgaben und Lösungen

Von Nikolas Manke, Hannover | Sven Schmidtmann, Magdeburg

Mehr als dreißig Jahre ist Werner G. Scheit nun schon Inhaber und Geschäftsführer der Klugmasch GmbH. Von der Pike auf hat er in dem Unternehmen gelernt, das einst sein Vater gegründet hatte und das nach wie vor erfolgreich im Maschinenbau tätig ist.

Seit Längerem trägt sich Scheit nun aber schon mit dem Gedanken, das Unternehmen in andere Hände zu geben. Weil seine Tochter nicht aktiv einsteigen möchte, überlegt Scheit, wie er die KlugmaschGmbH erfolgreich an neue Inhaber übergeben kann – und das möglichst so, dass das Unternehmen auch langfristig bestehen bleibt.

Mit diesen Gedanken hinsichtlich einer Nachfolge steht Scheit in Deutschland nicht alleine da. Nach den Statistiken des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) in Bonn sind seit 2005 jährlich 71 000 Familienunternehmen mit der Notwendigkeit einer Nachfolgeregelung befasst gewesen. Dabei standen allerdings nur in etwa 31 000 Fällen potenzielle Nachfolger innerhalb der Familien bereit. Werner G. Scheit ist also Inhaber eines jener 40 000 Familienunternehmen, für die eine Unternehmensnachfolge außerhalb des eigenen Familienkreises gefunden werden muss.

Welche strategischen Optionen stehen in einem solchen Suchprozess aber nun eigentlich zur Auswahl? Welche Aufgaben ergeben sich daraus und wie können diese im Sinne eines positiven Abschlusses der Nachfolgersuche gelöst werden?

1. Optionen

Im Rahmen vieler intensiver Gespräche mit Bekannten und befreundeten Unternehmern hat Werner G. Scheit zunächst den Eindruck gewonnen, dass es keinen Sinn macht, das Thema Unternehmensnachfolge als Einzelkämpfer in Angriff zu nehmen. Deshalb möchte er sich zunächst von Spezialisten die verschiedenen strategischen Handlungsoptionen zum Thema aufzeigen lassen. Dabei stehen Fragen der Strategie, Transaktionsbegleitung, Kommunikation nach innen und nach außen, Bewertung, Finanzierungserfordernisse sowie der juristischen und steuerlichen Gestaltung im Vordergrund.

Scheit wird im Rahmen dieser Gespräche deutlich, dass er sowohl auf eine interne, als auch auf eine externe Lösung setzen kann. Nach intensiven Gesprächen mit dem Prokuristen seines Unternehmens weiß er, dass dieser durchaus interessiert wäre, Scheits Nachfolge in der KlugmaschGmbH anzutreten. Denkbar ist für Scheit allerdings auch eine externe Lösung, also ein Verkauf an einen Wettbewerber, einen Lieferanten, einen Kunden, einen Finanzinvestor oder jemanden, der den Schritt in die Selbstständigkeit machen will.

2. Aufgaben

Scheit fragt sich, wie er die Suche nach einem solchen Externen angehen soll und erarbeitet gemeinsam mit dem Spezialisten zum Thema Unternehmensnachfolge einen strategischen Fahrplan im Hinblick auf die Zeit, die anstehenden Aufgaben und deren Lösungen.

Ist-Analyse

Beginnen sollte er zunächst mit einer umfassenden Ist-Analyse seines Unternehmens, der Finanzdaten sowie des Markt- und Wettbewerbsumfeldes. Nur wenn er die aktuelle Situation der KlugmaschGmbH hinsichtlich ihrer Stärken und Schwächen und der sich hieraus ergebenden Chancen und Risiken analysiert hat, kann er einem potenziellen Nachfolger aufzeigen, wo das Unternehmen derzeit steht und welche Potenziale es unter anderem im Hinblick auf die Werttreiber, Alleinstellungsmerkmale und das Wachstum für die Zukunft hat. Diese Potenziale werden anschließend in eine integrierte Ergebnis- und Erfolgsrechnung (Mehrjahresplanung) überführt. Zusammengefasst werden sollten die Analyse-ergebnisse dann in einem sogenannten Information Memorandum, dem interessierte Nachfolger all jene Informationen entnehmen können, die für eine Entscheidung pro oder kontra Nachfolge wesentlich sind.

Unternehmenswert und Kaufpreis

Nachdem ein Überblick über die gesamtwirtschaftli-che Situation des Unternehmens erarbeitet wurde, wird der interne oder externe Nachfolger mögli­-
cherweise u. a. besonders auf aktuelle Vermögensge-genstände, die Kunden- und Lieferantenstruktur, Verbindlichkeiten und weitere Lasten, zum Beispiel Pensionsrückstellungen, des Unternehmens blicken. Sinnvoll ist dabei auch die Erstellung einer Unter-nehmensbewertung – abgeleitet aus den zukünftigen Erwartungen hinsichtlich der Unternehmens­entwicklung mit einer Plausibilisierung auf Basis der Vergangenheitszahlen –, da bei den bevorstehenden Verhandlungen schon zu einem frühen Zeitpunkt nach den Preisvorstellungen gefragt werden wird. Werner G. Scheit sollte hier in enger Zusammenarbeit mit den Beratern darauf achten, eigene Haftungsrisiken im Rahmen der Unternehmensnachfolge zu minimieren und alternative Vorgehensweisen auf ihre Vorteilhaftigkeit zu prüfen.

