Artikel erschienen am 11.12.2018
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Zoll- und Steuerrechtliche Risiken bei DDP-Lieferungen

Von Dipl.-Wi. Jur. (FH) Christiane Harwardt-Linde, Hamburg

An der vertraglichen Vereinbarung der Lieferbedingung „DDP“ (Delivered Duty Paid – „frei Haus“) besteht sowohl für unionsansässige Unternehmen als auch für drittländische Verkäufer von Waren ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse. Doch diese Geschäftskonstellation birgt zahlreiche zoll- und steuerrechtliche Risiken.

Die von der Internationalen Handelskammer (ICC) herausgegebenen Lieferbedingungen bzw. Internationalen Handelsklauseln („International Commercial Terms“– kurz: „Incoterms“) haben zwar keinen Rechtscharakter, gelten aber überall auf der Welt als Standard. Die deutsche Zollverwaltung beschreibt die Lieferbedingung DDP als „Maximalverpflichtung für den Verkäufer“. Wird DDP vertraglich vereinbart, trägt der Verkäufer alle Kosten und Gefahren, die im Zusammenhang mit der Beförderung der Ware bis zum Bestimmungsort stehen und hat die Verpflichtung, die Ware nicht nur für die Ausfuhr, sondern auch für die Einfuhr freizumachen, alle Abgaben sowohl für die Aus- als auch für die Einfuhr zu zahlen sowie alle Zollformalitäten zu erledigen.

Zu den Einfuhrabgaben zählen alle Steuern und sonstigen Abgaben, die von den Zollbehörden im Zusammenhang mit der Einfuhr von Waren aus Drittländern erhoben werden. Das sind neben den Zöllen die Einfuhrumsatzsteuer sowie bei bestimmten Waren auch Verbrauchsteuern oder Agrarabgaben. Neben der Abgabe einer summarischen Anmeldung und der Pflicht zur Gestellung der Waren bei der Zollstelle gehört zu den Zollformalitäten bei der Einfuhr von Waren in das Zollgebiet der Europäischen Union die Verpflichtung, die Nicht-Unionswaren in ein Zollverfahren zu überführen (Art. 150 UZK). Dafür ist eine Zollanmeldung erforderlich (Art. 158 Abs. 1 UZK).

Eine Zollanmeldung kann grundsätzlich von jeder Person abgegeben werden, die in der Lage ist, sämtliche Informationen beizubringen, die für die Anwendung der Vorschriften über das Zollverfahren, zu dem die Waren angemeldet werden, erforderlich sind. Jedoch beschränkt das Unionszollrecht den Personenkreis auf Anmelder, die im Zollgebiet der Union ansässig sind (Art. 170 Abs. 2 UZK).

Grenzüberschreitende DDP-Lieferungen, bei denen der nicht in der Union ansässige Verkäufer die Zollformalitäten der Einfuhr erledigt, sind durch diese Vorschrift somit generell ausgeschlossen, da dieser selbst nicht Zollanmelder sein darf. Zwar bietet das Unionszollrecht die Möglichkeit der indirekten Vertretung, bei welcher der Vertreter, z. B. ein in der Union ansässiger Spediteur, die Zollanmeldung im eigenen Namen, aber für Rechnung des Verkäufers abgibt, jedoch kommt dieses Vertretungsverhältnis aufgrund der unkalkulierbaren Risiken des indirekten Vertreters in der Praxis nur sehr selten zur Anwendung. Neben der gesamtschuldnerischen Haftung für alle Rechtsfolgen des Zollverfahrens muss der indirekte Vertreter im Falle einer Zollprüfung gegenüber den Zollbehörden sämtliche Pflichten übernehmen und u. a. Zugriff auf die Buchführung des Einführers gewähren.

In der Praxis wird diese Problematik oftmals dadurch umgangen, dass der vom Verkäufer beauftragte Dienstleister bei der Zollanmeldung angibt, in direkter Vertretung des unionsansässigen Empfängers der Ware zu handeln. Dadurch fungiert der Empfänger der Ware, der entsprechend der vertraglich vereinbarten Lieferkondition DDP keinerlei Pflichten im Einfuhrprozess übernehmen müsste, letztendlich doch als Anmelder und übernimmt damit alle Rechte und Pflichten aus dem Einfuhrprozess, gegebenenfalls sogar ohne Kenntnis darüber. Diese Konstellation wird in der Praxis zunächst nicht offenkundig, da die Anmeldepflichten vom unionsansässigen Vertreter übernommen werden und die Abgaben vom Verkäufer gezahlt werden.

