Artikel erschienen am 01.05.2013
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Die elektronische Rechnung

Möglichkeiten und offene Fragen der vereinfachten Rechnungsstellung seit Juli 2011

Von Monika Lindner, Hannover | Dr. iur. Eckhard Groß, Bielefeld

Bisher wurden auf elektronischem Weg übermittelte Rechnungen umsatzsteuerlich nur anerkannt, wenn eine qualifizierte elektronische Signatur oder der elektronische Datenaustausch (EDI) verwendet wurden. Nach Umsetzung der geänderten EU-Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie können seit Mitte 2011 elektronische Rechnungen leichter auch für die Umsatzsteuer verwandt werden, da die Anforderungen insofern deutlich gesenkt wurden. Ein im Juli vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) veröffentlichtes Anwendungsschreiben definiert Begrifflichkeiten, erläutert die anzuwendenden Verfahren und reduziert Haftungsrisiken des Rechnungsausstellers.

Nach § 14 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) ist eine Rechnung ein Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird (§ 14 Abs. 1 S. 8 UStG). Das BMF macht deutlich, dass mit der Neuregelung Papier- und elektronische Rechnungen umsatzsteuerrechtlich gleich zu behandeln sind, diese Gleichstellung jedoch zu keinen weiteren Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit von Papierrechnungen führt.

Vor- und Nachteile der elektronischen Rechnung

Bei Ausgangsrechnungen ergeben sich Einsparungen bei Druck-, Porto- und Verpackungskosten. Durch eine automatisierte Weiterverarbeitung elektronischer Eingangsrechnungen kann beim Empfänger eine aufwendige und fehleranfällige manuelle Übertragung der Rechnungsdaten in das Buchführungssystem unterbleiben. Zudem können durch kürzere Bearbeitungszeiten eher Skontovorteile genutzt werden. Allerdings müssen Unternehmen dazu notwendige, ggf. umfangreiche Anpassungen ihrer IT-Systeme und innerbetrieblichen Abläufe vornehmen.

Verfahren zur Übermittlung

Der Rechnungsaussteller entscheidet frei, wie er elektronische Rechnungen übermittelt. Wenn die Zustimmung des Rechnungsempfängers vorliegt, bestehen keine Einschränkungen in Bezug auf das Format. Neben den bisherigen Verfahren kann die Übermittlung also per E-Mail (ggf. mit Anhang), De-Mail, Computer-Fax bzw. Faxserver oder Web-Download erfolgen. Erfolgt der Empfang auf einem Standard-Telefax, liegt eine Papierrechnung vor. Die Zustimmung geschieht regelmäßig stillschweigend, indem der Rechnungsempfänger einer elektronischen Rechnung nicht widerspricht. Da dieser allerdings ein für ihn ungeeignetes Übermittlungsverfahren ablehnen darf, ist es sinnvoll, vorab entsprechende Vereinbarungen zu treffen. Auf diese Weise kann auch der Empfänger für ihn vorteilhafte „Empfangskanäle“ vorgeben, etwa eine zentrale E-Mail-Adresse, so dass der Eingang an der richtigen Stelle seines Rechnungswesens gewährleistet ist.

Ordnungsgemäße Übermittlung der Rechnung

Sowohl Papier- als auch elektronische Rechnungen müssen neben den bisherigen inhaltlich erforderlichen Angaben (insb. § 14 Abs. 4 UStG) zukünftig auch drei weitere Kriterien erfüllen:

Für die Echtheit der Herkunft einer Rechnung muss die Identität des Rechnungsausstellers sichergestellt sein. Für die Unversehrtheit des Inhalts dürfen die nach dem UStG erforderlichen Angaben während der Übermittlung der Rechnung nicht geändert worden sein. Für eine inhaltlich richtige Rechnung spricht etwa, dass die Rechnung weder ge- noch verfälscht wurde oder auf andere Weise verändert worden ist. Die Lesbarkeit einer Rechnung stellt auf das unmittelbare Lesen durch das menschliche Auge ab. Demgegenüber sind insbesondere EDI-, XML-Nachrichten oder andere strukturierte Nachrichtenformen im Originalformat nicht lesbar, sondern werden erst durch eine entsprechende und notwendige Konvertierung einsehbar. Die genannten Kriterien gelten auch bei Sonderformen der Rechnungsstellung wie bspw. Gutschriften und Anzahlungsrechnungen.

Innerbetriebliches Kontrollverfahren

Werden die beiden beispielhaft genannten Verfahren (qualifiziert elektronische Signatur oder EDI) nicht verwendet, sieht das Gesetz vor, die erläuterten drei Kriterien durch ein innerbetriebliches Kontrollverfahren zu gewährleisten, das einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schaffen kann. Eine Rechnungseingangsprüfung muss sicherstellen, dass ausschließlich inhaltlich richtige Rechnungen über tatsächlich erbrachte Leistungen bezahlt werden. Das elektronisch übermittelte Rechnungsdokument soll deshalb stets im Kontext eines Geschäftsvorgangs (als Bestandteil einer Kette von Dokumenten wie bspw. Auftragsschein, Vertrag, Beförderungsschein, Zahlungsaufforderung) gesehen, in Beziehung gesetzt und letztlich geprüft werden. Bestimmte technische Verfahren werden hierbei seitens des BMF ebenso wenig vorgegeben wie eine gesonderte Dokumentationspflicht des innerbetrieblichen Kontrollverfahrens nebst Prüfpfad.