Anforderungen an die Nachfolge

Auf Basis der Ist-Analyse des eigenen Unternehmens sollte sich Werner G. Scheit auch eingehende Gedanken über die Anforderungen machen, die an einen potenziellen Nachfolger zu stellen sind. So sind in der Regel zahlreiche unternehmensbezogene Anforderungen zu berücksichtigen, denen dieser auch erfolgreich begegnen können sollte. Dies ermöglicht auch die Vermeidung von eventuell auftretenden Führungsproblemen nach Umsetzung der Nachfolge, was von großer Bedeutung ist, wenn der Kaufpreis auch von der Unternehmensentwicklung nach dem Verkauf abhängt (Earn-out-Modelle).

Ausscheiden aus dem Unternehmen

In diesem Zusammenhang sollte Scheit für sich auch klären, wie er sein Ausscheiden aus dem Unternehmen konkret gestalten will. Die Übergabe an den Nachfolger kann sowohl komplett in einem Schritt vollzogen als auch sukzessive durchgeführt werden – wobei hinsichtlich der zweiten Variante ein genaues Abstecken des zeitlichen Rahmens der Übergangszeit sehr hilfreich erscheint. Gerade bei einer unternehmensinternen Lösung ist es ratsam, nach Strukturierungselementen zu streben, die den Nachfolger dabei unterstützen, nach und nach in seine neue Rolle hineinzuwachsen.

Dieser Prozess erfordert dann auch präzise Überle-gungen mit Blick auf die finanzielle Zukunft von Werner G. Scheit, z. B. hinsichtlich der Sicherheit etwaiger Pensionszahlungen, möglicher bestehender Überlagerungen von privatem und Firmenvermögen und der Nutzung ggf. vorhandener steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten.

3. Lösungen

Eine strategisch geplante und erfolgreich umgesetzte Nachfolge sichert, falls gewünscht, den Fortbestand eines Unternehmens, gibt Lieferanten, Kunden und Mitarbeitern Sicherheit und verbessert nicht zuletzt auch deutlich die Position des Unternehmens bei den bisherigen Finanzierungspartnern. Ist eine Unternehmensnachfolge klar definiert und angemessen gestaltet, sichert dies einen guten Ausblick auf die Finanzierungsfähigkeit des Unternehmens für die weitere Zukunft.

Erfolgsperspektiven

Das bedeutet aber auch, dass die identifizierten aktuellen sowie zukünftigen Herausforderungen des Unternehmens antizipiert und möglichst schon unter Einbezug des Nachfolgers gelöst bzw. beseitigt werden sollten. Nur ein Nachfolger, der von den Mitarbeitern die vollständige Akzeptanz als Führungsfigur erhält, kann die bestehenden Potenziale voll ausschöpfen. Dies weitet den Spielraum bei der Kaufpreisgestaltung aus.

Gleichzeitig sind deshalb auch unattraktiv erschei-nende Zustände – die innerhalb der Ist-Analyse deutlich geworden sind – wenn möglich zu beheben, um den potenziellen Nachfolger nicht abzuschrecken. Zukunftsgerichtete und klare Strukturen – wie zum Beispiel eine unternehmerunabhängige Führungsmannschaft – erhöhen dabei die Erfolgsperspektiven.

Externe Suche

Neben der internen Lösung, die sich durch direkte Gespräche im Unternehmen relativ einfach auf Realisierbarkeit hin überprüfen lässt, ist die Suche nach einer externen Nachfolge komplizierter. Werner G. Scheit hat hier mehrere, sich ergänzende Möglichkeiten. Zum einen kann er sich an Personalvermittler wenden, die entsprechend der zuvor entwickelten Anforderungen an einen Nachfolger mögliche Kandidaten suchen und vorschlagen können. Des Weiteren sollte Scheit die Möglichkeit prüfen, bei langjährigen Partnern Ausschau zu halten, zu denen eine gute Vertrauensbasis besteht. Der Vorteil liegt darin, dass der Unternehmer den möglichen Nachfolger schon länger kennt, dieser ebenso das Unternehmen und gegebenenfalls auch Mitarbeiter.

Bei der Übertragung des Unternehmens an einen externen Nachfolger sollte Herr Scheit aber darauf achten, dass das Bedürfnis nach vertraglicher Absi-cherung ausgeprägter sein könnte. Für einen externen Käufer bleiben meist blinde Flecken in Bezug auf die Details der unternehmensinternen Abläufe und Potenziale, die meist durch Garantien und weitere Kaufvertragsgestaltungen gemildert werden sollen. In diesem Fall ist das persönliche Nachhaftungsrisiko für den Verkäufer eines Unternehmens verhandlungsabhängig vermutlich größer als bei einer Übernahme durch einen Nachfolger aus dem eigenen Unternehmen, der sich bei der Strukturierung des Deals nur bedingt auf Transparenzdefizite und die damit einhergehende Forderung nach Absicherungen berufen kann.

