Artikel erschienen am 16.12.2019
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„Familienkrach macht schwach“

Streit zwischen Familiengesellschaftern vermeiden

Von Hubertus Leo, LL.M., Hamburg | Dr. iur. Thorben Rein, Hamburg

Der private Wirtschaftssektor wird von Familienunternehmen bestimmt. Nach der aktuellen Untersuchung der Stiftung Familienunternehmen sind 90 % aller privatwirtschaftlichen Unternehmen familienkontrolliert. Streiten sich die Anteilsinhaber, wird der Kampf dann oft besonders hart, weil er innerhalb einer Familie ausgetragen wird. Beispiele sind öffentlich ausgetragene Auseinandersetzungen in bekannten Unternehmerfamilien wie Tönnies, Fischer, Oetker, Bahlsen, Albrecht, Dassler, Darboven, Berentzen, Herz und von Finck.

Dieser Artikel zeigt die Gefahren der Eskalation im Gesellschafterstreit – für Anteilsinhaber und das Unternehmen selbst – auf und beschreibt bewährte Gestaltungen in Gesellschaftsverträgen der üblichen Rechtsformen (GmbH und GmbH & Co. KG), um Streit zu vermeiden oder zumindest zu begrenzen.

Die Eskalation im Gesellschafterstreit

Zumeist entzündet sich der Streit an einer Geschäftsentscheidung. Selten geht es allein um Sachfragen, vielmehr ist die Entscheidung Mittel zum Zweck einen unliebsamen Minderheitsgesellschafter aus der Gesellschaft zu drängen oder eigene Vorteile ohne Rücksicht auf das Unternehmensinteresse zu erzielen.

Der überstimmte Gesellschafter kann die Wirksamkeit des Beschlusses gerichtlich überprüfen lassen, je nach Rechtsform und Klageziel durch Anfechtungs-, Nichtigkeits- oder Beschlussfeststellungsklage.

Laut Stiftung Familienunternehmer werden 96 % der familienkontrollierten Unternehmen von den Eigentümern selbst geführt. Ein Gesellschafterstreit betrifft daher meistens auch die Geschäftsführer. Die Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers, der die Mehrheit der Stimmen vertritt oder aufgrund eines Entsendungsrechts tätig ist, kommt nur aus wichtigem Grund in Betracht. Neben persönlichen Pflichtverletzungen kann hierfür die Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zu den Mitgeschäftsführern ausreichend sein.

Ein Gesellschafter kann Schadenersatzansprüche gegen Geschäftsführer und im Einzelfall auch gegen Gesellschafter im Namen der Gesellschaft geltend machen.

Im GmbH-Recht können Gesellschafter eine Sonderprüfung von Vorgängen der Geschäftsführung auf Kosten der Gesellschaft beschließen. Hierdurch werden häufig Schadenersatzansprüche gegen Geschäftsführer vorbereitet. In Auseinandersetzungen mit Mitgesellschaftern werden immer häufiger Straf- oder Ermittlungsbehörden eingeschaltet. Schließlich kommen als „Ultima Ratio“ die Ausschließung eines Gesellschafters oder gar die Auflösung der Gesellschaft in Betracht.

Streitvermeidung durch klare Vertragsgestaltung

Ein Streit lässt sich häufig durch klare, vorausschauende Regelungen im Gesellschaftsvertrag vermeiden.

In Familiengesellschaften hat der Schutz vor dem Eindringen unerwünschter Dritter in den Gesellschafterkreis große Bedeutung. Der Gesellschaftsvertrag kann die Übertragbarkeit von Anteilen und in Grenzen auch die Vererbbarkeit beschränken. Zu den Feinheiten, die hierbei zu beachten sind, gehören Übertragungen in Ausführung eines Vermächtnisses oder bei Erbauseinandersetzung. Ebenfalls der Abwehr des Einflusses Dritter dienen Bestimmungen zum ehelichen Güterstand.

Hat ein Familienstamm ein Recht zur Teilhabe an der Geschäftsführung, so sind die Verfahren für Bestellung und Amtsbeendigung klar zu regeln. Vor allem sollte der „wichtige Grund“ für eine Abberufung definiert werden, da sich dies auf das Stimmrecht des betroffenen Gesellschafter-Geschäftsführers und nahestehender Gesellschafter auswirkt.

