Artikel erschienen am 28.11.2018
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Brexit/Strafzölle/JEFTA

Von Lara Görg, Düsseldorf | Dipl.-Finw. (FH) Kay Masorsky, Hamburg

Die Handelswelt ist im Umbruch. Brexit und die protektionistische Handelspolitik der USA samt ihren Strafzöllen, die auch von anderen Staaten erwidert werden, stellen neue Herausforderungen dar. Auf der anderen Seite verspricht das Freihandelsabkommen Japan-EU-Free-Trade-Agreement (JEFTA) Zugang einem interessanten Markt.

Brexit

Das Brexit-Votum der britischen Wählerinnen und Wähler stellt die Europäische Union (EU) vor eine neue Herausforderung.

Im März 2018 hatten die Europäische Kommission und das Vereinigte Königreich einen Durchbruch bei den Brexit-Verhandlungen erzielt und sich in einem Entwurf einer Austrittsvereinbarung über die Bedingungen und die Länge einer Übergangszeit nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union geeinigt.

Offiziell tritt das Vereinigte Königreich (UK) in der Nacht zum 30.03.2019 aus der EU aus. Bei einem Ausstiegsvertrag soll das Vereinigte Königreich in der darauffolgenden Übergangszeit bis 31.12.2020 Mitglied des EU-Binnenmarkts bleiben. Die EU hält hierbei auch eine Verlängerung auf 33 Monate, also bis zum 31.12.2021 für möglich.

Die Verhandlungen über einen geregelten Brexit sind aber ins Stocken geraten. Größter Streitpunkt ist nach wie vor die künftige Grenze zwischen dem EU-Mitgliedsstaat Irland und der britischen Provinz Nordirland. Auch aus Schottland erfährt die britische Regierung heftigen Gegenwind. Am 25.10.2018 kündigte der schottische Verfassungsminister an, dass man selbst über das Brexit-Abkommen abstimmen wolle – noch vor dem britischen Unterhaus.

Im August und September 2018 hat die Regierung des Vereinigten Königreichs insgesamt 105 Dokumente mit Ratschlägen für Bürger und Unternehmen diverser Branchen und Sektoren veröffentlicht, welche diese auf den Fall eines „No-deal“-Brexit vorbereiten sollen. Ein solches „No-deal“-Szenario würde bedeuten, dass die UK die EU verlässt und am 29.03.2019 um 23 Uhr GMT ein Drittland ohne Austrittsabkommen sowie ohne Rahmen für eine zukünftige Beziehung zur EU würde.

Alle möglichen Szenarien haben Konsequenzen für den Warenverkehr. Diese resultieren in Zollformalitäten, Mehraufwand sowie höheren Kosten. Insbesondere rückt die Beachtung des Zollrechts in den Fokus. Der „Taxation (Cross-border Trade) Act“ (TCBTA) – das eigenständige Zollgesetz des Vereinigten Königreichs (13.09.2018) – tritt nach der Übergangszeit bzw. im Fall eines „No Deal“-Brexit am 29.03.2019 ein.

Mit Auswirkungen ist demnach zu rechnen hinsichtlich der Erforderlichkeit von Zollanmeldungen, einer EORI-Nummer, Artikelstammdaten und Codierungen, der Erhebung von Zöllen aber auch – je nach Szenario – ggf. Zollvorteilen für EU-Ursprungswaren bzw. UK-Ursprungswaren. Problematisch könnte im Rahmen eines „No-deal“-Brexit ggf. die gegenseitige Anerkennung von Normen und Standards sein. Auch die Regelungen des zukünftigen UK-Exportkontrollrechts sind nach wie vor unklar.

Strafzölle

Seit 01.06.2018 erheben die USA Strafzölle i. H. v. 25 % auf Stahl- und i. H. v. 10 % auf Aluminiumerzeugnisse aus der EU. Im Gegenzug hat die EU seit 22.06.2018 Strafzölle gegen ausgewählte US-Produkte (Stahl, Jeans, Motorräder etc.) eingeführt. Bei einem Treffen im Juli 2018 haben EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Präsident Trump den Handelskonflikt durch eine gegenseitige Absichtserklärung zu Verhandlungen über ein Handelsabkommen entschärft. Der Beginn dieser Verhandlungen ist für Anfang 2019 vorgesehen.

Im Handelskonflikt mit der Türkei haben die USA die Strafzölle auf Aluminium und Stahl aus der Türkei auf nun 50 % verdoppelt. Die Türkei erhebt wiederum Strafzölle u. a. auf Alkoholika (140 %), Tabak (60 %) und PKW (120 %) aus den USA.

Insbesondere mit China leisteten sich die USA einen regelrechten Schlagabtausch bei der Erhebung von Strafzöllen. Seit Juli 2018 erheben die USA und China wechselseitig Straf- und Vergeltungszölle. Seit 24.09.2018 haben die USA Strafzölle auf Waren im Gesamteinfuhrwert von 250 Mrd. Dollar eingeführt. Dies betrifft ca. 50 % aller Importe aus China. Bis Ende 2018 erheben die USA 10 % Strafzoll auf sanktionierte Produkte – ab 2019 erfolgt eine Anhebung auf 25 % Strafzoll. Hintergrund ist, dass die US-Regierung China mangelnde Fairness aufgrund eines US-Handelsdefizits von 375 Mrd. Dollar vorwirft und durch die Strafzölle eine Änderung der chinesischen Handelspraktiken erreichen möchte. Im Gegenzug erhebt China seit September 2018 zusätzliche Zölle von 5 – 25 % auf US-Waren im Wert von 94 Mrd. Dollar.