Bereitschaft zum Dialog

Besonders wichtig für den Erfolg eines Nachfolgevorhabens ist der stetige Dialog mit Mitarbeitern, Finanzierungspartnern, Beratern und der Unternehmerfamilie. Hierdurch werden Unsicherheiten und Vorbehalte frühzeitig vermieden. In den Gesprächen mit einem möglichen Nachfolger sollte es für Werner G. Scheit vor allem darum gehen, den Kandidaten vom Unternehmen zu überzeugen, ihm die Unternehmenswerte nahe zu bringen und den Ablauf der Übergabe und ihre Modalitäten abzustimmen. Entscheidend ist, dass der Nachfolger das Übernahmepotenzial erkennt und daraus eine langfristige Perspektive für sich ableiten kann.

Ebenfalls berücksichtigt werden sollte der Dialog von Unternehmer und Nachfolger mit möglichen Fördermittelgebern. Insbesondere bei KMU-Unternehmensübernahmen (kleine- und mittlere Unternehmen) bestehen oftmals Möglichkeiten, sich beispielsweise über die KfW, Landesbanken, Beteiligungsgesellschaften und Bürgschaftsbanken zinsverbilligte Darlehen, eigenkapitalähnliche Mittel sowie Bürgschaftsübernahmen und damit Finanzierungsspielraum zu sichern. Weiter wäre es auch erforderlich, die bestehenden Finanzierungspartner frühzeitig zu involvieren, um diese in die Unternehmenstransaktion hinsichtlich der Finanzierung miteinzubinden.

Abwicklung der Nachfolge

Nach Abschluss der vielfältigen Vorarbeiten und -gespräche ist für Werner G. Scheit schließlich der Zeitpunkt gekommen, sich zu entscheiden, welche konkrete Form der Nachfolgeabwicklung er wählen möchte. Prinzipiell kann er sich unter anderem zwischen einer Asset- und einer Share-Deal-Gestaltung entscheiden.

Asset-Deal

Bei einem Asset-Deal handelt es sich um einen Erwerb einzelner Vermögensgegenstände und/oder Rechtsverhältnisse des Unternehmens. Die Vermögensgegenstände (z. B. Anlagevermögen, Umlaufvermögen, Kundenverträge etc.) werden einzeln übertragen.

Die Vorteile liegen dabei unter Umständen in der Chance der Vermeidung der Übernahme verdeckter Verbindlichkeiten, der angestrebten Absetzungsfähigkeit der Anschaffungskosten für den Käufer oder der Möglichkeit, einzelne Wirtschaftsgüter, wie zum Beispiel Immobilien, aus der Transaktion auszuschließen. Nachteilig sind unter Umständen die Zustimmungserfordernisse bei der Übertragung von Rechtsverhältnissen und der allgemeine Aufwand mit einhergehender Unübersichtlichkeit bzw. umfangreichen Bewertungserfordernissen zu beurteilen. In jedem Fall ist es notwendig, diese Fragestellungen durch rechtlich und steuerlich spezialisierte Berater prüfen und begleiten zu lassen.

Share-Deal

Der Share-Deal ist eine Form des Unternehmenskaufs, bei dem Anteilsrechte an Personen- oder Kapitalgesellschaften erworben werden.

Vorteilhaft ist unter Umständen zum Beispiel die vergleichsweise einfachere Erfassung des Kaufge-genstandes oder dass die bestehenden Verträge regelmäßig unberührt bleiben, da das gesamte Unternehmen veräußert wird. Nachteilig kann hingegen unter anderem sein, dass der Nachfolger durch den weiteren Bestand der gesamten Verbindlichkeiten (auch der unbekannten Verbindlichkeiten) und der Haftungsrisiken in Zeiten wirtschaftlicher Schieflage des Unternehmens überraschend vor Schwierigkeiten gestellt werden kann. Zudem kann ein dabei möglicherweise entstehender Geschäfts- oder Firmenwert mit steuerlichen Nachteilen verbunden sein. Auch hier wird deutlich, wie wichtig dabei die Einzelfallprüfung durch spezialisierte Berater ist.

Fazit

Für Werner G. Scheit und seine Klugmasch GmbH erscheint es in abschließender Überlegung sinnvoll, Szenarien für einen Asset- und einen Share-Deal vorzubereiten, da erst unter Einbeziehung der spezifischen Situation eines heute noch nicht bekannten Käufers der ideale Weg bestimmt werden kann. Die Entscheidung über die Form der Übertragung wird dabei meist nicht allein auf steuerliche Optimierungen ausgelegt sein, sondern oftmals auch im Hinblick auf die Finanzierungsmöglichkeiten der Transaktion oder die optimale Lösung für die Fortschreibung der Unternehmensgeschichte getroffen werden. Eine Unternehmensnachfolge hat viele Facetten und sollte daher als Einzelfall betrachtet und strategisch vorbereitet werden.

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