Daraus wird deutlich, dass die Art und Form des innerbetrieblichen Kontrollverfahrens der Größe, Tätigkeit und Art des Steuerpflichtigen angemessen sein darf bzw. muss und sowohl EDV-unterstützte als auch manuelle Verfahren zum Einsatz kommen können. Dies dient aber lediglich dazu, die korrekte Übermittlung der Rechnung, nicht aber die materiellen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs zu überprüfen. In der Praxis dürften sich diese beiden Prüfungen überschneiden. Deshalb ist dem Rechnungsempfänger der Vorsteuerabzug auch zu gewähren, wenn dessen Voraussetzungen erfüllt sind, unabhängig davon, ob ein innerbetriebliches Kontrollverfahren im Vorfeld durchgeführt wurde oder nicht.

Aufbewahrung

Rechnungen sind derzeit nach Umsatzsteuerrecht zehn Jahre lang aufzubewahren. Nähere Bestimmungen zur Form der Aufbewahrung von Buchhaltungsunterlagen enthält die Abgabenordnung. Zu beachten sind zudem die allgemeinen Grundsätze für eine ordnungsgemäße DV-gestützte Buchführung sowie die Anforderungen für eine elektronische Betriebsprüfung. Während der zehn Jahre müssen die drei o. g. Kriterien sowohl bei Papier- als auch bei elektronischen Rechnungen erfüllt werden. Damit wird deutlich, dass elektronische Rechnungen nach Erhalt in ihrem ursprünglich übermittelten Format aufzubewahren sind und eine Ablage in Papierform diesen Maßgaben nicht genügt. Eine Verletzung der Aufbewahrungsfristen stellt zwar eine Ordnungswidrigkeit dar, führt jedoch nicht zur Versagung des Vorsteuerabzugsrechts aus den übermittelten Rechnungen, wenn die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug anderweitig nachgewiesen werden.

Für elektronisch aufbewahrte Rechnungen, d. h. elektronisch übermittelte oder auch nachträglich digitalisierte Rechnungen, erlaubt das Umsatzsteuergesetz auch die Aufbewahrung im Gebiet der Europäischen Union.
Voraussetzung ist, dass ein jederzeitiger und vollständiger Online-Zugriff und ein Herunterladen und Verwenden der Daten im Inland gewährleistet sind. Außerdem muss der Aufbewahrungsort dem für die Umsatzbesteuerung zuständigen Finanzamt unaufgefordert und schriftlich mitgeteilt werden. Zu beachten ist, dass der Unternehmer nicht verlangen kann, dass der Online-Zugriff ausschließlich von seinen Räumen aus vorgenommen werden darf. Er muss vielmehr dem Finanzamt den Zugriff auch vom Amt aus einräumen (Grundsatz der Prüfung an Amtsstelle). Soweit ein Unternehmer darüber hinaus Rechnungen elektronisch in Drittstaaten aufbewahren möchte, gelten die Regelungen der Abgabenordnung, wonach u. a. ein vorheriger Antrag beim zuständigen Finanzamt notwendig ist.

Haftung bei unrichtigem bzw. unberechtigtem Steuerausweis

Werden für ein und dieselbe Leistung mehrere Rechnungen ausgestellt und übermittelt, ohne dass sie als Kopie oder Duplikat gekennzeichnet sind, liegt grundsätzlich ein unberechtigter Steuerausweis vor und der Rechnungsaussteller schuldet den unrichtig ausgewiesenen Steuerbetrag. Gerade bei elektronischen Rechnungen besteht ein erhöhtes Risiko einer Mehrfachversendung. Das BMF will dennoch in solchen Fällen § 14c UStG nicht anwenden, so dass für diese Mehrstücke keine Umsatzsteuer geschuldet wird. Allerdings ist bei Korrekturen darauf zu achten, dass ursprünglich versandte Rechnungen auch ordnungsgemäß storniert werden.

Fazit

Insgesamt sind wesentliche Fragen zu den elektronischen Rechnungen nunmehr weitgehend geklärt, so dass die Anwendung in der Praxis rechtssicher erfolgen kann.

Offen ist vor allem noch, ob ein Serverprotokoll zur Dokumentation der elektronischen Übermittlung ausreicht. Aufgrund von Risikoaspekten raten wir deshalb, die entsprechende E-Mail zusammen mit dem Rechnungsdokument elektronisch aufzubewahren, um gegenüber der Finanzverwaltung nachweisen zu können, zu welchem Zeitpunkt das Recht auf Vorsteuerabzug besteht.

Fotos: Panthermedia/Oleksii Akhrimenko, Marc Dietrich

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