Abgesehen von der konträren praktischen Abwicklung entgegen der vereinbarten Lieferbedingung drohen bei dieser Verfahrensweise zusätzlich aufwendige Komplikationen bei nachträglichen Zollprüfungen sowie der Vorsteuerabzugsberechtigung für die Einfuhrumsatzsteuer. Im Rahmen einer Zollprüfung können Diskrepanzen zwischen den Wareneingängen und den Zollanmeldungen schnell offenkundig werden. Aufgrund der Verpflichtung zur elektronischen Abgabe von Zollanmeldungen liegen dem Zollprüfer sämtliche Einfuhrvorgänge des Anmelders vor. Im Rahmen der Zollprüfung wird neben der Richtigkeit und Vollständigkeit der in einer Zollanmeldung gemachten Angaben auch das Vorhandensein sowie die Gültigkeit von Unterlagen und die Buchhaltung des Anmelders über die fraglichen Waren betreffenden Arbeitsvorgänge oder vorangegangenen oder nachfolgenden wirtschaftlichen Vorgänge geprüft. Bei DDP-Lieferungen gibt es dabei zwei Fallstricke, die im Rahmen der Zollprüfung zu erheblichem Mehraufwand sowie Verzögerungen führen können. Zum einen können Warenbezüge aus Drittländern bzw. diesbezügliche Zahlungen festgestellt werden, für die der Warenempfänger in der Regel nicht über einen Verzollungsnachweis verfügt, zum anderen liegen meistens die bei der Zollanmeldung angemeldeten Unterlagen beim Empfänger nicht oder nur unzureichend vor, insbesondere in den Fällen, in denen zu Unrecht in direkter Vertretung des Empfängers angemeldet wurde. Zwar liegt die Beweislast für eine daraus möglicherweise resultierende Zollschuld unbeschadet der Mitwirkungs-, Auskunfts- und Aufbewahrungspflichten der geprüften Person bei der Zollbehörde, die Aufklärung dieser Einfuhren ist jedoch nur mit erhöhtem Aufwand möglich.

Auch hinsichtlich der Abziehbarkeit der bei der Einfuhr entstehenden Einfuhrumsatzsteuer, welche oftmals als „durchlaufender Posten“ betrachtet wird, bergen DDP-Lieferungen Risiken. Dabei ist die Berechtigung zum Vorsteuerabzug bereits im Zeitpunkt der Einfuhr in der Zollanmeldung zu erklären.

Ein Unternehmer kann nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UStG die entstandene Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer abziehen, wenn die Gegenstände für sein Unternehmen im Inland eingeführt worden sind. Entsprechend der Auslegung der Rechtsprechung sowie der Finanzverwaltung kommt es dabei entscheidend auf die Verfügungsmacht über die Waren im Zeitpunkt der Überlassung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr an. Unerheblich ist demnach, wer Schuldner der entstandenen Einfuhrumsatzsteuer ist, wer diese entrichtet hat und wer den Gegenstand tatsächlich physisch über die Grenze gebracht hat.

Grundsätzlich liegt die Einfuhrabfertigung bei DDP-Lieferungen in der Verantwortung des Verkäufers Daher müsste dieser die Waren zur eigenen Verfügung im Inland zur Überlassung in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr abfertigen und erst danach an seinen Abnehmer liefern. In diesem Falle wäre der drittländische Lieferer zum Vorsteuerabzug berechtigt, da er die Verfügungsmacht im Zeitpunkt der Einfuhr innehat. Die Mitwirkung von Dritten, z. B. Spediteuren, ist dabei unerheblich.

Aufgrund der bereits erläuterten Pflicht der Unionsansässigkeit des Anmelders sowie der Risiken einer indirekten Vertretung, wird diese Vorgehensweise jedoch nur äußerst selten gelebt. Die abweichende Praxis führt insbesondere in Prüfungssituationen zur Notwendigkeit, den tatsächlichen Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht mühevoll im Rahmen der Gesamtbetrachtung von Fall zu Fall zu ermitteln. Der Nachweis der sachlichen Vorsteuerabzugsberechtigung kann insbesondere durch fehlende oder auf andere Personen lautende zollamtliche Belege problematisch sein.

Noch größere Risiken trägt der Spediteur, der ohne Wissen des Empfängers die Waren für dessen Rechnung anmeldet. Handelt der Spediteur ohne Vertretungsmacht, gilt dieser als im eigenen Namen handelnd und wird alleiniger Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer, kann diese aber nicht als Vorsteuer abziehen, da die Waren nicht in sein Unternehmen eingegangen sind.

Um die beschriebenen zoll- und steuerrechtlichen Risiken für alle Beteiligten in der Praxis zu vermeiden, sollte bei Vertragsschluss geklärt werden, wer gegenüber der Zollbehörde als Anmelder auftreten soll, um daraus ableitend den tatsächlich gelebten Incoterm zu vereinbaren.

Bild: Fotolia/Thatree

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