Auswirkungen der protektionistischen Handelspolitik der USA

Seit dem Amtsantritt von US-Präsident Trump steigt die Gefahr, dass die Handelspolitik der USA zunehmend auf protektionistische Maßnahmen setzt. Die Verhandlungen über das geplante Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU (Tansatlantic Trade and Investment Partnership – „TTIP“) sind ausgesetzt. Aus der transpazifischen Freihandelszone (TPP) zogen sich die USA unter der Führung von US-Präsident Trump zurück. Danach beschleunigte die EU die Verhandlungen mit Japan. Das Pazifik-Handelsabkommen (Comprehensive and Progressive Agreement for Trans-Pacific Partnership – „CPTPP“) wurde ohne die USA geschlossen.

Donald Trump sieht Freihandelsabkommen kritisch, da diese seiner Meinung nach die US-Wirtschaft benachteiligen. Ziel der US-Abschottungspolitik soll die Sicherung von Arbeitsplätzen und Einkommen im eigenen Land sowie ein Abbau des hohen Leistungsbilanzdefizits der USA sein.

Die Chancen für den Erfolg von Trumps Abschottungspolitik werden im Ergebnis gering eingeschätzt. Auch die Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen dies. Die US-Regierung unter Präsident George W. Bush scheiterte bereits im Jahr 2002 mit der Erhebung von Strafzöllen auf ausländische Stahlimporte mit 8 – 30 %. Damals wie heute werden Vorwürfe des Verstoßes gegen die Regeln der WTO (World Trade Organization) laut. Nicht nur von den Handelspartnern, auch aus den eigenen Reihen erfährt US-Präsident Trump Gegenwind für die Strafzölle.

Ende Juli 2018 verkündeten EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und US-Präsident Donald Trump Zugeständnisse im Handelsstreit und legten nach einem Treffen in Washington zur Vermeidung einer weiteren Eskalation des Handelskonflikts einen Vier-Punkte-Plan vor. Erste Reaktionen aus der europäischen Politik fielen erleichtert aus, die deutsche Wirtschaft reagierte positiv aber zugleich auch skeptisch.

Trumps sog. „Idee für die EU“, die die Abschaffung aller Zölle außerhalb eines Abkommens zum Inhalt hat, lehnten die Europäer vehement ab. Nach den Regeln der WTO würde eine Abschaffung ohne Abkommen bedeuten, dass alle Länder gleichermaßen profitieren würden, ohne eine Gegenleistung erbringen zu müssen („Meistbegünstigungsgrundsatz“).

JEFTA

Nach rund vierjährigen Verhandlungen unterzeichneten am 17.07.2018 EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, Ratspräsident Donald Tusk und der japanische Regierungschef Shinzo Abe das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der EU und Japan (Japan-EU-Free-Trade-Agreement – „JEFTA“). Die Verhandlungen dazu wurden am 25.03.2013 offiziell eröffnet. Mit Zustimmung des Europäisches Parlaments soll das Abkommen bis spätestens 2019 In Kraft treten.

Inhaltlich umfasst das Abkommen den Warenhandel, Dienstleistungen, Investitionsregeln, Wettbewerbsregeln und Regeln für Sozial- und Umweltstandards. Beide Seiten einigten sich auf einen weitestgehenden Zollabbau mit Übergangsfristen von bis zu 15 Jahren. Die EU sieht für den Zollabbau für Kfz und Kfz-Teile eine Übergangsfrist von 7 Jahren vor. Japan erkennt internationale Standards (u. a. bei Pharma- und Medizinprodukten) sowie den Schutz von rund 205 geschützten europäischen Herkunftsbezeichnungen an. Eine bilaterale Schutzklausel sieht die vollständige oder teilweise Aufhebung von Zollpräferenzen für den Fall vor, dass einem Wirtschaftszweig einer Vertragspartei ein erheblicher Schaden aufgrund des Anstiegs von Einfuhren (z. B. Automobilsektor) entstehen würde.

Ziel des Abkommens soll in der aktuellen Handelspolitik ein wirtschaftliches und strategisches Zeichen gegen die Politik des Protektionismus und für einen offenen, fairen und regelbasierten Handel sein. Des Weiteren rechnen beide Seiten mit einem Anstieg des Handelsvolumens. Das Abkommen eröffnet zudem beidseitig neue Wachstumschancen mit Erhöhung der Nachfrage, Produktion und Beschäftigung. Für die EU bedeutet dies wichtige Agrarausfuhren (Fleisch-/Milchprodukte) sowie Chemieprodukte, erwartete Zolleinsparungen bei der Einfuhr in Japan jährlich bis zu 1 Mrd. Euro durch die Abschaffung hoher japanischer Zölle auf die Einfuhr europäischer Erzeugnisse und anderer Hemmnisse wie zusätzlich Prüfungen, Zertifizierungen oder Kennzeichnungen. Dazu soll der Zugang zu öffentlichen Ausschreibungen in Japan eröffnet werden.

Außerdem rechnet die EU-Kommission mit Eintritt eines stärkeren Wirtschaftswachstums in der EU und in Japan auch mit einer stärkeren Nachfrage nach Produkten aus Entwicklungsländern.

Bild: Fotolia/Pixelbliss

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