Um Blockaden unter Gesellschaftern zu lösen, ist in vielen Fällen ein Beratungs- und Aufsichtsorgan wie der Beirat das richtige Mittel. Bis auf wenige, zwingend den Gesellschaftern vorbehaltene Befugnisse besteht bei der nicht mitbestimmten GmbH und der GmbH & Co. KG Gestaltungsfreiheit, ein zusätzliches Gremium mit Aufgaben und Rechten auszustatten. Gerade wenn der Gesellschafterkreis über die Generationen groß und heterogen geworden ist, bietet sich ein Gremium an, das mit aktiven und kompetenten Gesellschaftern besetzt wird. Stets ist aber zu überlegen, ob ein Teil der Sitze in diesem Organ zwingend Außenstehenden vorbehalten wird. Von diesen ist im Falle eines Gesellschafterstreits eher zu erwarten, dass sie unparteiisch im Sinne des Unternehmens entscheiden.

Um Krisen und somit der Gefahr von Gesellschafterstreitigkeiten vorzubeugen, sollte der Gesellschaftsvertrag vorausschauende Regelungen zur Eigenkapitalfinanzierung vorsehen. Klare Regeln für Kapitalerhöhungen und Rücklagenbildung sind immer sinnvoll, daneben können Nachschusspflichten vereinbart werden.

Streitbegrenzung durch klare Verfahrensregeln

Auch wenn sich ein Streit nicht vermeiden lässt, sind klare Regeln und Fristen sinnvoll. Zum Beispiel für das Verfahren, wie ein Gesellschafter die Unwirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses geltend machen kann. Auch für Kommanditgesellschaften empfiehlt es sich, dass solche Klagen wie bei der GmbH gegen die Gesellschaft zu richten sind.

Die Befugnis eines Gesellschafters, die Gesellschaft – mit der Folge seines Ausscheidens gegen Abfindung – zu kündigen, sollte sowohl in der Kommanditgesellschaft als auch in der GmbH möglichst genau geregelt werden. Rechtlich sind der Beschränkung von Kündigung und Abfindung allerdings Grenzen gesetzt. Umgekehrt sollte der Gesellschaftsvertrag vorsehen, einen Gesellschafter durch Gesellschafterbeschluss und nicht nur durch gerichtliche Entscheidung ausschließen zu können. Vor allem bei Abfindungsregeln ist das Steuerrecht zu beachten.

Der Gesellschaftsvertrag kann vorsehen, dass die Gesellschafter ein internes Schlichtungsverfahren durchführen müssen, um eine einvernehmliche Lösung vor einer gerichtlichen Auseinandersetzung zu finden. Als Schlichter kommt der ständige Beirat in Betracht oder der Gesellschaftsvertrag schreibt ein ad hoc einzuberufendes Schlichtungsgremium vor. Damit streitige Auseinandersetzungen nicht vor die Zivilgerichte kommen, sollte der Gesellschaftsvertrag ein Schiedsverfahren vorschreiben. Dessen wesentlicher Vorteil ist es, die gerade in Familienangelegenheiten unerwünschte Öffentlichkeit zu vermeiden.

Praktische Hinweise

Besonders herausfordernd ist die Anpassung eines schon lange geltenden Gesellschaftsvertrags eines Unternehmens mit großem Gesellschafterkreis. Häufig zeigt sich hierbei, dass unzeitgemäße Klauseln das Ergebnis mühsamer Kompromisse in der Vergangenheit sind, ihre Änderung aber auf Widerstand der damals beteiligten Gesellschafter oder ihrer Nachfahren trifft. Hilfreich ist eine sorgfältige Begründung der Änderungsvorschläge im Vorfeld der Beschlussfassung.

Häufig darf der „Hausjurist“ wegen eines Interessenkonflikts für keine Streitpartei tätig werden. In vielen Konstellationen wird es sogar notwendig, dass nicht nur die Gesellschafter, sondern auch die Gesellschaft selbst eigene Rechtsberater einschaltet.

Bild: Adobe Stock/Eyewave

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