Artikel erschienen am 22.01.2016
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Beteiligungen an Start-up-Unternehmen

Von Dr. iur. Philippe Rollin, Hamburg

Ein junges, wachsendes Unternehmen möchte einen neuen Gesellschafter aufnehmen. Das Start­-up erhofft sich davon den Zufluss von Kapital zur weiteren Wachstumsfinanzierung und/oder Sy­nergieeffekte durch die Zusammenarbeit mit einem etablierten Unternehmen. Der Investor erhofft sich von der Beteiligung insbesondere einen Anteil am Erlös eines späteren Verkaufs (Exit). Ein solcher Investor wird sich nicht damit begnügen, Anteile am Start-up zu erhalten. Vielmehr wird er seine Interessen rechtlich noch deutlich umfassender absichern wollen.

Beteiligung des Investors am Start-up

An Start-ups beteiligen – doch wie?

Grundlage ist zunächst die Beteiligung des Investors als neuer Gesellschafter. Der Umfang dieser Beteiligung wirkt sich unmittelbar auf Kapitalbeteiligung und Stimmrechte des Investors aus. Die Gründer werden dabei häufig nicht bereit sein, dem Investor eine Mehrheitsbeteiligung zu gewähren. Nicht nur psychologisch wichtig ist für den Investor die niedrigere Schwelle von 25 % plus einem Anteil, deren Überschreiten dem Investor eine Sperrminorität bei bestimmten Grundentscheidungen gibt.

Der Investor wird darauf drängen, dass ihm der ordnungsgemäße Ist-Zustand des Unternehmens durch die Gründer persönlich garantiert wird. Hierzu werden z. B. Garantien zu gesellschaftsrechtlichen Grundlagen, Jahresabschlüssen, gewerblichen Schutzrechten oder wesentlichen Verträgen gehören. Die Gründer werden versuchen, ihre damit verbundene persönliche Haftung zu begrenzen, indem sie die Garantien z. B. weitgehend nur nach bestem Wissen (best knowledge) abgeben und diese der Höhe nach begrenzen (cap).

Einfluss auf die Geschäftsführung

Anschließend müssen die Beteiligten entscheiden, welchen Einfluss der Investor auf die operative Führung des Unternehmens haben wird. Ein typischer Investor wird nicht selbst Geschäftsführer stellen wollen, sondern dies weiter den Gründern überlassen – würde er diesen dabei nicht vertrauen, würde er in das Start-up nicht investieren.

Der Investor wird aber verlangen, dass er angemessen über die Geschäfte des Start-ups informiert wird. Neben weitgehenden Einsichts- und Informationsrechten kann eine Gesellschaftervereinbarung eine regelmäßige, z. B. quartalsweise, Berichterstattung des Unternehmens vorsehen. Schließlich wird der Investor wollen, dass er vorher zustimmt, bevor die Geschäftsführer Geschäfte mit einem bestimmten Volumen oder einer bestimmten Art vornehmen. Ein solcher Katalog zustimmungspflichtiger Geschäfte muss sorgfältig formuliert werden, damit Geschäftsführung und Investor einerseits nicht durch ständige Zustimmungsverlangen gelähmt werden, andererseits der Investor die Geschäftsführung aber effektiv kontrolliert.

Diese Rechte kann sich der Investor selbst unmittelbar als Gesellschafter einräumen lassen. Zusätzlich kann er auch verlangen, mit einer oder mehreren Personen in einem Beirat oder Aufsichtsrat des Unternehmens vertreten zu sein.

Künftige Tätigkeit der Gründer für das Unternehmen

Trotz dieser Kontrollrechte des Investors verbleibt den Gründern im Tagesgeschäft ein großer operativer Spielraum. Das geht bei einem Start-up auch nicht anders. Für den Investor ist es dabei wichtig, dass die Gründer diesen weiten Rahmen auch ausfüllen, und zwar – nur – im Sinne des Unternehmens. Fatal wäre es, wenn sie plötzlich für ein anderes oder gar ein Wettbewerbsunternehmen tätig werden.

Daher ist es zunächst üblich, dass die Gründer mit einem länger laufenden Anstellungsvertrag an das Unternehmen gebunden werden. Dieser wird vorsehen, dass sie dem Unternehmen ihre gesamte Arbeitskraft widmen und insbesondere nicht für Wettbewerber tätig sind oder sich an Wettbewerbern beteiligen (Wettbewerbsverbot). Besonders investorenfreundlich ist es, wenn das Wettbewerbsverbot durch eine Vertragsstrafe abgesichert ist.

Solche Vereinbarungen sind zwar sehr üblich, aber rechtlich und faktisch nicht soweit durchsetzbar, wie es sich ein Investor wünschen würde. Letztlich wird man Gründer nicht zum Jagen tragen oder sie zur Zwangsarbeit verpflichten können.

Zusätzlich ist es daher üblich, dass der Investor von den Gründern verlangen kann, dass diese ihm ihre Anteile verkaufen, wenn sie das Unternehmen vor Ablauf eines bestimmten Zeitraums verlassen (vesting). Häufig wird das Vesting zeitlich gestaffelt, sodass die Gründer mit zunehmendem Zeitablauf immer mehr ihrer Anteile ins Trockene bringen (vesting schedule). Weiterhin wird die Höhe des Kaufpreises, den der Investor an die Gründer für ihre Anteile zahlen muss, differenziert festgelegt: Verlässt ein Gründer das Unternehmen im Schlechten (bad leaver), muss er einen niedrigen Kaufpreis akzeptieren, etwa den Buch- oder Nominalwert. Verlässt ein Gründer das Unternehmen im Guten (good leaver), muss der Investor einen höheren Preis zahlen, etwa den Verkehrswert nach Ertragswertgrundsätzen. Solche üblichen und sinnvollen Vesting-Regelungen dürfen allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass das frühzeitige Ausscheiden eines oder mehrerer Gründer für Unternehmen und Investor in jedem Fall kritisch ist.

Der Exit

Wenn sich das Unternehmen erfreulich entwickelt, wird es irgendwann möglich sein, das Unternehmen gewinnbringend zu verkaufen (exit), und zwar entweder sämtliche Anteile auf einmal (trade sale) oder durch einen Börsengang (IPO). Der Investor wird versuchen, seinen Einfluss auf einen Exit von vornherein festzuzurren. Zunächst wird er ganz grundsätzlich verlangen, dass die Gründer Anteile am Unternehmen nur mit seiner Zustimmung übertragen dürfen (Vinkulierung).

Idealerweise kann er, deutlich weitergehend, ab einem bestimmten Zeitpunkt oder zu bestimmten Konditionen die Gründer zu einem gemeinsamen Exit zwingen (drag along). Den Gründern geht es umgekehrt darum, dass der Investor nicht aus kurzsichtigem Interesse einen Exit in einem Zeitpunkt forciert, wo das Unternehmen noch großes Wachstumspotenzial hat.

Fazit

Die Beteiligung eines Investors an einem Start-up wirft eine Vielzahl von wirtschaftlichen und rechtlichen Fragen auf, die bei der Strukturierung zu berücksichtigen sind. Sowohl Investor als auch Gründer sollten diese Themen sorgfältig durchdenken und berücksichtigen.

Foto: Panthermedia/Rawpixel

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